(16) Kein Ausweg

794 25 0
                                    

Ich spürte wie sich eine Hand erbarmungslos um meinen Hals schlang und zudrückte. Zwei weitere sicherten meine Arme ab, damit ich mich nicht losreißen und kämpfen konnte. In mir war alles auf Alarm gestellt. Ich begann meinen Mund zu öffnen, aber sofort wurde auch dieser mir zugehalten. Wie viele waren denn gerade nur hier?

Ich versuchte mich an die Stunden mit Jace, Izzy und Alec zu erinnern, während meine Lunge bereits nach Luft schrie. Ich hatte die ganze Zeit bloß krampfhaft versucht mich loszureißen, was ebenso ineffektiv wie anstrengend war, wobei mein Körper sowieso nicht so viel Energie aufbringen konnte.

"Du musst deine Beine mehr benutzen. Sie sind eine ebenso wichtige Waffe wie deine Arme", kam mir ein Satz von Alec wieder in den Sinn. Sofort hob ich einen Fuß und schlug nach hinten aus, wo ich einen Angreifer vermutete. Ich traf und noch bevor ich es richtig realisiert hatte, hatte sich der Druck um meinen Hals bereits gelockert. Das spornte mich nur noch mehr an, während ich die Stimmen der Männer wahrnahm:

"Alter, die Kleine hat mich getreten"

"Jetzt nimm sie dir. Hier, öffne endlich das Portal, damit wir sie hier wegbekommen, bevor noch irgendeiner dieser Holzköpfe merkt, dass wir hier sind"

Schwungvoll hob ich erneut mein Bein und trat nach vorne und erwischte wieder einen von ihnen, wodurch ich auch gleich durch einen Schlag in den Magen und einen ins Gesicht bestraft wurde. Es musste trotzdem weitergehen. Der Nachteil, das ich nichts sehen konnte, war ebenso ihr Nachteil. Sie mochten in der Überzahl und ein eingespieltes Team sein, aber ich hatte noch längst nicht aufgegeben.

Wieder trat ich nach ihnen, traf dieses mal allerdings nur die Luft und drohte dabei das Gleichgewicht zu verlieren, aber die Männer hielten mich weiterhin fest, während nun ein Portal geöffnet wurde. Sofort wurde mir klar, dass ich mich nun endgültig freikämpfen musste. Ich durfte nicht durch dieses Portal gebracht werden. Niemals dürfte mir das passieren. 

Alec hatte mir in der einen Nacht, als wir den Angreifern vor dem Institut entkommen waren, einen Überblick über die magische Welt gegeben, in dem er mir von Portalen berichtet hatte. Die großen Vorteile, die sie mit sich brachten, aber auch die Gefahren, dass man nicht kontrollieren konnte wohin es ging, wenn man das Portal nicht selbst erschaffte. Und man dadurch an jeden belieben Ort gelangen könnte ohne einen Weg zurück finden zu können.

Deshalb trat ich nun um mich und nutzte jegliche zurückgebliebene Energie um mich endlich von ihnen zu lösen. Alles in mir bäumte sich auf, ich konnte mich behaupten, wenn auch nur für einen Augenblick, bevor mich eine Faust im Gesicht traf und einen unfassbaren Schmerz erzeugte, der mich kurz benommen zurückließ. Diesen Moment nutzten sie und zerrten mich durch das Portal hindurch. 

Auf der anderen Seite angekommen nahm ich vieles nur noch nebenbei auf. Ich hatte diesen Kampf verloren. Ich wusste weder wo ich war noch wie ich wieder von hier wegkommen konnte. Sie zogen mich durch mehrere Gänge, bis wir schließlich vor einem Zimmer halt machten. Die Kreismitglieder schlossen die Tür auf, brachten mich rein und verschwanden dann wieder.

 Schnell begann ich es zu durchsuchen. Ich brauchte eine Waffe, einen Stab oder irgendetwas ähnliches. Etwas womit ich mich verteidigen könnte wenn es dazu kommen würde. Mein Körper war inzwischen völlig am Ende und ich hatte immer wieder Sorge, dass ich im nächsten Moment Bekanntschaft mit dem Boden machen müsste und ich verstand nicht, warum meine super Heilkraft mich so im Stich lies.

Ich vernahm das Geräusch der sich öffnenden Tür und drehte mich schlagartig dahin um. Valentin stand vor mir. Seine faltigen Gesichtszüge und sein verwaschener Sweater ließen ihn mitgenommen wirken, aber sein überlegenes Lächeln überstrahlte das. 

"Endlich können wir uns mal persönlich kennenlernen, Averie. Ich habe mich schon lange auf unser Zusammentreffen gefreut und nun ist es soweit. Ich bin schon gespannt was du mir alles erzählen und zeigen kannst. Du musst wissen, dass deine Mutter eine ebenso beeindruckende Gabe hatte wie du und dass sich ihr Wiedersetzen mir gegenüber ihnen das Leben gekostet hat, also kooperiere lieber mit mir", meinte er siegessicher grinsend. Da freute er sich zu früh. Denn selbst wenn ich diese Gabe haben sollte, wovon sich bis zu diesem Moment kein noch so winziges Anzeichen gezeigt hat, dann würde ich sie ganz sicher nicht dafür nutzen Valentin noch weiter zu helfen. Die anderen hatten mir alles über seine Machenschaften erzählt.

"Ich besitze diese Gabe leider nicht, tut mir leid. Da habt ihr euch leider die Falsche ausgesucht um eure Pläne umzusetzen", meinte ich und sah ihn mitfühlend an.

"Das glaube ich nicht, aber wenn du die "Freischaltungsphase" gut überstehst, dann können wir uns dessen bewusst sein", erklärte er und schritt etwas näher auf mich zu.

"Freischaltungsphase", versuchte ich cool und uninteressiert zu klingen, aber versagte vollends. Was für eine Freischaltungsphase? Warum hatte mir niemand davon erzählt?

"Ja, du wirst die "Freischaltungsphase" durchlaufen, damit wir deine Kräfte nutzen können. Deine Mutter hat es damals übrigens auch schon so gemacht, also solltest du dir keine Sorgen machen. Wir werden dich schon nicht damit überlasten"

"Woraus soll denn meine ach so tolle Kraft bestehen? Wenn du so ein Aufwand betreibst, muss es ja was mächtig geiles sein", spuckte ich ihm sarkastisch entgegen. Langsam mischte sich zur allgemeinen Beunruhigung in mir nämlich auch etwas Panik und Angst. Mit was würden sie mich nicht überlasten?

"Du weißt es nicht? Deine Mutter war schon ziemlich nutzlos, dass sie dir nicht einmal von dieser mächtigen Gabe erzählt hat. Aber darum geht es jetzt nicht. Kommt, nehmt sie mit. Es wird Zeit für Phase 1", erklärte er und sofort wurde ich beidseitig gepackt und mitgerissen. Valentin ging vor und führte uns wieder durch unzählige Gänge, bevor er schließlich vor einer Tür stehen blieb. Sie hatte eigenartige Schriftzeichen eingraviert und wurde schließlich geöffnet. Dahinter war ein Raum mit einer Liege, an deren Seiten jeweils eine Halterung mit Fesseln waren. Hinter der Liege befanden sich eigenartige Maschinen, die mir teilweise durch kurzzeitige Krankenhausaufenthalte bekannt waren, aber auch teilweise unnormal und angsteinflößend aussahen. 

Die Männer schleppten mich zur Liege und drückten mich runter, sodass meine Arme und auch meine Bein festgebunden werden konnten. Mein Herz raste inzwischen vor Angst. Ich war ihnen ausgeliefert. Ich konnte mich nicht wehren. Ich blickte ruckartig um mich, als ich Valentin mit einer Spritze in der Hand sah. 

"Ich habe die Ehre für den ersten Stich. Viel Glück und streng dich ordentlich an. Wir wollen doch alle, das es schnell vorbei ist", meinte er, bevor er mir die Spritze in der linken Armbeuge ansetzen wollte. Ich zog mich zusammen, aber konnte dem nicht aus dem Weg gehen. Ich spürte den Stich an sich kaum, aber sobald das Mittel meinen Körper durchflutete, brannte es überall. Ich kniff meine Augen zusammen und atmete schnell, um das Brennen und die damit verbundenen Schmerzen auszublenden. Dann schon verlor ich das Bewusstsein und fand mich bald darauf in einer Parallelwelt wieder wie ich sie schon hunderte Male entdeckt hatte. Es war mein unumgänglicher Traum, der nie ein Ende fand und stets zurückkehrte. 

Aber der konnte doch wohl kaum das Ziel der Reise sein, oder? Wie sollte ich denn diese Situation in der Weise nutzen, dass es diese Kräfte freilegen sollte, bei denen er sich so sicher war, dass ich sie besaß? 

HunterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt