Ich drehe mich um und verlasse den Raum. Draußen gehe ich stumm an den Menschengrüppchen vorbei und fange erst an zu rennen, als fast alles außer Blickweite ist. Meine Tränen passen sich dem Tempo meiner Füße an und laufen in Bächen über mein Gesicht.
Nach einer gefühlten Ewigkeit zwingt mich mein Atem zum stehen. Meine Lunge brennt und die Beine tun weh, aber ich will weiter. So weit wie möglich weg von Luke, dem Jungen, der mich so enttäuscht hat und Jamie, die das alles bewusst inszeniert hat.
Wäre ich doch bloß nie mit auf diese blöde Feier gegangen, denke ich.
Doch dann wüsste ich nicht, wie Luke wirklich über mich denkt.
Was war wohl sein Ziel?Zu diesem Thema fallen mir nur dunkle Gedanken ein. Fest steht, dass er für mich abgeschrieben ist. Nie wieder möchte ich sein Gesicht vor mir sehen.
Den ganzen Weg zum Hof zurück verfluche ich mich für meine Dummheit und ihn für seine Dreistigkeit.
Doch am Ende stehe immer ich dumm da. Denn ich habe ihn in meine Welt gelassen. Ich habe ihm das Vertrauen entgegengebracht.Im Dunkeln kommen mir ein paar Autos entgegen. Jedes mal drehe ich mich weg, um nicht von den Scheinwerfern geblendet zu werden. Da es keinen Fußweg gibt, weiche ich immer in die Gräben links von mir aus.
Zu meinem Glück bleibt niemand stehen und ich muss meine Tränen nicht verbergen.
Erst, als der Hof von Magda und Peter in Sicht kommt fällt mir auf, dass der schwierigste Part ja noch vor mir liegt.
Wie soll ich mich an den zwei vorbeischmuggeln, ohne das sie etwas von meiner Traurigkeit mitbekommen?Leise schließe ich die Tür auf und hoffe dabei, dass beide schon in ihrer Schlafzimmer sind. Doch ich habe Pech. Das offene Wohnzimmer ist lichtdurchflutet und der Fehrnsehr läuft. Auf Zehenspitzen gehe ich den Flur entlang. Trotz meiner Vorsichtsmaßnahmen bemerkt mich Magda.
Magda: Hey Ella. Bist du das?
Ich versuche meiner Stimme einen starken Klang zu geben, aber meine Antwort ist eher brüchig und leise.
Ella: Ja, bin wieder da.
Sofort sehe ich wie Magda vom Sofa aufsteht und auf mich zukommt.
Magda: Hey, alles okay bei dir? Du hörst dich garnicht gut an.
Immer noch versuche ich tapfer zu sein und meine Tränen zurückzudrängen. Doch als auch Peter über den Couchrand blickt und fragt, ob bei der Fete alles in Ordnung gewesen sei, brechen meine Dämme erneut. Ich fühle mich hilflos und allein.
Zuhause wusste meine Mutter immer nicht, wie sie mit mir umgehen sollte, wenn ich geweint habe. Also bin ich immer in mein Zimmer gerannt und habe dort alles an meinem Kissen ausgelassen.
Magda ist aber anders.
Magda ist nicht meine Mutter.
Sie geht auf mich zu und nimmt mich in den Arm. Ihr Pulli kratzt etwas an meiner Nase, aber das stört mich nicht. Zum ersten Mal seit langem fühle ich mich geboren und sicher bei einer Erwachsenen.Magda: Alles wird gut, glaub mir. Was auch immer vorgefallen ist wird dich nicht lähmen. Du bist stark, Ella, das weiß ich.
Ihre Worte sind wie Honig für meine Seele. Von Anfang an war sie überzeugt von mir. Ich kenne sie erst seit 4 Tagen, doch in dieser kurzen Zeit hat sie mein Selbstbewusstsein stark angehoben. Durch sie habe ich mich getraut neue Dinge zu machen. Durch sie habe ich mit Luke die Ausflüge gemacht.
Und da ist er wieder....Luke.
Gerade ebend hatte ich mich noch gefangen und jetzt bricht wieder alles aus mir heraus.Mit liebevollem Druck auf den Rücken führt Magda mich zum Sofa. Peter ist auf einen der Sessel gerückt und blickt mich mitleidig an. Fürsorglich legt Magda eine Decke um mich herum und setzt sich daneben. Ein stilles Angebot von ihr mich an sie zu lehnen. Danken nehme ich es an. Da ich mich so kaputt fühle, ist ihre Liebe gerade einfach nur wie eine Woche Kur.
Still schicke ich ein Dank an Gott, wenn es ihn irgendwo da oben gibt. Einen Dank dafür, dass er einen Engel wie Magda geschickt hat.

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The boy next door
Novela JuvenilKennst du das, wenn ein einschneidendes Ereignis dein Leben so verändert, dass du nie wieder wie vorher sein wirst? So geht es der 17-jährigen Ella. Nach der Scheidung ihrer Eltern zieht sie sich immer mehr zurück und niemand kann mehr richtig zu...