86. Charlie: Schuld

398 46 8
                                    

Nachdem ich etwas zu trinken bekommen und Ruhe erfahren hatte, so gut dies in unserer jetzigen Situation eben möglich war, ging es mir schon etwas besser. Das Atmen fiel mir leichter, auch wenn es jedes Mal pfiff beim Einatmen und ich noch große Schmerzen hatte. Zumindest wusste ich nun, dass ich Luft überhaupt bekam. Ändern konnten wir so ohnehin nichts. Der Weg zurück ins Krankenhaus war zu lang und zu beschwerlich und dort würden sie mir nur Ruhe verordnen und mich mit Medikamenten vollpumpen. Aber ich war hier, um zu helfen, das stand nun im Vordergrund.

Klar bemerkten die anderen, dass ich Probleme hatte, doch sowie ich hatten auch sie ihre Prioritäten.

„Okay, wenn ihr euch dann fertig durch eure Blicke gepaart habt, könnt wir vielleicht darüber reden, was wir machen, um den Wall zu stabilisieren" Ich war etwas überrascht, als das von Dale kam, doch recht hatte er zumindest.

Das erste Mal, seit wir hier aufeinandergetroffen waren, löste Kyle seinen Blick von Eric und sah mich an. Er lächelte dabei leicht und ich sah selbst nach all den Jahrhunderten noch die Dankbarkeit in seinem Blick für alles, was ich für ihn und Eric getan hatte.

„Hallo, Charlie", meinte er. „Mein Anliegen kennst du ja schon. Victoria meinte, du und Benedikt habt den Wall zusammen begründet. Also solltest du uns auch sagen können, wie wir ihn stabilisieren können"

Mein Blick rauschte zu Victoria. Sie wirkte sehr überfordert mit allem, was gerade passierte. Man sah ihr ihre Sorge um Benedikt an, ihre Wut und Verwirrung, weil Eric und Kyle direkt vor uns standen und zudem war es ihr auch noch ins Gesichts geschrieben, dass sie nicht wusste, wie sie nun mit mir umgehen sollte.

„Wir haben den Wall nicht gegründet", Ich schüttelte den Kopf und sah wieder zu Kyle. „Es gab ihn schon, wir haben ihn nur zu verändert"

Ich bekam fragende Blicke zugeworfen und wusste, dass es hier keinen Sinn machte, weiterhin etwas zu verheimlichen. „Nach meinem Tod hat William mich gefunden und mir geholfen, Henry zu einem Vampir zu machen. Die meisten von euch wissen das. Als Gegenleistung für seine Hilfe damals, wollte William mein Blut. Ich wusste nicht wofür und es interessierte mich auch nicht. Jahrhunderte später erst erfuhr ich, was er damit getan hatte. Er brauchte das Blut eines frisch auferstandenen Vampirs, um sich zu tarnen. Er hatte mächtige Feinde, aber auch genauso mächtige Freunde, die ihm halfen die Art, wie andere ihn wahrnahmen, zu verändern, mit Hilfe meines Blutes. So konnte man ihn nicht aufspüren, solange er es nicht wollte und jetzt hinterher bin ich mir sicher, so beeinflusste er auch Henry. In den frühen Kriegen sah es nicht gut aus für uns Vampire, die Jäger damals waren noch stark und in der Überzahl, Vampire waren Einzelkämpfer und mehr Bestien als Verstandeswesen. Über die Jahrhunderte, wenn nicht sogar Jahrtausende änderte sich das stark. Es gab immer wieder Gruppierungen und Anführer, über die gesamte Welt verteilt. Die Vampire begann dadurch, die Schlachten für sich zu entscheiden, während die Zahl der tauglichen Jäger stetig abnahm. Benedikt war damals schwer verletzt und von seinen Verbündeten zurückgelassen worden. Ich fand ihn und half ihm zu genesen, während um uns herum der Krieg tobte. Nachdem er soweit geheilt war, um wieder bei Sinnen zu sein, teilte er mir mit, er kenne Leute, die für unsere Sicherheit sorgen und den Krieg vielleicht sogar beenden konnten. Ich hasste den Krieg und fühlte mich verantwortlich für Benedikt, also konnte ich ihn nicht alleine ziehen lassen und begleitete ihn. Er erzählte mir von seinen Erlebnissen mit den anderen Vampiren und ich war ziemlich froh, mich all die Jahre über als Einzelgänger durchgeschlagen zu haben, selbst wenn es Sinn machte, dass wir im Team stärker waren. Nach einer langen Reise, die bestimmt mehrere Monate dauerte, trotz unseres Tempos, fanden wir im Wald ein altes Kloster, in dem tatsächlich noch Menschen lebten. Es waren nicht wirklich Mönche... Ich weiß bis heute nicht recht, was sie waren. Sie waren menschlich und doch auch irgendwie nicht. Ohne große Fragen zu stellen, nahmen sie uns bei sich auf und gewährten uns Schutz. Sie erklärten das damit, dass wir sie nicht gefunden hätten, seien wir dazu nicht bestimmt gewesen, sie zu finden. Sie schienen sehr mächtig und weise zu sein, wussten bereits alles über uns in dem Moment, als wir ihr Kloster betraten. Sie teilten uns mit, William in ihrer Gefangenschaft zu halten und über den „Zauber", den er sich hatte auflegen lassen, um sich vor ihnen versteckt zu halten, eine Art Schutz um ihr Kloster gelegt hatten, sodass sie keiner finden konnte, der nicht hierhergehörte. Benedikt und ich durften bei ihnen lebten, doch wir durften nicht hinaus gehen und andere zu uns holen. Wir waren natürlich sehr dankbar für den Schutz, doch wir mochten diese Vorstellung nicht, dass nur ausgewählte Leute diesen Krieg überleben durften, indem sie diesen Ort fanden. Die Tochter des Anführers dieser Leute war derselben Meinung wie wir, doch das hielten wir lange geheim, bis sie herausfand, wie wir den Schutz um einige Kilometer ausweiten und verändern konnten. Wir taten es, im Geheimen und ohne die Konsequenzen zu kennen. Tamara, so hieß unsere Verbündete, nahm die Energie, des Zaubers, der auf William lag, auf und übertrug sie indirekt auf jeden Menschen innerhalb des Schutzwalls, sodass er sich sehr schnell ausdehnte und unglaublich stark wurde. Was wir nicht wussten, war, dass der Zauber aus einer sehr alten und dunklen Magie bestand, dem menschliche Wesen nicht gewachsen waren. Jeder innerhalb des Walles, der den Zauber in sich getragen hatte, wenn auch nur für ein paar Sekunden, starb... Sie lösten sich auf und schienen selbst zu einem Teil des Walles zu werden, alle, bis auf Tamara."

Only WeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt