~Ella~
"Ella, bitte komm wieder in unsere Welt zurück. Zwar ist Träumen etwas wunderschönes, aber hebe es dir doch bitte für zuhause auf", höre ich meine Biolehrerin sagen.
Peinlich berührt nicke ich und verspreche mich wieder mehr auf den Unterricht zu konzentrieren. Dabei kann ich mir viel schönere Sachen vorstellen, als hier drinnen zu hocken und mir Stoff über Evolutionsbiologie anzuhören.
Eine Woche noch, sage ich mir. Eine Woche und dann hast du über einen Monat Ruhe von der Schule.
Neben mir lässt meine Freundin Soraya ihren Kopf seufzend auf die Tischplatte sinken. Auch sie hat scheinbar keine Lust mehr.
Nachdem die Lehrerin uns noch mindestens 10 mal daran erinnert hat, dass alles was wir im Unterricht behandeln wichtig für unser Abitur ist und, dass wir ja schon 5 Monate vorher anfangen sollten zu lernen.
Danach dürfen wir endlich raus aus dem Raum. Raus an die frische Luft und weg von der Schule.Zuhause angekommen atme ich zunächst einmal tief die kalte Luft, die mir im Flur entgegenschlägt, ein. "Ella Schatz, bist du schon da?", höre ich meine Mutter rufen. "Jaa Mom", schreie ich zurück, "ich mach mir mal was zu essen in der Küche".
Kurz nachdem ich meine Nudeln von gestern in der Mikrowelle aufgewärmt und mich hingesetzt habe kommt sie auch schon zu mir. Anhand von ihrer Mine kann ich schon erkennen das sie etwas beschäftigt. Meistens hat es etwas mit ihrer Arbeit zu tun, aber heute ist etwas anders, dass spüre ich. "Mom, ist alles okay?". Sie schaut mich lange an und nickt dann langsam. "Ja, im Moment ist alles gut.". Ich schenke ihrer Aussage nur widerwillig Glaube möchte aber auch nicht nachhaken, da ich ihr nicht auf den Geist gehen möchte.
Nach dem Essen verabschiede ich mich in mein Zimmer und erledige dort gleich ganz streberhaft meine Hausaufgaben. An sich hasse ich es ellenlange Aufsätze für Deutsch oder zwanzigtausend Aufgaben in Mathe zu machen, aber ich will im Unterricht einfach nicht auffallen indem ich etwas nicht erledigt habe. Als ich auch die letzte Aufgabe erledigt habe schmeiße ich mich auf mein Bett und schreibe Soraya.
E: Endlich habe ich diese Aufgaben fertig. Das hat gefühlt Jahre gedauert.
S: Oh ja, wem sagst du das. Vor Deutsch drücke ich mich immer noch. Absolut 0 Bock dadrauf. Willst du mir nicht deine Sachen rüberschicken?
E: Aber nicht das die dann morgen eingesammelt werden und wir das gleiche haben.
S: Bitteee. Ich werde es auch nicht 1 zu 1 kopieren. Versprochen!
Leicht widerwillig sende ich Soraya schließlich meine Arbeit. Dann setzte ich mich an Bio und versuche irgendwie den Stoff, den ich heute im Unterricht verträumt habe nachzuholen.
Seit der 11. Klasse bin ich einfach froh meinen Nachmittag immer voll zu haben. Soraya und Lea treffen sich sonst immer mit ein paar Jungs und Mädchen aus unserem Jahrgang und gehen ihren Hobbys nach.
Da ich weder Hobbys habe noch Lust hätte mit dieser Riesentruppe unterwegs zu sein saß ich in der Vergangenheit nach der Schule meist zuhause. Netflix ist dann quasi mein bester Freund geworden und niemand kannte die neusten Serien und Filme besser als ich.So verging der restliche Tag auch schleppend und ich war froh als das Abendessen durch war und ich mich in mein Bett kuscheln konnte. Ich liebe es zu träumen. Dort kann ich immer selbstbewusst sein, mutig sein. All das was ich im normalen Leben einfach nicht mehr hinbekomme. Mit diesem Gedanken tauche ich in meine Fluchtwelt ein.

DU LIEST GERADE
The boy next door
Fiksi RemajaKennst du das, wenn ein einschneidendes Ereignis dein Leben so verändert, dass du nie wieder wie vorher sein wirst? So geht es der 17-jährigen Ella. Nach der Scheidung ihrer Eltern zieht sie sich immer mehr zurück und niemand kann mehr richtig zu...