Nachdem die anderen verschwunden waren und wir von ihnen nichts mehr gehört hatten, waren einige der Vampire, die den Wall bewacht hatten, zurückgekommen, darunter auch mein Vater. Mum teilte ihm mit, dass Eric wohl noch am Leben war und er schien sehr schockiert zu sein, vor allem, als er auch von dem Rest erfuhr. Während Mum und Charlie die Aufklärungsarbeit leisteten, wollte ich wieder zu Silas, da ich nicht wollte, dass er alleine aufwachte. Was wir getan hatten, schien ihn wirklich ziemlich geschwächt zu haben, sodass er nun noch genauso dalag wie, als ich das Zimmer verlassen hatte.
Obwohl er noch nicht bei Bewusstsein war, setzte ich mich doch zu ihm, nahm seine Hand und erzählte ihm davon was passiert war. Erics Existenz schockierte mich und ich wusste gar nicht, wie ich damit umgehen sollte. Meine Eltern hatten mich schon wieder bei etwas so Wichtigem belogen, doch irgendwie war mir auch klar, dass zu glauben, ihn zu verlieren auch nicht leicht für sie gewesen war. Mum hatte mir die Kurzfassung von dem gegeben, was damals ist ihm passiert war und ich konnte es kaum glauben, dass meine Eltern seinetwegen einen Krieg gestartet hatten. Das würden sie für mich sicherlich nicht tun... andererseits war ich auch gar nicht ihr richtiger Sohn. Er hatte irgendwie recht. Ich war nicht mal ein richtiger Vampir und spielte mich hier einfach nur auf, weil alle anderen auf mich hörten ohne zu widersprechen. Doch andererseits, was hatte er mir schon zu sagen? Er war doch das egoistische Arschloch hier. Ich übernahm wenigstens Verantwortung und versuchte, die Dinge geregelt zu bekommen, während er sich hier einfach entspannt zurücklehnen und den Komfort des Prinzseins genießen wollte. Ich wusste nicht, was damals wirklich passiert war. Mums Erzählung war ziemlich subjektiv gewesen und hatte viele Lücken aufgewiesen, doch obwohl Charlie so gewirkt hatte, als wüsste er mehr, hatte ich nicht nachgefragt. Wirklich wichtig war das ja im Moment auch gar nicht. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er hier war, weil er plötzlich beschlossen hatte, doch König werden zu wollen und selbst wenn, brauchte man, um König zu sein, ein Volk und ein Königreich und wenn wir diesen Krieg verloren, würde es nichts mehr davon geben.
Meine Gedanken stoppten abrupt, als ich sah, dass Silas sich verkrampfte und dann die Augen aufriss.
„Baby!", sofort war ich zur Stelle, um ihm aufzuhelfen und ihn akribisch zu mustern. „Wie geht es dir? Du hast keine Ahnung, was hier los ist!"
Ohne ihn wirklich zu Wort kommen zu lassen, klärte ich ihn schnell auf, so schnell, dass ich selbst kaum verstand, was ich denn da sagte.
Silas wirkte verwirrt und überfordert, doch, was wir am meisten Sorgen machte, war, dass ich eine Distanz von ihm spürte, die mir bis dato unbekannt gewesen war. Ich sah ihn an, doch irgendwie erkannte ich ihn nicht wieder.
„Was ist los?", fragte ich besorgt und fasste nach seiner Hand. Kurz danach schreckte ich aber zurück, da ich spürte, wie kalt er war.
„Ich... Das ist nur alles etwas viel auf einmal", sagte er und sah sich um. Dabei erkannte ich an seinem Hals eine graue Stelle und fasste sie an. Es fühlte sich an wie kalter, rauer Stein.
„Baby", hauchte ich und musterte ihn, erkannte weitere dieser Stellen.
Er sah sie ebenfalls, an seinem Arm und sie sie sich immer weiter ausbreitete, fluchte dann.
„Was ist los?"
„Nichts", er seufzte und lächelte mich an, doch es wirkte nicht wirklich ehrlich. „Wir sollten zu den anderen... ihnen helfen"
„Silas, du..."
„Jetzt, Raphael! Wir haben keine Zeit zu verlieren" Er stand auf und ging aus dem Zimmer, ohne mich wirklich zu beachten. Ich jedoch folgte ihm sofort und versuchte, ihn aufzuhalten. Auf dem Flur rannte ich zu ihm, doch er lief einfach weiter.
„Silas, jetzt warte doch mal..."
„Worauf? Die Welt geht unter, wir müssen was tun!", antwortete er und steuerte den Ausgang des Palastes an.
„Ich lasse dich nicht gehen, bevor wir nicht geredet haben! Außerdem hast du noch nicht mal Waffen dabei!", rief ich und packte ihn fest am Arm, riss ihn so zu mir herum.
„Ich brauche keine Waffen!", zischte er und schubste mich so stark zurück, dass ich mindestens fünf Meter durch die Luft flog und mich nur mit Schwierigkeit abrollen konnte. Ihn interessierte das aber nicht groß, sondern er ging einfach weiter.
„Silas, bleib stehen!" Dies war das erste Mal, dass ich versuchte, meine Kraft bewusst bei ihm anzuwenden, doch wie zu erwarten funktionierte es nicht. Vielleicht lag es auch daran, dass ich das gar nicht so wirklich tun wollte, weil ich Angst vor den Konsequenzen hatte, die er aus solch einer Tat ziehen würde.
Also rappelte ich mich auf und wollte erneut zu ihm, beeilte mich trotz dem nun schmerzenden Hüftgelenk, doch bevor ich ihn erreichen konnte, streckte er plötzlich eine Hand in den Himmel und mit ihr einen Lichtstrahl, der so viel Energie zu haben schien, dass es mich erneut zurückschleuderte. Kurz danach rannte er einfach weiter, ließ mich hier liegend zurück und fassungslos in den Himmel sehen, wo plötzlich aus einem Loch von etwa zehn Meter Durchmesser hunderte von Engeln in das Reich kamen.
Trotz des Schockes und trotz der Angst in mir, konnte ich mich so weit konzentrieren, dass ich Charlie über Gedanken erreichen konnte, nur dank unserer emotionalen Verbindung und der geringen körperlichen Entfernung. Ich teilte ihm grob mit, was passiert war und, dass mein Vater die Vampire zum Kampf bereitmachen sollte. In wenigen Minuten würde hier endgültig Krieg herrschen.
Dann rappelte ich mich erneut auf und verfolgte Silas anhand seines Geruches. Er roch gerade zwar kaum wie er selbst, doch obwohl ich mir sicher war, es war nicht mehr wirklich er, war es doch sein Körper und niemand kannte diesen besser als ich.
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Only We
Fantasy-Ich erkannte in seinem Blick, dass da noch so viel mehr war. So viel mehr, das er mir sagen und bewusst machen wollte, doch er stand einfach nur knapp vor mir und sah mich intensiv an, sodass es sich so anfühlte, als entfachte er ein wärmendes Lage...