78. Austin: Verbindung

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„Und würdest du das wollen?" Jays Blick sprang nervös zwischen meinen Augen und verschiedenen Punkten hinter mir immer wieder hin und her.

Ich schmunzelte etwas, konnte gar nicht glauben, dass er es wirklich für nötig hielt, diese Frage zu stellen.

Die letzten Stunden über hatte ich ihm erklärt, was genau es mit einer Gefährtenverbindung auf sich hatte und, was das in meiner Welt bedeutete. Kognitiv schien es alles verstanden zu haben, nur glaubte er wohl nicht so richtig daran, dass er wirklich für mich bestimmt war.

„Seit ich dich kenne, will ich nichts lieber als das", gestand ich ein wenig verlegen, aber sehr überzeugt und griff nach Jays Hand.

Er begann zu lächeln, wirkte nun ruhiger, so als habe er auf diese Antwort gehofft.

„Aber glaubst du, wir sind schon bereit dafür? Ich meine, wir kennen uns grade mal ein halbes Jahr und wir sind noch nicht mal zusammen... du meintest diese Verbindung einzugehen ist wie eine Hochzeit und was, wenn du nach 20 Jahren keine Lust mehr hast oder ich dir zu alt und anstrengend werde?" Jay wollte immer weiterreden, aber ich hielt ihm lachend die Hand auf den Mund, weshalb er verstummte.

„Wenn du nicht mein Gefährte sein solltest, wird die Verbindung nicht klappen und wenn doch, dann wird es kein du wirst mir zu alt werden oder mich zu sehr nerven oder was auch immer geben. Dann sind wir für immer mit einander verbunden, ein Teil des jeweils anderen und mein Leben ist von deinem abhängig."

„Heißt das, wenn ich sterbe, stirbst du auch?", fragte er mich aus großen Augen.

Ich nickte, lächelte noch immer dabei.

„Aber wieso solltest du das wollen? Du könntest doch ewig leben."

„Wieso sollte ich das wollen?", erwiderte ich schmunzelnd und strich mit dem Daumen seine Wange entlang. „Ohne dich ist mir mein Leben doch gar nichts mehr wert"

Jay begann breit zu grinsen, doch er drehte den Kopf weg, vermutlich, damit ich nicht sah, wie sehr ihn meine Worte berührten. „Also wollen wir das machen?"

„Die Entscheidung liegt ganz bei dir. Du bist immerhin noch sehr jung und sowie ich mich dann an dich binde, wirst auch du an mich gebunden sein. Du kannst dann keine Scheidung einreichen oder ähnliches, Jay. Du wirst dein Leben mit mir verbringen müssen, ob du willst oder nicht" Ernst schaute ich ihn an, beteuernd.

Jay schluckte schwer und nickte dann stotternd. „O-okay"

Mich brachte das zum Lachen. „Ich verarsche dich doch nur, Jayjay. Die Verbindung ist notwendig, für uns beide, aber das verpflichtet dich dann nicht dazu, mein Freund oder mein Mann zu sein. Vor allem für meine Leute wären wir dann zwar verheiratet, aber das sagt ja nichts darüber aus, wie wir miteinander umzugehen haben. Wir können erstmal die Verbindung eingehen und dann sehen, was sie so mit sich bringt. Wenn du irgendwann mit mir zusammen sein möchtest, dann freut mich das sehr, aber wenn nicht, können wir auch nur... Freude bleiben... oder so" Ich zuckte mit den Schultern, da ich grade irgendwie total versagt hatte. Ich wollte ihm doch nur klarmachen, dass ich ihm keinen Druck machte und er sich durch die Verbindung zu nichts verpflichtet fühlen oder Angst davor haben musste.

Er schien das aber auch zwischen den Zeilen verstanden zu haben, denn er lächelte leicht und nickte bloß.

„Also machen wir es? Jetzt?"

Ich lachte leicht, nahm Jays Hand in meine und drückte ihm einen Kuss darauf. „Ich muss erst Raphael Bescheid geben, beziehungsweise ihn um Erlaubnis fragen."

Jay verdrehte deshalb die Augen und sah mich dann auffordernd an. „Na worauf wartest du? Ruf ihn schon an!"

Lachend holte ich mein Handy aus der Hosentasche und wollte Raphael anrufen, jedoch bemerkte ich dabei, dass er mir eine Nachricht geschrieben hatte.

„Was ist?", fragte Jay neugierig und schaute in mein Handy.

Obwohl er es lesen konnte, widerholte ich nochmal, was er mir geschrieben hatte. „Er hat mir geschrieben, was sie machen, um Chads Seele zurückzuholen und, dass sie es jetzt sofort machen. Schon vor einer halben Stunde..."

„Was denkst du, wie lange das dauert?", hakte Jay nach.

Ich zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht, aber ich bin mir sicher, auf die Schnelle geht das nicht"

Jay seufzte, nickte aber verstehend und sah mich dann fragend an. „Sicher, dass du warten willst, bis sie fertig sind?"

Leicht lachend schüttelte ich den Kopf, da ich genau wusste, dass Jay mich davon überzeugen wollte, jetzt einfach die Verbindung einzugehen. „Wirst du mich denn beschützen, wenn er auf mich losgeht, weil wir es einfach so hinter seinem Rücken getan haben?"

„Also erstens weiß er ja davon, dass wir darüber nachdenken, er hat es sogar empfohlen und zweites werde ich dich sehr gerne beschützen, wenn es geklappt hat" Jay grinste mich an, so als gefiele ihm die Vorstellung, wie ich mich hinter ihm versteckte und er den starken Macher spielen konnte.

„Ich weiß, aber trotzdem... Das ist echt eine große Sache, weißt du? Wir müssen es nicht so groß und traditionell machen wie Boris und Charlie, aber ich will schon meine Freunde dabei haben und den Segen des Königshauses..."

„Okay" Ich sah Jay an, dass er davon nicht begeistert war, doch ich rechnete es ihm hoch an, dass er es trotzdem akzeptierte, weil er bemerkte, wie viel mir das bedeutete.

„Und was machen wir bis dahin?", fragte er schließlich gelangweilt.

„Du rufst deine Eltern an, damit Raphaels Befehl aufgehoben wird, sonst kommen sie nie mehr nachhause..."

„Wäre das so schlecht?", Er schien wirklich mit dem Gedanken zu spielen, es nicht zu tun, aber ein Blick von mir reichte, um ihn zurecht zu weisen. „Na gut" Er verdrehte die Augen. „Aber nur, wenn wir meinem Dad dann sagen, dass wir heiraten werden" Dabei grinste er.

„Du machst echt alles, um ihn zu provozieren", lachte ich und legte dabei den Arm um ihn.

Er grinste mich bloß an, lehnte sich an mich und rief dabei seinen Vater an. In der Zwischenzeit startete ich den Fernseher des Wohnzimmers, in dem wir saßen, seit ich Jay etwas zu Essen zubereitet hatte und warteten kuschelnd auf seine Eltern.

Mir war klar, dass sein Vater nicht gut darauf reagieren würde, Jay wusste das auch. Nachdem auch klar war, dass er mich aus meinem alten Leben kannte und damals mit mir zusammen war, verstand ich es auch etwas, doch ich hoffte, er würde reif genug sein, seinem Sohn sein Glück zu gönnen. Alina behandelte mich ja auch als wäre ich ihr eigenes Kind und das, obwohl es ihr anfangs auch sehr schwer gefallen war und sie sich täglich mit Jeremy angelegt hatte, damit ich hier bleiben durfte.

Ich fühlte mich schon ein wenig schlecht, dass ich so ein Problem darstellte in dieser Familie, aber ich wollte Jay nur deswegen bestimmt nicht aufgeben. Sobald er mit der Schule fertig war, konnte er zu mir ziehen, wenn er wollte und dann wären wir die Sorgen um seine Familie größtenteils los. Ich glaube, es würde ihnen guttun, wenn sie ein bisschen Abstand zueinander hatten, aber letztendlich blieb es ja doch Jays Entscheidung, genauso wie das Eingehen der Gefährtenverbindung. Alles in mir hoffte, er würde keinen Rückzieher machen. Andererseits war mir bewusst, dass er das nicht tun würde, alleine deswegen, weil es ihm das Leben retten würde. Doch irgendwie stimmte mich das traurig. Eigentlich ging man diese Verbindung ein, weil man sich über alles liebte und beieinander sein wollte, für immer. Je länger ich darüber nachdachte, desto bewusster wurde mir aber, dass wir das aus den falschen Gründen tun wollten, doch mir war auch klar, dass es sein musste, es enttäuschte mich nur irgendwie, dass es so ablief - als Verpflichtung, weil er keine andere Wahl hatte. Ich wollte, dass es mehr war als das. Ich wollte, dass Jay die Wahl hatte und sich für mich entschied, ich wollte, dass er sich mit mir verband, weil er mich liebte... aber vielleicht bekam ich auch einfach nur kalte Füße und brauchte einen guten Freund, er mir nun Mut zusprach. Leider waren all meine Freunde aber mit größeren Sorgen und Problemen beschäftigt, also saß ich weiter hier und zweifelte an mir, obwohl ich wusste, dass mir das nicht helfen würde.

All die vergangenen Erlebnisse hatte mich zu einem selbstzweifelnden, unsicheren, ängstlichen Etwas gemacht und ich hasste es, so zu sein. Mir war klar, dass meine Kräfte wohl nicht mehr richtig funktionierten, weil meine Psyche sie irgendwie blockierte. Vermutlich würde mir die Verbindung nicht mal helfen können und Jay dann auch nicht, aber ich es nicht mal versuchte, war ich nicht nur ein Versager, sondern auch ein Feigling.

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