"Hey, Averie. Wach auf", sprach eine sanfte Stimme auf mich ein und zog mich damit ruckartig aus meinem Schlaf. Er war nicht besonders erholsam gewesen, aber immerhin hatte sich das Gefühl, das meinen Körper gestern noch bestimmt hatte, inzwischen verflüchtigt.
"Guten Morgen", murmelte ich Izzy entgegen, die auf meinem Bett kniete und mich verwirrt lächelnd ansah.
"Morgen? Du hast gut reden. Es ist schon früher Nachmittag", erklärte sie lachend und stupste mich spielerisch an. Meine Augenbrauen zogen sich aus Verwunderung zusammen. Warum hatte ich denn so lange geschlafen? Hatte mich das Training gestern so kaputt gemacht?
"Mach doch nicht so ein Gesicht. Komm, es gibt gleich Mittagessen", erzählte sie und robbte zum Rand meines Bettes.
"Mittagessen? Ich dachte es sei schon Nachmittag", wies ich sie lachend auf eine weitere verwirrende Tatsache hin.
"Es scheint wohl so, als wäre noch jemand nicht aus dem Bett gekommen. Aber es ist auch erst kurz nach 14 Uhr, also kein Ding. Aber wir sollten uns beeilen, damit wir noch etwas abbekommen. Das, was heute auf dem Speiseplan steht, ist durchaus sehr begehrt"
Ich atmete einmal tief durch, bevor ich mich aus dem Bett hievte, mich umzog und fertig machte, sodass ich nicht vorzeitig alle durch meinen Anblick verscheuchen würde. Dann ging ich auf Izzy zu, die hinter meiner Zimmertür auf mich gewartet hatte.
"Gab es gestern etwas wichtiges zu besprechen bei euch? Hodge sagte, dass eure Mutter mit euch gesprochen hat", erkundigte ich mich, während wir uns durch die Gänge aufmachten zum Speisesaal.
"Kommt drauf an, was du als wichtig bezeichnest, aber ich empfand dieses Gespräch als völlig nutzlos. Sie wollte wieder ihre kleinen Schachzüge durchbringen. Aber inzwischen sind wir eben keine sieben mehr und erkennen, worauf sie abziehlt und stellen uns auch dagegen, wenn wir eben das nicht wollen. Da kann sie uns auch nicht mehr zu nötigen", erklärte sie doch recht vage, sodass meine Neugier um kein bisschen gestillt wurde. Aber ein erneutes Fragen wäre nun doch etwas zu aufdringlich, weshalb ich es vorerst auf sich beruhen lies.
"Und du? Ich hab gehört, dass du gestern dich ziemlich am Boxsack ausgepowert hast", sprach sie schließlich in die Stille hinein, während wir gerade um die Ecke in den Speisesaal einbogen. Der Geruch von Curry stieg mir sofort in die Nase und überwältigte mich fast. Aber Izzy hatte scheinbar recht behalten. So voll wie in diesem Moment hatte ich den Speisesaal noch nie gesehen.
"Ja möglich. Du, was gibt es denn?", erkundigte ich mich bei ihr. Offensichtlich hatte sich ein unfassbares Hungergefühl in mir angeschlichen oder ich war vom Geruch einfach so betört, dass ich das Essen einfach probieren wollte.
"Das beste Curry- Mango Hähnchen mit Reis, das du jemals essen wirst", erzählte sie, wobei ich die Vorfreude in ihren Augen aufblitzen sah. Dann wies sie mich an, ihr zu folgen, was ich auch prompt tat.
Nachdem wir beide uns eine Portion abgestaubt hatten, begaben wir uns zu dem Tisch, an dem bereits Jace, Clary, Elyssia und Alec saßen. Wir ließen uns bei ihnen nieder und verschwammen somit in der Masse an Shadowhuntern, die alle sich unfassbar auf das Essen zu konzentrieren schienen, da es verhältnismäßig still war. Ganz im Gegensatz zu der sonstigen Belebheit, die hier vorherrschte.
"Warum hast du denn so lange geschlafen? Geht es dir nicht gut?", erklang plötzlich Alecs gedämpfte Stimme vor mir, sodass ich ihn ansah. Er saß mir gegenüber neben Elyssia und trug einen Ausdruck im Gesicht, den ich fast vorschnell als besorgt eingeordnet hätte. Aber da sollte ich mir vielleicht nicht so sicher sein.
"Sie hat gestern ganz schön rücksichtslos auf den Boxsack eingeschlagen. Natürlich ist sie danach müde", meldete sich Alyssia zu Wort und lächelte freundlich. Ich konnte mich noch immer nicht festlegen, was ich von ihr halten sollte.
"Warst du gestern noch im Keller?", fragte er und schien gar nicht wirklich auf Elyssias Bemerkung einzugehen, was mich etwas verwunderte. Meinte sie nicht, dass sie seit Ewigkeiten die besten Freunde wären? War dieses Verhalten eine natürliche Gegebenheit zwischen ihnen?
Ich nickte lediglich und hoffte, dass er nicht weiter darauf einging, da ich selber noch keine Gelegenheit gehabt hatte über die Erkenntnisse von gestern nachzudenken. Alexander hatte gesagt, dass es begonnen habe. Hieß das, dass Valentin seinen Plan begonnen hatte? Aber woher sollte er das wissen, wenn er doch hier drinnen saß? Hatte ihm der andere Shadowhunter etwas erzählt oder gab es einen festen Zeitpunkt, den alle kannten?
"Averie, bist du sicher, dass es dir gut geht?", erklang Alecs Stimme, die nun ganz offensichtlich besorgt klang. Ich warf einen Blick auf meine Hände und merkte, dass weder sie noch meine Wangen etwas unnormales vorzuweisen hatten.
"Alec, so fürsorglich bist du aber selten", scherzte Elyssia und stieß ihm in die Seite. Er wandte allerdings seinen Blick nicht von mir ab, bevor ich nicht lächelnd nickte und dann meinen Kopf wieder senkte, um mich meinem Essen zu widmen, was unfassbar lecker schmeckte. Izzy hatte wahrlich nicht übertrieben.
Die restliche Zeit war es recht still an unserem Tisch. Jeder schien seinen Gedanken nachzuhängen oder jediglich das gute Essen zu genießen. Was es auch immer es war, so schätze ich genau jetzt die Stille wie einen guten Freund, der einem Raum gab, wenn man ihn brauchte. Und gerade hatte sich mein Gehirn an diesen Fragen festgekrallt wie eine alte Schallplatte, die sich aufgehängt hatte.
"Könnt ihr uns jetzt eigentlich endlich sagen, was eure Ergebnisse sind?", brummte Alec plötzlich, was nicht nur meinen Blick, sondern auch den der anderen auf ihn wandern lies.
"Nicht so richtig. Wenn wir mehr wüssten, wäre es vielleicht einfacher, aber mit den Infos können wir noch nicht so richtig etwas anfangen", erklärte Clary und sah abgekämpft und bedauernd aus.
"Ich hab gestern mit Alexander gesprochen und er sagte, dass es begonnen hat", brachte ich sie deshalb auf den neusten Stand.
"Was hat begonnen?", wollte Jace wissen und schien über diese Aussage genauso verwirrt zu sein wie ich. Hoffentlich würden die anderen dafür den Durchblick haben.
"Ich weiß es nicht. Es hat auf jeden Fall etwas mit Valentin zu tun, aber da wir nicht einmal seinen Plan kennen, können wir auch nicht herausfinden, ob er wirklich angefangen hat", begann ich meine Erklärung, die scheinbar wieder alle voll und ganz auf den Plan rief.
"Kannst du nicht sehen, ob es die Wahrheit ist oder nicht?", brachte Alec leicht verwirrt ein.
"Ja, aber eben nur, ob er es für eine Wahrheit hält oder nicht. Alles darüber hinaus kann ich nicht genau ablesen. Dafür müsste ich in die Zeit zurückreisen und selbst beim Gespräch dabei sein, damit ich dem anderen in die Gedanken blicken kann. Und soweit ich weiß, gehört Zeitreißen nun wahrlich nicht zu den Fähigkeiten, mit denen ich mich bekleiden kann"
"Wer weiß", spaßte Jace, aber ich schüttelte bloß überzeugt mit dem Kopf. Ich mochte keine Ahnung von dieser Welt haben, aber soweit ich mich mit mir selbst auskannte, würde das doch wirklich jegliches Maß sprengen.
"Ok, also was machen wir?", dachte Alec wieder strategisch voraus.
"Den anderen Shadowhunter grillen und gucken, was der uns so für interessante Informationen liefern kann?", schlug Izzy schulterzuckend vor.
"Magnus um Hilfe bitten?", streute Clary ein, während Elyssia nur etwas überfordert neben uns saß und dem Gespräch folgte. Aber wir hatten vielleicht keine Zeit, um uns jetzt um sie zu kümmern.
"Was ist, wenn wir Valentin eine Falle stellen", brachte ich schließlich hervor, was Elyssia scheinbar sofort auf den Plan geholt hatte:
"Klar, aber wie?"
Wir alle sahen sie verwundert von ihrer plötzlichen Teilnahme an.
"Vielleicht solltest du besser erst einmal wieder nach Boston zurück reisen, Lys. Wir wissen nicht mal im Ansatz, was auf uns zukommen wird", sprach Izzy auf sie ein, aber sie lächelte diese bloß an und sagte:
"Also noch einmal, wie wollen wir ihn anlocken? Was ist der Plan?"
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Hunter
FanfictionAverie Clark ist eine 19-jährige Waise, die nach Brooklyn gezogen ist, um hier ihr Jurastudium zu absolvieren. Sie lebt für Gerechtigkeit und den Schutz für Opfer, da ihre Eltern in ihrem Kindesalter ermordet wurden. Jedoch wandelt sich ihr Leben sc...