Erschöpft tauchte ich wieder aus dem Traum aus. Meine Augen versuchten sich an das Licht in Magnus Wohnung zu gewöhnen und ich lies meine Extremitäten schlapp von der Couch herunterhängen. Ich war völlig ausgelaugt, weil ich den ganzen Tag, wenn auch mit Pausen, in meinem Albtraum verbracht hatte. Inzwischen war bereits die Sonne gänzlich vom Himmel verschwunden und hatte stattdessen Sternen und dem hell erleuchteten Mond Platz gemacht.
"Ich finde, dass wir jetzt auf den Fall aufhören sollten, Averie. Du bist völlig am Ende und solltest dich ausruhen, bevor wir weitermachen", erklärte Magnus und sah mich besorgt an.
"Ich würde es gerne noch einmal versuchen, bitte Magnus", bettelte ich, obwohl ich mir selbst bewusst war, wie hirnrissig diese Idee war. Ich wusste, dass mein Körper und mein Geist eine Pause brauchten, aber ich wollte keineswegs aufhören, bevor ich es geschafft hatte, meine Konzentration so zu fokussieren und auszutarieren, sodass ich sowohl alles der Gespräche als auch die Gedanken gleichzeitig wahrnehmen konnte.
"Nein, Averie. Du solltest jetzt die Augen schließen und dir eine richtige Pause gönnen. Morgen können wir genauso gut noch weiter daran arbeiten. Es läuft dir doch nicht weg", versuchte er mich weiter davon abzubringen.
"Ich weiß, Magnus, aber ich möchte möglichst schnell gut darin werden, damit ich den anderen helfen kann Valentin aufzuhalten", antwortete ich. Die Gewissheit, dass ich bei den letzten Mal so nutzlos und hilflos war, knabberte noch immer an mir.
"Hast du die Worte von Alexander noch immer nicht vergessen können? Ich bin mir sehr sicher, dass er sie nicht so gemeint hast", erklärte er erneut. In den Pausen hatten wir über einige Dinge gesprochen und dabei hatte ich auch leider erwähnt wie sehr es mich wurmte, dass ich trotz der ganzen Arbeit, die die vier in mich investiert hatten, ich trotzdem völlig überfordert gewesen war. In jeder Situtation, in der ich dieses Wissen hätte anwenden können.
"Er hat recht und deshalb kann ich es nicht vergessen. Magnus, du musst doch verstehen können, dass ich wenigstens in irgendetwas nützlich sein möchte. Alle anderen kämpfen für das Gute und ich kann immer nur daneben stehen und zugucken", erzählte ich ihm erneut die Hintergründe hinter meinen Gedanken.
"Aber das macht dich nicht aus, Averie. Es ist nicht was du kannst, das dich ausmacht, sondern wer du bist. Und du bist so ein herzensguter Mensch. Also ist es egal, dass du noch lernst und trainierst, es ist egal, dass du deine hohen Ziele noch nicht erreichst, weil du im Herzen immer die gleiche gute Seele bleibst, egal was du machst", sprach er, was mich irgendwie doch mehr berührte, als ich es gedacht hätte.
"Danke, Magnus", murmelte ich und lächelte ihn an.
"So, nun aber ab ins Bett, damit du mir nicht noch umkippst", rief er plötzlich voller Tatendrang aus und half mir hoch, bevor er mir half in mein Zimmer zu kommen. Mein Körper war einfach schon zu ausgelaugt, als das ich mich völlig ohne Hilfe dorthin hätte schleppen können.
Am nächsten Morgen machte ich durch einen lauten Streit auf. Verschlafen rieb ich mir über die Augen, als ich die beiden Stimmen ausmachen konnte, die sich lautstark und gereizt unterhielten.
"Tekin wo verdammt warst du in den Tagen, als sie verschwunden war? Du hättest mir bei der Suche helfen können", erklang Magnus und sofort horchte ich noch mehr auf.
"Ich sagte doch, dass ich zutun hatte. Es tut mir leid, dass du dir Sorgen gemacht hast, aber jetzt ist doch alles gut. Sie ist doch wohlauf bei dir", sprach Tekin, was mich etwas zusammenzucken lies.
"Ja, aber auch nur gerade so. Wärst du da gewesen, dann hätten wir sie vielleicht vorher finden können, bevor sie in einem solchen Zustand war"
"Du bist der beste Heiler, den ich kenne. Da hätte meine Anwesenheit gar nichts geändert", sagte er und es wurde kurz still, bevor er nun wesentlich ruhiger fortfuhr:
"Wie sieht es aus? Weiß sie schon, was ihre Gabe ist?"
"Keine Ahnung. Sie ist sehr gut geworden sich in dem Traum zu orientieren und ihre Konzentration so zu fokussieren, dass sie auf beide Ebenen zugreifen kann", erklärte Magnus nun auch leiser.
"Es ist doch unfassbar, dass sie die einzige Nachkommin ist von dieser Gabe und alle dachten, dass es keine Nachkommen mehr gibt. Konnte sie schon die dritte Stufe erreichen?", erkundigte er sich weiter. Ich war mir sicher, dass er ihn aushorchen würde. Mein Vertrauen Magnus gegenüber war inzwischen so stark geworden und auch gerade diese Unterhaltung verdeutlichte mir noch einmal, dass er in Tekins Plan nicht involviert war, weshalb ich dieses Gespräch sofort unterbrechen wollte, bevor er noch mehr Informationen von Magnus bekam. Obwohl ich selbst nicht genau wusste, wovon genau die beiden gerade sprachen.
Ich schlug die Decke beiseite, sprang auf und öffnete hektisch die Tür, damit ich Magnus davon abhalten konnte zu antworten. Er drehte sich mir überrascht zu und auch Tekins Blick konnte ich auf mir spüren, versuchte mich allerdings davon nicht so sehr ablenken zu lassen.
"Guten Morgen, Magnus. Ich brauche bitte dringend deine Hilfe", sagte ich, um ihn in das Zimmer lotsen zu können, bevor er noch weiter mit Tekin sprach.
"Ich komme sofort. Ich muss nur noch kurz mit Tekin sprechen", meinte er aufmunternd lächelnd und wollte sich schon wieder umdrehen zu Tekin, als ich sagte:
"Bitte mach das ein anderes Mal, Magnus. Ich brauche dich jetzt wirklich dringend. Es kann echt nicht warten"
Er schien mit sich zu ringen und ich versuchte ihn möglichst verzweifelt anzusehen, damit er meiner Bitte nachkam, auch wenn ich mich dabei etwas schlecht fühlte. Ich hatte nur Gutes im Sinn.
"Na gut", sagte er und drehte sich dann zu Tekin zu, "Tut mir leid, wir können ein anderes Mal das Thema noch einmal aufgreifen"
Er lief auf mich zu, während Tekin mich mit seinen Blicken erdolchte. Auch davon versuchte ich mich nicht aus der Ruhe zu bringen und lächelte Magnus stattdessen an. Mit einem letzten feurigen Blick verließ Tekin die Wohnung und entlockte mir dadurch ein erleichtertes Durchatmen.
"Alles gut bei dir?", fragte Magnus, der das offensichtlich mitbekommen hatte.
"Nein, leider nicht, Magnus. Ich muss mit dir sprechen und es tut mir wirklich leid, dass ich das nicht bereits früher getan hatte, aber ich war emotional noch zu mitgenommen von den letzten Tagen, die ich nicht im Institut verbringen konnte und ich hatte Probleme damit jemanden zu vertrauen. Dir zu vertrauen", sprach ich, während ich die Tür hinter ihm schloss und wir nun in dem Zimmer uns gegenüberstanden.
"Mir zu vertrauen?", fragte er leicht überrumpelt.
"Ja, ich, also..", ich hatte Probleme die Worte über meine Lippen zu bekommen. Zu tief noch saß der Schmerz des Verrats von Tekin und der Qual, die er mir unter Valentins Federführung angetan hatte. Ich mochte mir gar nicht vorstellen wie Magnus sich damit fühlen würde, wenn er mir denn glauben würde.
"Ist es so schlimm, Averie?", bohrte er vorsichtig, da er merkte wie sehr ich mit den Worten rang.
"Ich empfinde es als schlimm und ich sorge mich, dass es für dich nicht unbedingt besser wird", erklärte ich, bevor ich schließlich endlich sagte:
"Ich habe dir erzählt, dass sie mich durch ein Portal zu Valentin gebracht haben, aber das Schlimmste habe ich dir nicht erzählen können, weil ich zu viel Angst hatte. Es war nicht Valentin, der mich durch den Albtraum gequält hatte. Er brauchte dafür einen Zaubermeister oder eine Hexe", erklärte ich, während Magnus langsam mit dem Kopf nickte und mir damit zeigte, dass er es verstand.
"Dieser Hexenmeister war aber kein unbekanntes Gesicht für mich. Es war Tekin", schaffte ich es schließlich die Worte meinem Mund zu entlocken. Noch nie hatte es sich so schwierig angefühlt eine einfache Tatsache auszusprechen. Aber die Auswirkung dieser einfachen Tatsachen waren eben nicht so einfach und dessen war ich mir mehr als bewusst, weshalb mich Magnus Reaktion keinesfalls überraschte.
"Was?"
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Hunter
FanficAverie Clark ist eine 19-jährige Waise, die nach Brooklyn gezogen ist, um hier ihr Jurastudium zu absolvieren. Sie lebt für Gerechtigkeit und den Schutz für Opfer, da ihre Eltern in ihrem Kindesalter ermordet wurden. Jedoch wandelt sich ihr Leben sc...