Nachdem wir zusammen wieder Ordnung geschaffen hatten, hatten wir uns alle auf dem großen Sofa im Wohnzimmer versammelt, um zu reden. Hauptsächlich sollte Michael uns darüber aufklären, was er wusste und das tat er auch. Er begann auf Luzifers Nachfrage hin damit, was er vorhin gemeint hatte, als er sagte, dass Uriel behauptete, Luzifer sei schwach und menschlich geworden.
„Du glaubst doch nicht, die Hölle ist einfach so zusammengebrochen" Michael wirkte ungläubig und sah Luzifer dabei an, als sei er nicht gerade der Intelligenteste.
„Ich hatte andere Sorgen in letzter Zeit", gab dieser patzig zurück und verschränkte die Arme. Ich kam nicht umhin zu denken, dass er mich mit diesen Sorgen meinte. Immerhin hatte er mich geküsst. Ich verstand einfach nicht, wie das hatte passieren können oder warum ich ihn nicht sofort weggestoßen hatte. Ich kannte Luzifer kaum, doch nach diesem Kuss fühlte es sich irgendwie so an, als tat ich es eben doch. Ich dachte seitdem nur noch daran, bekam ihn einfach nicht mehr aus dem Kopf. Der Kuss hatte sich gut angefühlt, Luzifers Nähe fühlte sich gut an, aber umso schlimmer war es, dass es ihm nicht gut zu gehen schien und ich der Grund dafür war.
Auch Michael sah mich so an, als wüsste er, dass ich dafür verantwortlich war und ich kam mir so vor, als würde ich immer kleiner werden unter seinem Blick.
„Uriel war dort", Schließlich konzentrierte er sich doch lieber wieder darauf, uns zu erzählen, was passiert war, als darauf, mir strafende Blicke zuzuwerfen. „Er war in der Hölle und er hat deine alte Energie absorbiert, die die Hölle zusammengehalten hat, seit sie existiert. Ich habe ihn gesehen, er hat mich gesehen. Natürlich wollte ich wissen, was er da unten tut. Er meinte, du hättest ihm den Krieg erklärt und er sähe sich gezwungen, alle Kräfte zu mobilisieren..."
„Meine Kräfte?!" Luzifer wirkte empört, aufgebracht, panisch. „Er hat meine Kräfte?!"
Michael nickte. „Zumindest die, die du in der Hölle hattest"
Luzifer erhob sich und lief unruhig auf und ab. Er schien kurz vor einer Explosion zu stehen. Man sah deutlich, unter welcher Anspannung sein Körper gerade war, man sah, wie sehr er versuchte, sich zusammenzureißen, aber man sah auch, wie schwer ihm das fiel.
Auch Michael erhob sich nun. Er hielt Luzifer auf, indem er seine Hand auf dessen Schulter legte und ihn eindringlich ansah. „Wir holen sie zurück, mach dir keine Sorgen..."
„Ich soll mir keine Sorgen machen?" Luzifer schüttelte ungläubig den Kopf. „Hast du eigentlich eine Ahnung, wie mächtig Uriel gerade ist? Er hat seine Erzengelkraft und jetzt wohl auch meine... Wenn er sie aktiviert..."
„Das wird er nicht schaffen"
Wieso konnte dieser Michael Luzifer denn nicht einmal aussprechen lassen? Ständig unterbrach er ihn und tat einen auf mega schlau. Das nervte mich.
„Nicht mal du hast es geschafft, deine eigene Kraft zu aktivieren, dann wird Uriel es erstrecht nicht. Und ich bin mir sicher, deine Energie wird sich wehren, sobald sie erkennt, dass Uriel nicht du ist... Es ist nicht halb so schlimm wie es klingt, glaub mir"
Michael redete auf Luzifer ein und es schien tatsächlich dazu beizutragen, dass er sich beruhigte. Er setzte sich schließlich wieder auf das Sofa, wirkte zwar noch angespannt, aber so, als habe er es im Griff.
„Wie hast du es hinbekommen, hier einen Körper zu manifestieren?", fragte Luzifer Michael.
„Ich saß in der Hölle nicht nur tatenlos herum. Ich habe mich auch weiterentwickelt."
Luzifer schien nicht wirklich überzeugt von dieser Antwort, doch er hakte nicht weiter nach, stattdessen hörte er weiter zu, als Michael erzählte, dass wir gerade die Chance hatten, die Erde unabhängig von den Wünschen des Himmels zu machen. Gott sei weg, die Engel hätten ihre eigenen Probleme und die Zukunft stand zum ersten Mal seit Beginn der Schöpfung nicht in Stein gemeißelt. Michael erzählte einiges von dem, was in seiner Zukunft passiert war und alle hörten aufmerksam zu, da es ziemlich aufschlussreich war. Auch Boris ergänzte einiges, nur Luzifer blieb still. Ich saß direkt neben ihm, doch er nahm mich gar nicht wahr. Ich wusste nicht recht, was ich tun sollte oder wieso genau Luzifer jetzt so drauf war.
Als Michael gerade dabei war, etwas von Luzifers Fluch zu erzählen, war es, als schrecke dieser auf und untersagte es ihm, weiterzusprechen. Das sei unwichtig und täte jetzt nichts zur Sache. Michael warf mir bloß einen bedeutungsvollen Blick zu, doch hörte auf Luzifer.
Unsere nächsten Schritte sollten so aussehen, dass wir unser Team vervollständigen sollten. Dazu gehörten wohl Dale, Jaylin und eine gewisse Briana, die wir wohl über Jaylin finden würden. Es klang so, als stünde da eine Menge Arbeit vor uns, aber andererseits war es ja wohl logisch, dass sich die Welt nicht von alleine rettete.
Nachdem Austin gemeint hatte, er würde sich mit Dale darum kümmern, Jaylin und Briana hierher zu schaffen, war er gegangen und Charlie und Boris beschlossen, sich um neue Fenster zu kümmern, damit Boris ein wenig abgelenkt wurde, während Raphael, Silas, Luzifer und ich hierblieben.
Raphael konnte nicht ganz glauben, dass er sich in der Zukunft von Silas getrennt hatte, doch schlimmer war es zu wissen, dass sein Freund gestorben war. Er umarmte Silas, seit er das gehört hatte, durchgehend, obwohl dieser selbst gut damit umzugehen schein. Silas interessierte es mehr, was es mit Raphael und seinem Engelsein auf sich hatte.
Michael erklärte, dass Raphael im Moment noch hauptsächlich halb Mensch, halb Vampir war. Jedoch hätte er dadurch mehr Engelsenergie in sich als alle anderen irdischen Wesen und würde deshalb einmal zu einem Engel werden. Einem sehr mächtigen Erzengel. Luzifer schien das zum ersten Mal zu hören und wurde aufmerksamer als je zuvor.
„Er ist es? Der fünfte Erzengel?"
„Noch nicht... Aber in ein paar Millionen Jahren, ja"
Raphael begann wild den Kopf zu schütteln. „Das will ich aber nicht."
„Raphi, du wirst ein Engel sein", hauchte Silas. Es klang stolz in seiner Stimme mit, als er Raphael eindringlich ansah.
Dieser schüttelte vehement den Kopf. „Was bringt mir das, wenn bis dahin alle tot sind, die ich liebe? Ich will kein Engel sein, wenn du tot bist. Ich will gar nichts sein, wenn du tot bist" Er wirkte verzweifelt, als er das sagte.
Michael mischte sich ein, mal wieder. „Du bist noch so jung, Raphael. Du wirst bemerken, wie klein und bedeutungslos dein jetziges Leben ist, sobald..."
„Mein Leben ist alles andere als bedeutungslos", zischte Raphael Michael zu. „Ich habe gerade alles, was ich will und brauche und das lasse ich mir sicherlich nicht nehmen. Nicht von dir und auch von keinem anderen. Ihr könnt mich schlecht dazu zwingen, ein Engel zu werden" Er stand auf, ohne auf eine Antwort zu warten und verließ zügig den Raum.
Silas blieb noch einen Moment zurück, sah Michael vorwurfsvoll an. „Du kannst nicht im einen Moment erzählen, wie froh du bist, dass du deine Pflichten gegenüber dem Himmel los bist und im nächsten behaupten, wie toll es ist, ein Engel zu sein. Du kannst ihm doch nicht sagen, dass alles, was er liebt, ihm einmal nichts mehr bedeuten wird." Er schüttelte den Kopf, als er ebenfalls aufstand und sowas murmelte wie: „Engel sind so unsensibel", ehe er seinem Freund folgte.
„Ich kann nicht glauben, dass ich da nicht selbst draufgekommen bin", murmelte Luzifer ungläubig vor sich hin.
Michael lachte deshalb leicht. „Du kannst nicht alles wissen, Luzifer"
„Aber das sollte ich", widersprach er und sah seinen Bruder verzweifelt an. „Wie soll ich ihnen denn helfen, wenn ich selbst keine Ahnung habe?"
„Bevor du irgendwem helfen willst, solltest du erstmal deine eigenen Angelegenheiten regeln. Sonst bist du weniger eine Hilfe als eine Last für uns"
Ich hörte mich selbst schnauben, als ich daran dachte, dass Michael so tat, als würde er mehr zu diesem Team gehören als Luzifer. Luzifer hatte alles bisher sehr gut im Griff gehabt, ich war mir sicher, wir würden auch gut ohne Michael auskommen, doch Luzifer war nicht zu ersetzen. Es war mir egal, dass er scheinbar nur ein schwaches Abbild seiner selbst war und keine Möglichkeit hatte, all seine Macht zu entfalten. Er war immer noch Luzifer und rein das machte ihn schon viel wichtiger als Michael.
„Sag es ihm", meinte Michael, als er sich erhob. „Du hast nichts zu verlieren"
Instinktiv wusste ich schon, dass Michael mich meinte, bevor Luzifer sich zu mir drehte, mich schon beinahe schüchtern ansah und bittend meinte: „Ich denke, wir sollten reden"
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Only We
Fantasy-Ich erkannte in seinem Blick, dass da noch so viel mehr war. So viel mehr, das er mir sagen und bewusst machen wollte, doch er stand einfach nur knapp vor mir und sah mich intensiv an, sodass es sich so anfühlte, als entfachte er ein wärmendes Lage...