62. Briana: Entscheidung

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Nachdem Dale alles erzählt hatte, was er über den Höllenkrieger wusste, grübelten wir anderen darüber, was wir nun tun sollten.

„Was könnte er denn wollen?", fragte Boris nachdenklich.

Michael seufzte schwer. „Vermutlich will er zu Luzifer, was Anderes könnte ich mir nicht erklären. Luzifer hat sie erschaffen, um mit ihnen als Armee den Himmel zu stürzen. Er ist ihr Gott und noch viel mehr, ihr Leben. Sie sind zwar menschliche Seelen, die zur Unendlichkeit in der Hölle verbannt wurden, aber Luzifers Energie macht sie zu dem, was sie sind. Ohne ihn können sie nicht überleben. Ich gehe also davon aus, der Höllenkrieger wird nach Luzifer suchen und bei ihm sein wollen."

„Denkst du, er kann zur Gefahr werden?", wollte ich wissen.

Michael nickte. „Auf jeden Fall. Luzifer hat sie mit so viel Hass und Wut erschaffen, ich befürchte, das ist das einzige, was diese Kreaturen empfinden können. Außerdem wird er sehr überfordert sein in der Welt heute und wahrscheinlich auch ängstlich, weil er Luzifer nicht findet. Ich gehe davon aus, dass Luzifers Abwesenheit ihn langsam aber sicher von alleine zergehen lassen wird. Wir müssen nur dafür sorgen, dass er solange nichts Schlimmeres anrichtet."

„Du meinst also, er sucht wohl nach Luzifer?", murmelte Boris nachdenklich. Michael nickte.

„Okay, dann sollten wir so denken wie er wohl bei seinem Wissensstad. Er kann ausschließen, dass Luzifer in der Hölle ist, denn die ist ja fast leer. Er wird selbst wissen, dass er an Kraft verliert, wenn Luzifer ihm fern ist, also müsste für ihn auch logisch sein, dass Luzifer nicht auf der Erde sein kann. Da er selbst noch am Leben ist, kann Luzifer aber auch nicht tot sein, was für ihn heißen muss, dass Luzifer nur im Himmel sein kann, oder?" Boris sah Michael fragend an. Dieser überlegte kurz und nickte dann zögerlich.

„Ich gehe davon aus, wer wird verstanden haben, dass Luzifer und ich quasi Plätze getauscht haben. Er wird also versuchen, in den Himmel zu kommen oder Luzifer von hier aus zu erreichen."

„Wie könnte er das tun?", hakte Boris weiter nach.

„Entweder indem er über die Eloah eine Nachricht übermitteln lässt oder indem er genug Aufmerksamkeit auf sich zieht..."

„Michael", unterbrach Dale meinen Freund tonlos. Dieser verstummte und sah ihn fragend an. „Würden die Engel ihn als Höllenkrieger erkennen, wüssten sie, dass Luzifer für ihn verantwortlich ist und ihm das Problem überlassen?"

„Vermutlich"

„Wenn er also Kontakt zu jemandem aufnimmt, der unter der Beobachtung der Engel steht, kann er davon ausgehen, dass er somit auch an Luzifer kommt?"

Michael nickte, auch wenn er noch nicht ganz wusste, worauf Dale hinauswollte.

„Chad hat keine Seele mehr, also hat er auch nichts, das die Engel interessieren würde. Wer ist wohl auf Platz zwei der Liste der Engel?"

Ohne lange zu zögen, murmelte Michael „Jaylin", ehe er Dale mit einem leichten Lächeln ansah. „Du bist genial"

Dale zuckte bloß mit den Schultern. Länger konnten wir uns damit auch gar nicht befassen, da uns allen klar war, dass wir keine Zeit zu verschwenden hatten. Wenn dieser Höllenkrieger wirklich auf der Suche nach Jay war, mussten wir schnellstmöglich zu ihm. Das begriffen alle auch ohne, dass es jemand aussprechen musste.

Mit fuhren mit Boris' Auto auf meine Anweisungen hin den Weg zu Jays Haus und beeilten uns, an die Tür zu kommen. Alina war sehr überrascht, als sie uns öffnete, sie meinte, Jay sei zurzeit nicht gut auf Besuch zu sprechen, doch ich bat sie, uns einfach reinzulassen und sie machte uns Platz. Ohne große Umwege steuerte ich sein Zimmer an, klopfte kurz und öffnete dann sofort. Jay lag im Bett und zockte Fifa auf seiner PS4. Er erschrak, als wir plötzlich im Zimmer standen, doch aus seinem Schock wurde sehr schnell Ärger.

„Raus hier!" Er deutete wütend zur Tür und setzte sich ein wenig auf.  Könnte er, würde er mit Sicherheit aufspringen und uns rauspressen, doch wegen seiner Lähmung blieb er einfach sitzen und warf uns, vor allem meinen Begleitern, tödliche Blicke zu.

„Jay, hör zu", begann Boris ruhig und ging auf meinen Cousin zu, doch Jay unterbrach ihn ungehalten. „Haut ab! Sofort! Ich will euch nicht mehr sehen! Keinen von euch!"

Sein Blick legte sich auf mich, ich sah ihn verletzt an und er versicherte mir durch seinen Blick, dass ich die Ausnahme war. Also seufzte ich bloß und schickte die anderen in den Flur, um ruhig mit Jay zu reden.

„Ich weiß, dass du sauer bist, das bin ich ja auch", versicherte ich ihm und setzte mich zu ihm aufs Bett. „Aber das hier ist wirklich ernst. Dale hat ziemlich Scheiße gebaut, um Chad wiederzubeleben und deshalb ist jetzt wahrscheinlich ein Höllenkrieger hinter dir her... Wir wollen dich beschützen und ihn wieder zurück in die Hölle befördern..."

„Ich muss nicht beschützt werden", schnaubte Jay bitter, sah dabei aber neben sich auf seinen Rollstuhl, sein Blick so bitter, dass ihm vor Wut beinahe die Tränen kamen.

„Doch Jay", hauchte ich, legte meine Hand auf seine. „Ich hasse es mindestens genauso sehr wie du, dass du gelähmt bist, aber ich bin nicht bereit, zuzulassen, dass du dein Leben auch noch verlierst"

Jay presste die Zähne zusammen, so stark, dass sein Kiefer hervortrat. „Lass das mal meine Sorge sein"

„Jay, ich-"

„Nein, Briana" Er riss seinem Blick von seinem Rollstuhl los und richtete ihn auf mich. „Ich habe genug von alle dem. Dieser ganze Himmel-Hölle-Vampir-Jäger-Scheiß hat mich zu einem Krüppel gemacht. Ich will damit nichts mehr zu tun haben. Und solange du dich noch mit diesen Leuten abgibst, gilt dasselbe für dich"

„Das kannst du nicht ernst meinen", hauchte ich ungläubig. Jay jedoch sah mich nur kalt an und deutete dann zur Tür. „Nimm dir Zeit, darüber nachzudenken, aber bedenke auch, dass diese Entscheidung endgültig ist. Entweder wir machen weiter wie vor diesem Sommer oder du bist für mich gestorben"

Ich schluckte den Kloss herunter, der sich gerade in meinem Hals bildete, doch ersparte es mir, nun an Jays Herz zu appellieren. Es war gebrochen, genauso wie er. Dieser verbitterte, verzweifelte Junge war nicht der Jay, den ich kannte und liebte. Die Geschehnisse, die wir den Leuten zu verdanken hatten, die behaupteten, unsere Freunde zu sein, hatten das aus ihm gemacht. Ich wusste, das war unverzeihlich, aber dennoch fiel mir diese Wahl nicht so leicht wie sie es sollte.

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