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~Ella~

Ich kann nicht fassen, dass Alex das getan hatte. Wir hatten nur vereinbart, dass wir gemeinsam tanzten. Als Familien-Freunde-Ding.
Hatte ich ihm am Vorabend nicht klar gemacht, dass ich nichts von ihm möchte?

Enttäuscht laufe ich durch die Stallgasse auf den hinteren Teil des Hofes. Hier ist es deutlich leiser. Die Kühe geben zufriedend-muhende Laute von sich und der Wind bahnt sich geräuschvoll seinen Weg durch die Maisfelder. Alles wirkt so friedlich.
Und doch bin ich innerlich total aufgewühlt.

Ich habe Luke vorhin gesehen. Er saß mit Maria zusammen auf einer Bank etwas abseits und unterhielt sich mit ihr. Warum war er nicht zu mir gekommen? Wollte er mich nicht sehen? Aber warum war er dann überhaupt hier?

Trauer übermannt mich. Und plötzlich sehne ich mich das erste Mal in der Zeit hier oben nach zuhause. Besser gesagt nach meinem Bett, meinem Rückzugsort, in dem ich schon so viele Tränen vergossen hatte.
Ungehindert laufen genau diese Tränen jetzt in Strömen über meine Wangen. Als ich merke wie sie auf mein T-Shirt tropfen schniefe ich leise.

...: Shhhh. Nicht weinen.

Ich will mich umdrehen, doch die Person zu der diese leise, beruhigend flüsterte Stimme gehört hält mich an meinen Schultern fest. Samt, aber bestimmt, sodass ich weiterhin auf die Felder vor mir schaue.
Unbemerkt habe ich angefangen zu zittern. Meinen Cardigen habe ich beim Tanzen ausgezogen, doch jetzt spüre ich die frische Nachtluft.
Die Person hinter mir scheint das zu bemerken, denn ganz sanft legt sich eine angewärmte Strickjacke über meine Schultern.

Ich verspüren den starken Wunsch mich in diese Jacke hineinzukuscheln und nie wieder die Augen auf zu machen. Zu der Jacke gesellen sich Arme, die sich je links und recht über meine Schultern legen. Und in diesem Moment weiß ich wer hinter mir steht. Sein Duft steigt mir in die Nase und füllt jede Zelle meines Körpers damit.

...: Entspann dich. Sonst muss ich mir ja Sorgen machen, dass du hier zusammenklappst.

Seine Stimme ist immer noch nur ein Flüstern, aber es mischt sich ein raues Lachen in die Klangfarbe. Mein ganzer Körper ist mit Gänsehaut überseht und das kommt ganz sicher nicht mehr nur von der Kälte.

...: Was ist da nur passiert zwischen uns? Wie kann ich das je wieder gut machen?

Ich seufzte schwer.

...: Was hast du nur mit mir gemacht, dass du nach so wenigen Tagen immer noch in meinem Kopf rumspukst?

Am liebsten würde ich diese Frage unbeantwortet lassen und für immer in diesem Moment stehen bleiben. Aber ich kann mir meine spitze Bemerkung nicht verkneifen.

Ella: An einem Abend bin ich ja scheinbar nicht in deinem Kopf rumgespukt!

Ich spüre wie sich die Arme von meinen Schultern lösen. Sofort breitet
sich eine Leere in mir aus, die genau an den Stellen, an denen er mich berührt hatte, an die Oberfläche kommt.

Dann legen sich Hände auf meine Oberarme und drehe meinen Körper langsam um.

The boy next doorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt