77: Ein weiterer Schritt in die richtige Richtung

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Niklas:
Der Wagen war noch nicht mal zum Stehen gekommen, da hatte Lijana bereits die Tür aufgerissen und war aus dem Auto gehüpft. Während ich in eine der Parklücken einparkte hüpfte sie ungeduldig auf und ab und grinste über das ganze Gesicht. Ich hatte mich so auf diesen Tag gefreut, an dem ich sie wieder so glücklich sehen darf, doch den Umständen entsprechen fiel es mir extrem schwer mich mit ihr mitzufreuen. Ich warf Magnus, der die gesamte Fahrt über kein Wort gesagt hat, einen besorgten Blick zu. „Du musst das nicht machen, wenn du nich willst", versuchte ich ihn klarzumachen, dass er auch nach Hause fahren kann, doch Magnus schüttelte den Kopf und war bereits vom Beifahrersitz gerutscht. Seufzend folgte ich den beiden schließlich auch nach draußen. Dort war mittlerweile auch Marvin aufgetaucht, der freudestrahlend von Lijana in Empfang genommen wurde. Man könnte fast meinen, sie erdrückt ihn fast. „Moin", grüßte uns dieser freundlich vielleicht auch nur um sich aus Lijanas Umarmung zu befreien. Ich nickte freundlich und grüßte ihn zurück. Auch Magnus hatte auf sein mit geröteten und geschwollen Augen gebleichtes Gesicht ein Lächeln aufgezwungen. „Lasst uns reingehen", schlug Marvin vor und legte seinen Arm um Lijana, die vor Nervosität fast zu platzen schien. „Alles gut?", versicherte ich mich bei Magnus. Dieser nickte nur und ich spürte, dass er das ganze am liebsten so schnell wie möglich hinter sich bringen wollte. Es lief ähnlich ab wie bei unserem ersten Termin. Marvins Mutter hatte die fertiggestellte Prothese dabei und Lijana durfte sie zum ersten Mal anprobieren. Mit Hilfe von Marvin lief sie dann ihre ersten zwar noch holprigen Schritte und strahlte mit der Sonne um die Wette. Ich hatte mir den Tag irgendwie anders vorgestellt. Ich hatte mich den ganzen Morgen darauf gefreut, doch die Sache vorhin in der Halle hatte ein dicke dunkle Wolke über den Tag geworfen. Auch Lijana merkte, dass wir nur ihr zu Liebe ein Lächeln auf unsere Gesichter brachten. "Ich kann es noch gar nicht fassen, dass ich bald wieder spielen kann", quiekte sie begeistert und hüpfte aufgeregt auf und ab. Dabei ließ sie jedoch Marvins Hand los und verlor das Gleichgewicht. Keine zwei Sekunden später saß sie lachend auf dem Hosenboden und gluckste lautlos. Nun musste auch ich das Ereignis vom Vormittag vergessen und lachte laut los. Es sah einfach so lustig aus, wie Lijana auf den Arsch geflogen ist. "Das mit dem Hüpfen sollten wir nochmal üben", meinte Marvin und grinste frech. "Wenn du einfach mich loslässt", beschwerte sich Lijana und grinste frech. "Ja jetzt bin ich wieder schuld oder?", empört schüttelte Marvin den Kopf. Die Beziehung zwischen den beiden war einfach genial. Sie waren so das perfekte Cliche von schwuler bester Freund. Ich bin echt froh, dass Lijana Marvin getroffen hat. Einen so guten Freund hatte sie lange nicht mehr an ihrer Seite gehabt. Nicht mal ihre beste Freundin Nora hatte nach dem Unfall damals auf ihrer Seite gestanden. Marvin war so ziemlicher einer der wenigen, der Lijanas Charakter sah und nicht ihre Schwäche. "Hilfst du mir jetzt wieder hoch?", forderte sie ihren besten Freund auf, der lachend den Kopf schüttelt. "Selbst schuld, wenn man Unschuldige verdächtigt. Jetzt darfst du die Suppe selbst auslöffeln", konterte Marvin. "Niklas?", flehend schaute sie mich an und ich reichte ihr lachend die Hand und zog sie wieder auf die Beine. Anschließend erklärte uns Marvins Mutter genau wie die Prothese arbeitet. Sie ist speziell für schnelle Ballsportarten ausgerichtet, sodass Lijana mit etwas Training die schnellen Richtungswechsel vollziehen kann. Außerdem ist eine Feder integriert, sodass auch springen möglich ist. "Aber das wirst du im Laufe des Trainings schon selbst herausfinden und du wirst dir selbst eine Technik erarbeiten, die für dich die beste ist. Wie bei der Übergangsprothese musst du dich langsam rantasten. Also erst ein Gefühl für dein neues Körperteil bekommen, bevor du dann ins gezielte Training einsteigen kannst. Wichtig ist es sich Zeit zu lassen und nichts überstürzen zu wollen. Solange wie es braucht so lange braucht es eben", meinte sie und klopfte Lijana aufmunternd auf die Schulter. "Wenn noch irgendwas ist, wenn es was drückt, irgendwas locker ist oder so in der Art, dann kommst du einfach vorbei", meinte sie und zwinkerte ihr zu. Abschließend klärte ich mit ihr noch die ganzen geschäftlichen Dinge, während Lijana mit Magnus und Marvin draußen auf dem Parkplatz auf und abging. Nach insgesamt einundhalb Stunden fuhren wir dann vom Parkplatz. Marvin saß neben Lijana auf der Rückbank und die beiden unterhielten sich ausgelassen über die Schule und zogen über einige Idioten aus der Klasse her. Magnus saß schweigend neben mir auf dem Sitz und starrte gedankenverloren aus dem Fenster. Immer wieder sah ich vereinzelt Tränen über seine Wange rollen und mein Hals fühlte sich an wie zugeschnürt. Ich hasste es ihn so verletzt zu sehen. Vor allem wenn ich absolut nicht wusste, wie ich ihm jetzt helfen soll. Kontakt zu Franz konnte ich ihm schlecht verbieten, weil dieser ja ausgerechnet nach Kiel gewechselt ist. Außerdem wusste ich, dass Magnus Gefühle für Franz zu stark waren. Ich hatte so Angst davor, dass er wieder rückfällig werden könnte. Die ganze Zeit hatte ich überlegt ein ernstes Wörtchen mal mit Franz reden zu wollen. Aber was sollte das bringen? Die Tatsache, dass er Magnus verschwiegen hat, dass er und Andi mal was am Laufenden hatten, weshalb Andi vermutlich auch etwas gegen die Beziehung der beiden hatte, würde sich nicht ändern. Die Situation war einfach so kompliziert. Vermutlich war es das Beste, wenn alle drei in Ruhe mal zusammen reden würden und die ganze Sache klären, doch wie sollte man Andi zu so etwas überreden? Kritisch! Ich wusste einfach nicht wie ich Franz einschätzen sollte. Von Anfang an war da dieser Zweifel gewesen. Irgendwas was mir von Anfang an gesagt hat, dass an ihm was faul ist. Hätte ich es einfach von Anfang an verhindern sollen? Dann hätte sich Magnus vielleicht nicht in Franz verliebt und wir hätten nicht eine Katastrophe nach dem anderen. Wären dann Andi und Franz zusammen glücklich geworden? Ein lauter Seufzer entfuhr mir und meine Hand fuhr sich verzweifelt durchs Haar. Kann ich froh sein, dass bei mir und meiner Frau alles klar läuft, obwohl wir uns so selten sehen. "Da vorne müssen wir links", machte mich Lijana darauf aufmerksam, dass wir abbiegen müssen. ich bedankte mich und konnte noch rechtzeitig den Blinker setzen und abbiegen. "Augen auf beim Geschlechtsverkehr", flötete Marvin, woraufhin Lijana laut los prustete. Auch ich muss lachend den Kopf schütteln, weil Marvin das mit so einer Überzeugung ausgesprochen hat. "Augen auf bei der Partnerwahl, könnte man auch sagen", kam es vom Magnus dessen Stimme zu kämpfen hatte. "Hey, das wird schon wieder", Lijana hatte sich vorgebeugt und ihre Hand auf Magnus gelegt. "Wenn er wirklich so ein Arsch ist, dann hat er dich einfach nicht verdient: Sag mir Bescheid wenn ich seine Nase nicht mehr verschonen muss", sprach sie ihrem Bruder Mut zu. Ich sah ein freches Grinsen über Lijanas Lippen huschen, was mir sagte, dass sie mir etwas verschwiegen hat. "Lijana", vorwurfsvoll schaute ich sie an. Ertappt schaute sie zu mir auf. "Was hast du getan?", fragte ich sie. "Ich hab Franz nur meine Meinung gesagt und ihm eine Ohrfeige als Rache verpasst. Dieses Arschloch hat es nicht anders verdient: Er hat Magnus schonmal verletzt", verteidigte sie sich. "Du hast was gemacht? Wow krasse Aktion", feierte Marvin Lijanas Reaktion. Magnus, der bisher anscheinend nicht wirklich zugehört hatte schaute erschrocken auf. "Was hast du ihm gesagt?", fragte Magnus verzweifelt. "Das er froh sein kann, dass ich seine Nase vorerst verschone und wenn er dich noch einmal verletzt, dann muss er damit rechnen, dass seine Nase gerichtet werden muss, auch wenn es schade um die schöne Nase ist. Ich muss schon sagen, du hast einen guten Geschmack", sprudelte es aus Lijana heraus. Was ist aus der schüchternen Lijana geworden? Woher hatte sie auf einmal ihr Selbstbewusstsein? Wer hat sie zu so einer eiskalten abgeklärten Person gemacht? Was hat sie in Dänemark die letzte Woche gemacht? "Du weißt schon, dass man sowas eigentlich nicht machen soll und eigentlich würde ich anders reagieren, aber weil es Franz ist sage ich dir, hast du gut gemacht! Wieso bin ich darauf nicht gekommen?", redete ich auf sie ein. Sie nickte. "Ich hoffe auch ich muss ihm seine Nase nicht zerstören", gestand sie. "Das überlässt du dann mir", ordnete ich an. Zwar zog Lijana einen Schmollmund, aber ich wusste, dass sie eigentlich froh darüber war. "Könnt ihr mal aufhören Pläne zu schmieden wie ihr meinen Freund, beziehungsweise vermutlich Exfreund und jetzigen Mannschaftskollegen verprügeln wollt", nun sprach Magnus ein Machtwort und funkelte uns böse an. "Ich fass es nicht! Schon mal daran gedacht, dass ich mich selbst wehren würde, wenn ich es wollen würde? Vielleicht liegt es auch einfach an mir? Vielleicht hab ich auch alles falsch gemacht? Vorher wollt ihr wissen, dass es nicht mein Fehler war", wütend funkelte und Magnus an. Und damit verabschiedete sich Magnus aus dem Wagen und lief zielstrebig auf die Haustür zu. Bis ich das Auto in der Einfahrt abgestellt hatte, war Magnus bereits nach oben in sein Zimmer verschwunden. "Ich dachte eigentlich wir gehen jetzt alle zusammen eine Runde spazieren", kam es enttäuscht von Lijana. Erneut musste ich sie enttäuschen, denn ich wollte lieber bei Magnus bleiben, weil ich irgendwie Angst um ihn hatte. Ich wollte nicht, dass es nochmal so endet wie beim letzten Mal. Ich wollte Magnus nicht nochmal so am Boden zerstört sehen. Diesmal würde ich von Anfang an für ihn da sein. Schließlich ging Lijana mit Marvin alleine runter zum Wasser, während ich Zuhause blieb und versuchte Magnus aus seinem Zimmer zu kriegen. Doch erneut fühlte es sich an als würde ich gegen eine Wand reden. Ich fühlte mich eine Woche zurückversetzt, als Magnus nicht aus seinem Zimmer kommen wollte. Doch diesml wusste ich mir zu helfen. Nachdem ich kurz Filip geschrieben habe und ihn gebeten habe mit Lion vorbeizuschauen, weil Magnus wieder nicht mit sich reden lässt, setzte ich mich vor Magnus Zimmertür und wartete bis es endlich an der Tür klingelt. "Magnus?", versuchte ich nochmal mein Glück, "Es tut mir leid wegen gerade eben." "Lass mich einfach", hörte ich Magnus schluchzen. Was soll ich bloß tun? Wie kann ich ihm helfen? Ich wusste es einfach nicht. Kurz darauf klingelte es dann endlich. Seufzend erhob ich mich von meinem Platz und schleifte mich nach unten zur Haustür. Ich spürte wie auch ich langsam an meine Grenze kam. Die ständige Sorge um die beiden. Manchmal wurde mir das ganze echt so viel. Ich dachte jetzt würde alles gut werden, doch anscheind hatte sich irgendwas weiterhin gegen uns verschworen. Wann können wir endlich mal glücklich sein? Ich öffnete die Tür und vor der Tür standen ein besorgter Lion und ein aufgebrachter Filip. Während Filip mich gleich mit Fragen löcherte, was denn vorhin in der Halle geschehen ist und ich ihm geduldig das wiedergab, was ich mitbekommen habe, war Lion bereits auf den Weg nach oben. Mit etwas Verzögerung folgten Filip und ich ihm. "Ich muss mal mit Alfred reden, so kann das auf Dauer nicht weitergehen", hörte ich Filip überlegen. Vermutlich hatte er Recht. Vielleicht würde es nicht schaden, wenn Alfred eingreifen würde. "Magnus", vernahmen wir Lions ruhige Stimme. "Geh weg! Geht einfach alle weg! Lasst mich in Ruhe! Ich hab es erneut vermasselt", wimmerte Magnus und es zerbrach mir das Herz. Wieso immer er? Wieso hat er es nicht vrdient mit Franz glücklich zu werden? Was hatte das Schicksal gegen uns? Was haben wir flasch gemacht? "Magnus, mach bitte die Tür auf. Wir wollen dir nur helfen", bettelte Lion. "Ich hab gesagt geht weg! Alle", nun wurde Magnus wütender. "Ich bin auch der einzige der reingeht", versuchte Lion weiter sein Glück. "Ich will neimanden sehen", blieb Magnus stur. "Wenn er es nicht anders will", seufzte Lion und warf mir einen fragenden Blick zu. "Darf ich?", fragte er und deutete an die Tür aufzutreten. Ich zuckte mit den Achseln. Wenn es keine andere Möglichkeit mehr gibt, soll er es halt machen. "Schatz", Filip schaute seinen Freund ängstlich auf. "sei vorsichtig", bat er und strich ihm liebevoll über die Wange. Die beiden waren das perfekte Traumpaar. "Bin ich doch immer", meinte Lion und grinste frech. Dann gingen Filip und ich zur Seite, sodass Lion freie Bahn hatte. Mit Anlauf warf er sich gegen die Tür, die krachend dem Widerstand nach gab. Und da saß er. Zusammengekauert auf dem Fußboden. In seiner Hand eine Klinge. Nein! Tu es nicht! Erschrocken schaute er an und hielt in zitternder Hand die Klinge. "Hey, Magnus", ich kniete mich neben ihn auf dem Boden und strich ihm liebevoll durchs Haar. "Lass das", redete ich auf ihn ein und konnte ihm die Klinge aus der Hand nehmen. "Ich kann nicht mehr", schluchzte er und warf sich in meine Arme. Fest zog ich meinen kleinen Bruder an mich, der schluchzend in meinen Armen lag. "Doch du kannst! Wir sind für dich da, Lijana und ich", flüsterte ich ihm zu und er nickte leise. Ich warf dankend einen Blick zu Lion. Die beiden verabschiedeten sich kurz darauf wieder, nachdem ich ihnnen versichert habe, dass ich voll alleine klarkomme. Noch immer klammerte sich Magnus schluchzend an mich. Ich genoss einfach das Gefühl, dass er mir wieder vertraute. Ich hoffe einfach, dass sich das mit Franz und ihm noch klären wird, denn eine erneute Trennung würde Magnus niemals verkraften können.

Ich entschuldige mich vorweg schon mal, falls es irgendwelche Rechtschreibfehler gibt, aber ich bin gerad einfach nicht in der Stimmung mir das Ganze nochmal durchzulesen🙈. Aber ich wollte euch nicht länger auf das Kapitel warten lassen und deswegen lade ich es jetzt schnell hoch🙈😬.

Until I met youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt