42. Luzifer: Verliebt

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„Ich werde dich sowas von fertigmachen, warte nur ab" Chester grinste mich an, sah dann auf das Schachbrett zwischen uns und machte seinen Zug. Wir spielten nun schon die dritte Partie, jede von ihnen hatte ich gewonnen, doch Chester schien das nur noch mehr dazu anzuspornen, weiterzuspielen, bis er gewann. Er war kein schlechter Verlierer, er wollte einfach nur gerne gewinnen.

Wir spielten noch ein wenig in Ruhe, bis wir nicht mehr länger alleine waren, da sich Michael an den Tisch setzte, während Briana sich in der Küche etwas zu Essen suchte.

„Sie hat hier geschlafen?", fragte Chester aus großen Augen.

Michael grinste mich ganz stolz an und ich konnte es einfach nicht fassen. Der Spießer konnte mir doch nicht weismachen, dass das sein erstes Mal gewesen war! Im Himmel rannten ihm die Engel doch nur so hinterher, um ein kleines Stückchen seiner Energie zu spüren!

„Scheint so", antwortete ich Chester etwas verspätet, ehe ich mich wieder unserem Spiel zuwandte. Briana setzte sich mit einem Glas Orangensaft und zwei mit Nutella bestrichenen Toasts zu uns, neben Michael, sodass sie sich leicht an ihn lehnen konnte.

Er legte breit lächelnd den Arm um sie und gab ihr einen Kuss auf den Kopf.

„Lu? Lu!" Chesters Hand winkte vor meinem Gesicht herum.

„Was?"

„Du bist dran" Er deutete mit einem Nicken auf das Schachbrett, ich machte irgendeinen Zug und sah zurück zu Michael, als er Brianas Haare sorgfältig nach hinten strich, damit sie ihr nicht auf den Teller fielen. Was zum Teufel tat er da?

„Michael" Mein Bruder sah mich an. „Wir sollten reden" Ich deutete mit einem Kopfnicken in Richtung Garten. Er wirkte etwas verwirrt, doch ging schon mal vor, während ich mich bei Chester entschuldigte.

Als ich im Garten bei Michael ankam, sah er mich verwirrt an, auch etwas besorgt. „Was ist los?"

Ich schüttelte ungläubig den Kopf. „Was machst du da mit dem Menschenmädchen? Sex, okay, kann ich verstehen, aber das?"

„Ich... Es stört sie doch nicht, sie mag das..."

„Natürlich mag sie es, umsorgt zu werden, aber ich frage mich, was du denkst, worauf das hinausläuft. Eine Beziehung?"

Michael wirkte so, als habe er sich bisher selbst nicht wirklich Gedanken darübergemacht. „Es ist... einfach so passiert und es war echt schön... Ich mag sie"

Ich seufzte tief durch und sah ihn flehend an. „Sag mir bitte, dass du wenigstens verhütet hast"

„Verhütet?" Michael erwiderte meinen Blick unsicher. „Ist das wichtig?"

„Oh Gott", murmelte ich ungläubig und sah in den Himmel. Hätte doch keiner auf die Idee kommen können, dass ich meinen großen Bruder erstmal aufklären musste! Woher hätte ich denn wissen können, dass er mit dem erstbesten Mädchen, das ihm über den Weg lief, ins Bett hüpfte und dabei vielleicht kleine Engelbabys produzierte?!

„Was hat Vater damit zu tun? Luzifer, du verwirrst mich!"

Ich atmete tief durch. Michael wusste es nicht besser, er konnte nichts dafür. Das war der einzige Grund, warum ich ihm nicht an den Kragen ging. „Er hat nichts damit zu tun. Ja, Verhüten ist wichtig. So vermeidest du Geschlechtskrankheiten oder eine ungewollte Schwangerschaft"

Michaels Augen wurden ganz groß, sein Mund öffnete sich leicht, doch er sagte nichts.

„Habt ihr schon besprochen wie es jetzt mit euch weitergehen soll? Seid ihr ein Paar?"

Michael wirkte überfordert. Er schüttelte schnell den Kopf. „Ich glaube nicht... Ich weiß es nicht"

„Dann finde es heraus. Und frage dich, ob du das wirklich riskieren willst..."

„Was riskieren?"

„Ihr Leben, Michael" Ich sah ihn ungläubig an. „Ich weiß zwar nicht, was genau mit dir los ist, aber wir beide stehen auf der Abschussliste des Himmels. Chester wurde bereits umgebracht. Was, wenn Briana das auch passiert? Kannst du jeden Moment bei ihr sein, um sie zu beschützen? Kannst du sie überhaupt beschützen? Denn so wie ich das sehe, bist du gerade machtlos..." Als ich bemerkte, wie sehr ihn meine Worte verletzten, seufzte ich und nahm den Nachdruck aus meiner Stimme. „Ich will nur nicht, dass du etwas tust, das du bereust."

Michael schluckte, er nickte und meinte: „Ich weiß... Danke" Schließlich ging er wieder ins Haus, doch ich blieb noch einen Moment draußen stehen und atmete durch. Es tat mir leid für Michael, das tat es wirklich, doch ich hatte diese Sorgen einfach nicht für mich behalten können. Briana war ein tolles Mädchen. Wir hatten sie durch das Training bereits in Angelegenheiten mit reingezogen, mit denen sie absolut nichts zu tun hatte. Michael wichtig zu sein, könnte ihr einst zum Verhängnis werden. Ich wollte meinem Bruder das Leid ersparen, das ich erfahren hatte.

„Hei, was ist denn los?" Chester trat zu mir heraus auf die Terrasse. Er legte seine Hand an meinen Oberarm und sah mich besorgt an.

Ich schüttelte den Kopf. „Es ist nichts..."

„Lüg mich bitte nicht an" Chester klang genauso flehend dabei wie auch verletzt.

Seufzend sah ihn zu ihm, trug eine unausgesprochene Entschuldigung im Blick. „Ich glaube, Michael hat sich verliebt"

„Aber das ist doch schön?" Er verstand das Problem dabei nicht. Wie sollte er auch?

„Nicht in unserer Situation"

Kurz war es still, ehe Chester sich näher an mich heran stellte und mich fragend ansah. „Bereust du es, mich zu lieben?" Es war schwer, seine Emotionen in diesem Moment zu deuten.

Ich schüttelte sofort den Kopf. „Dich zu lieben ist das schönste, was ich jemals erlebt habe..." Meine Hand legte sich an seine Wange, ich musterte sein Gesicht eingehend, so als kenne ich nicht jeden Millimeter davon bereits in- und auswendig und spürte dabei, wie sich mein Herz schmerzerfüllt zusammenzog. "...aber meine Liebe hat dich umgebracht."

„Und dennoch bin ich hier" Er lächelte leicht, griff nach meinen Hüften, um mich näher zu sich zu ziehen und mich zuversichtlich an. Ich fühlte mich geborgen in seiner Nähe, sicher, wenn er bei mir war, doch sowie er mich gerade ansah, ebenso geliebt.

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