Möwen um mich herum fangen an zu kreischen und ich hebe den Kopf. Mir fällt auf, dass der Himmel sich zugezogen hat und das Wasser noch unruhiger ist. Für mich wirkt es, als wenn sich meine Stimmung auf das Wetter übertragen hat.
Doch in diesem Moment wäre es mir auch egal, wenn es jetzt anfängt zu schütten. Der Regen würde sich dann nur mit den Tränen vermischen, die immer noch meine Wangen hinunterlaufen.Lukes Satz hallt immer wieder in meinem Kopf nach. Ich habe ihm vertraut, war kurz davor ihm von meiner Situation zuhause zu erzählen.
Innerlich bin ich froh darüber, dass ich damit noch gewartet habe. Sonst hätte er dort wahrscheinlich gleich alles rausposaunt.Als ich so den Gedanken nachhängt bemerke ich eine kurze Vibration in meiner Hosentasche.
Das kann ja nur Magda sein, denke ich.
Wie spät ist es denn? Nicht, dass ich die Zeit vergessen habe.
Doch als ich auf das Handydisplay schaue erkenne ich, dass es kein Anruf war. Es ist auch erst 15 Uhr, somit habe ich noch knapp eine Stunde Zeit.
Die Vibration wurde durch eine Nachricht ausgelöst. Eine Nachricht von Luke.Luke: Hallo Ella. Ich war gerade bei euch auf den Hof. Peter meinte, du wärst mit Magda weg und ich solle mich besser erstmal von dir fern halten. Ich habe ihn noch nie sie erlebt. Ella, ich weiß ehrlich nicht, was ich dir angetan habe. Aber zugegebenermaßen sind meine Erinnerungen von Mittwoch auch etwas zerschnitten. Kannst du mir bitte sagen was los ist?
Pff, denke ich, schön das ihm das jetzt einfällt. Zwei Tage nach der Feier.
Ich lasse die Nachricht unbeantwortet und schalte mein Handy auf stumm. Luke kann mir erstmal gestohlen bleiben. Vielleicht kann er ja seine liebe Jamie fragen was passiert ist.
Du bist eifersüchtig, schießt es mir durch den Kopf.
Du bist eifersüchtig ohne Recht. Du hast keine Ahnung wie er für dich empfindet. Er ist nicht dein Freund, er kann tanzen und rummachen mit wem er will und wann er will.Ella: Trotzdem tut es weh.
...: Was tut weh?
Erschrocken drehe ich meinen Kopf, um herauszufinden von wem dieser Satz kam. Vor mir steht ein großer Junge mit schwarzen Haaren. Seine grünen Augen schauen mich neugierig an.
Ella: Oh Entschuldigung, ich habe wohl nur laut gedacht.
Der Junge lächelt.
...: Kein Problem. Kann ich mich zu dir setzten?
Zwar möchte ich eher alleine sein, aber sein freundliches Grinsen ermutigt mich doch dazu, es ihm zu erlauben.
Er lässt sich direkt neben mich fallen und folgt meinem Blick aufs Wasser....: Ganz schön unruhig heute, oder?
Ich nickte nur. Meine Augen richte ich weiter geradeaus. Ich habe keine Ahnung, warum dieser Junge sich zu mir gesetzt hat.
Doch zu meiner Zufriedenheit scheint er keiner von den total redseligen Typen zu sein, denn wir sitzen eine Weile einfach nur schweigend nebeneinander.Plötzlich zuckt ein Blitz über den Horizont.
...: Ich glaube das es ziemlich bald sehr ungemütlich hier wird. Bist du alleine hier? Sonst würde ich dir empfehlen, mit wem auch immer du da bist, bald zu gehen. Unwetter können hier ziemlich heftig sein.
Ella: Nein, ich bin alleine hier. Ich werde aber wieder abgeholt. So gegen 16 Uhr kommt meine Tante um mich mitzunehmen.
Zum ersten Mal, seitdem sich der Junge neben mich gesetzt hat, drehe ich mein Kopf zu ihm. Er schaut aufs Wasser und dreht ein paar Grashalme zwischen seinen offenen Handflächen.
...: Mhm...dann solltest du dich langsam schonmal auf den Weg zum Parkplatz machen. Es ist schon 15 vor. Weißt du, ob sie früher kommt. Vielleicht schaffst du es dann ja auch vor dem Regen.
Genau in dem Moment, in dem er es sagt fängt es an zu nieseln. Doch innerhalb von Sekunden wird der Regen stärker und prasselt auf uns hinab. Reflexartig springe ich auf.
Vielleicht hat der Junge ja Recht, und Magda ist schon da. Eilig beginne ich den Rückweg anzutreten.Doch da spüre ich eine Hand, die mich an meinem Arm festhält. Als ich mich umdrehe blicke ich wieder in diese leuchtenden, grünen Augen.
...: Hier, nimm meine Jacke. Sie ist zwar nicht sehr dick, aber fürs erste müsste sie dich vor dem Regen schützen.
Lächelnd hält er mir seine schwarze Lederjacke hin. Ohne viel nachzudenken ziehe ich sie an. Immer noch stehen wir uns gegenüber. Der Regen prasselt von oben auf meinen Kopf, doch ich sehe nur seine Augen.
Vorsichtig hebt er beide Hände und greift hinter meinen Kopf. Zunächst bin ich verwundert, doch dann spüre ich den Stoff auf meinem Kopf und erkenne, dass er mir die Kapuze aufsetzten wollte.Der Junge blickt mir noch kurz tief in die Augen und geht dann an mir vorbei. Ich drehe mich um und folge ihm bis zum Parkplatz. Dort läuft er zielstrebig auf ein Auto zu. Ich bleibe am Rand stehen und suche die Fläche nach Magdas Wagen ab. Beim rauskramen meines Handys fällt mir auf, dass sie mit vor 5 Minuten geschrieben hat, dass sie gleich da ist. Es kann also nicht mehr lange dauern.
Abgelenkt von der Nachricht habe ich nicht mitbekommen, wie der Junge in das Auto gestiegen ist. Doch scheinbar ist er eine Runde gefahren und hält nun neben mir an. Die Scheibe vom Beifahrer geht runter.
...: Ich hoffe derjenige, der dich abholt kommt bald. Denn so schöne Mädchen wie dich sollte man nicht warten lassen. War nett dich kennenzulernen.
Mit diesem Worte fährt er die Scheibe wieder hoch und brettert vom Parkplatz. Nur eine Minute später fährt Magda vor und ich springe schnell rein.
Magda: Tut mir voll Leid, dass du nass geworden bist. Ich bin so schnell gefahren wie ich könnte.
Ella: Alles gut, ich bin ja nicht allzu nass.
Erst jetzt fällt mir auf, dass ich die Jacke von dem Jungen immer noch trage.
Wie soll ich sie ihm jetzt nur zurück geben und wer zur Hölle war dieser geheimnisvolle Typ?

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The boy next door
Fiksi RemajaKennst du das, wenn ein einschneidendes Ereignis dein Leben so verändert, dass du nie wieder wie vorher sein wirst? So geht es der 17-jährigen Ella. Nach der Scheidung ihrer Eltern zieht sie sich immer mehr zurück und niemand kann mehr richtig zu...