„Hast du eine Ahnung, wie lächerlich du aussiehst?" Dale musterte mich amüsiert und ich hob den Kopf, um ihm zu zeigen, wie ich eine Grimasse machte. Er hatte Recht, aber das musste ich ja nicht zugeben.
Er lachte. „Es wundert mich echt, dass Luzifer dich rausgelassen hat. Es kam mir beinahe so vor, als wärst du sein Haustier. Es war richtig süß, wie er dich dazu gezwungen hat, diese Cap aufzuziehen und dieses „Immer nach unten schauen", „Bleib aufmerksam", „Ruf mich an, wenn irgendwas ist", „Pass auf dich auf"..."
„Er will mich nur beschützen", erklärte ich Dale. Ich wusste selbst nicht ganz, wie ich zu Luzifer stand. Wir waren Freunde, ich war für ihn da, er war für mich da, doch er war noch lange nicht über mich hinweg und ich... Ich konnte es nicht erklären. Vielleicht lag es daran, dass ich wusste, dass er mich liebte und ich mich dazu verpflichtet fühlte, es zu erwidern. Vielleicht war ich ihm einfach dankbar. Vielleicht... Keine Ahnung. Jedenfalls war da etwas und es wollte einfach nicht verschwinden. Auch Dale bemerkte das.
„Irgendwie klingst du immer anders, wenn du über ihn redest" Er wollte mich dadurch nicht necken, er machte sich nicht lustig, er teilte mir einfach nur mit, was er in letzter Zeit festgestellt hatte.
Ich zuckte mit den Schultern. „Ich fühle mich dabei auch anders"
Dale schmunzelte, legte seinen Arm um meine Schultern und zog mich zu sich, um mich so halb zu umarmen. „Du solltest ihm das auf jeden Fall sagen"
„Ich weiß nicht", seufzte ich. „Ich will ihm keine falschen Hoffnungen machen"
„Er ist doch nicht aus Glas, Chad!" Mein Bruder schüttelte den Kopf. „Selbst, wenn sich rausstellt, dass du doch nur platonische Gefühle für ihn hast, bringt ihn das sicherlich nicht um."
„Du kennst ihn nicht so wie ich ihn kenne", murmelte ich.
Luzifer und ich teilten fast regelmäßig Momente der tiefen Verbundenheit. Für alle anderen war er der starke, unerreichbare, manchmal etwas zickige Ex-Teufel. Doch für mich war er ein sensibler, trauernder Mann, der hin und wieder jemanden brauchte, er ihn in den Arm nahm.
Er kam jedes Mal zu mir, wenn es ihm schlecht ging und ließ sich einfach nur von mir festhalten. Manchmal weinte er dabei, manchmal erzählte er mir etwas, um sich selbst und mich abzulenken, manchmal lagen wir einfach nur da und schliefen zusammen ein.
Es war so weit gekommen, dass ich täglich hoffte, er würde zu mir kommen, doch seit er und Michael wieder enger waren, hatte das abgenommen. Dann bildete ich mir oft einfach ein, Luzifer würde neben mir liegen, damit ich überhaupt einschlafen konnte. Ich fühlte mich so sicher bei ihm, so stark wie sonst nie. Ich war mir sicher, es war mehr als nur mein Verantwortungsbewusstsein, das mich dazu verpflichtete, für ihn da zu sein. Aber ich hatte Angst davor, was das zu bedeuten hatte. Was, wenn er feststellte, dass ich einfach nicht der Chad war, den er liebte? Wenn ich ihn enttäuschte? Wenn ich ihm einfach nicht genug war?
So sicher ich mich bei ihm fühlte, so unsicher wurde ich, wenn ich darüber nachdachte, das zwischen uns als mehr als nur Freundschaft anzusehen. Und Unsicherheit war das letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte.
„Chad" Die Stimmlage meines Bruders hatte sich verändert, als wir aus dem Laden liefen, in dem wir für Fleisch zum Grillen gesorgt hatten. Wir waren extra zwei Städte weiter gefahren, damit wir nicht Gefahr liefen, jemanden zu treffen, den wir kannten, doch anscheinend hatte das nicht ganz funktioniert. „Erinnerst du dich noch an den Film mit den beiden Pinguinen und den drei Eisbären?"
Natürlich war mir klar, dass es Dale nicht um irgendeinen Film ging, den wir niemals gesehen hatten. Auch seine Kopfbewegung zur Seite verdeutlichte mir das. Ich sah drei Typen hinter uns, die uns ziemlich konzentriert anstarrten und nickte dann, um meinem Bruder zu antworten. „Ja, ich weiß es noch ganz genau. Ich fand es schon immer dumm, dass die versucht haben zu fliehen"
Dale grinste bei meinen Worten und fasste mit einer Hand an die Innenseite seiner Jacke, um den Silberdolch zu ertasten. Wir liefen nicht zum Parkplatz und zum Auto, sondern um den Laden herum zu den Mülltonnen. Es war eine Sackgasse, aber wie gesagt, wir hatten ohnehin nie vorgehabt zu fliehen.
Unsere drei Verfolger ließen nicht lange auf sich warten. Als sie zu uns stießen, hatten sie bereits ausgefahrene Fangzähne und Krallen. Auch Dale war mittlerweile bewaffnet.
„Was wollt ihr?", fragte mein Bruder.
„Ein bisschen reden", gab einer der Vampire zurück und grinste dabei. Die anderen beiden liefen um uns herum, sodass sie uns eingekesselt hatten.
„Euch ist klar, dass ihr uns nichts tun dürft?", hakte ich sicherheitshalber nach.
„Wieso? Ihr Jäger schlachtet uns doch auch reihenweise ab und tut dann auch unschuldig. Ich stehe ziemlich auf Gerechtigkeit, wisst ihr?"
„Ich bin kein Jäger" Ich hätte ja gerne auch für Dale besprochen, aber er hielt einen Silberdolch in der Hand und das machte es mir unmöglich, ihn auch als Vampir auszugeben.
Unsere Verfolger schauten mich aus großen Augen an, als ich mein Shirt zur Seite zog und ihnen das Zeichen zeigte, das Benedikt mir verpasst hatte.
„Er trägt das Königsmal", hauchte einer von ihnen. Er wirkte ehrfürchtig dabei.
„Und wenn schon", schnaubte ein anderer. „König Benedikt kann uns nicht bestrafen, wenn er nicht weiß, dass wir ihn getötet haben. Er stinkt so abartig nach Jäger... Er ist keiner von uns" Der Vampir machte einen Schritt auf uns zu, doch er andere stoppte ihn.
„Wir sollten das nicht tun... Wir sind in aller Öffentlichkeit und... er trägt das Königsmal."
Der Vampir, der mich ganz hungrig ansah, schlug den anderen einfach von sich weg und machte sich dann auf den Weg zu mir. Dale stellte sich sofort vor mich und begann einen Kampf mit dem Vampir. Ich wollte ihm helfen, doch der andere packte mich von hinten und kratzte mir mit den Krallen die Kehle auf. Ich ging zu Boden und versuchte die Blutung durch meine Hände irgendwie zu stoppen, doch natürlich klappte das nicht. Ich hörte Kampfgeräusche, wollte aufstehen und helfen, doch konnte einfach nur daliegen und in den blauen Himmel starren, während ich verblutete.
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Only We
Fantasy-Ich erkannte in seinem Blick, dass da noch so viel mehr war. So viel mehr, das er mir sagen und bewusst machen wollte, doch er stand einfach nur knapp vor mir und sah mich intensiv an, sodass es sich so anfühlte, als entfachte er ein wärmendes Lage...