Am nächsten Morgen frühstückten Magnus und ich in aller Ruhe zusammen, bevor wir uns wieder ans Training machten. Ich fühlte mich inzwischen viel besser und freute mich sogar ein wenig darauf weiter an meinem Albtraum arbeiten zu können, obwohl sich der Gedanke an diesen noch immer eigenartig anfühlte.
"Hast du noch irgendetwas im Kopf, dass dich davon abhalten könnte, dich in den Traum fallen zu lassen?", fragte Magnus vorsichtig und sah mich dabei mit einer leicht besorgten Miene an.
"Ich weiß es nicht", gestand ich ehrlich, während ich mich leicht nervös umsah.
"Deine ersten Erfahrungen, die du in diesem Thema machen musstest, waren vermutlich nicht sonderlich schön und die Spannung, die sich deshalb diesbezüglich aufgebaut hat, kann dich davon abhalten voran zu kommen", erklärte er und sagte dann: "Vielleicht hilft es dir, wenn du die Erlebnisse aussprichst und sie dann besser verdauen kannst"
"Aber solange ich sie nicht ausgesprochen habe, kann ich mir noch vormachen, dass sie gar nicht passiert sind. Wenn ich sie allerdings ausspreche, dann werden sie zu einem Teil meiner Realität", erklärte ich meine Emotionen und die Art wie ich in den letzten Stunden, seitdem ich im Institut erwacht war, mit den ganzen Erlebnissen umgegangen war.
"Sie sind bereits ein Teil deiner Realität. Du musst sie nur noch als diese annehmen. Du kannst ja mit etwas einfachem anfangen. Was meinst du?", sprach er behutsam auf mich ein, was ich wirklich zu schätzen wusste. Ich schluckte, atmete tief einmal durch, bevor ich sagte:
"Sie haben mich durch ein Portal gezerrt, um mich zu ihm, zu Valentin zu bringen"
"Sehr gut, Averie. Möchtest du noch etwas sagen?", erkundigte er sich, allerdings schüttelte ich nur den Kopf und bedankte mich für seine fürsorgliche Art.
"Ok. Bist du bereit? Wir machen erst einmal nur vier Zyklen und dann gucken wir wie du dich fühlst, ok?", schlug Magnus vor und ich nickte ihm zustimmend zu, bevor ich mich auf die Couch hinlegte, meine Augen schloss und dann bereits spürte wie er mich in den Traum beförderte.
Meine Augen wanderten umher und ich blickte mich möglichst vollständig in meinem Albtraum um, bis ich die Shadowhunter ankommen sah. Langsam bewegte ich mich in eine Position, in der ich zwischen die Partein hüpfen konnte, sobald sie sich angriffen. Allerdings schien diese Taktik keinerlei Einfluss auf das Geschehen haben zu können, da mein anwesenden Körper nicht mal ansatzweise materialisiert war. Hoffnungslos musste ich mit ansehen wie das gleiche Ergebnisse wie immer eintrat und sich mein Einfluss auf das Geschehen auf null belief.
In der zweiten Runde versuchte ich es mit Worten. Bevor die Shadowhunter kamen, versuchte ich mit den Unterweltlern zu sprechen, aber meine Stimme erreichte sie nicht. Die Worte, die ich sprechen wollte, verließen kaum meinen Mund, weshalb auch dieser Ansatz ein hoffnungsloses Ergebnis nach sich zog.
Beim folgenden Mal versuchte ich es durch Ablenkung. Ich versuchte irgendwie die Aufmerksamkeit der Unterweltler und die der Shadowhunter auf mich zu ziehen, damit sie nicht wieder in den Konflikt gerieten. Wild sprang ich herum oder versuchte neben optischer Ablenkung auch die auditive hinzu zu nehmen. Allerdings war auch dieser Versuch nicht von Erfolg gekrönt, weshalb ich etwas an Motivation und vor allem Freude einbußen musste. Ich hatte gedacht, dass meine neue Einstellung reichen würde, um endlich einem Ziel, das ich nicht kannte, näher zu kommen. Aber damit hatte ich mich scheinbar geirrt.
Ein letzten Versuch hatte ich noch, bevor ich wieder zurückgeholt wurde und Magnus mit mir hoffentlich besprechen würde, was ich tun konnte. Also fokussierte ich mich nun vollständig ich den einen Shadowhunter, dessen Miene bereits angespannt war.
"Warum bist du so angespannt? Was ist passiert?", fragte ich mich selbst, um etwas Ordnung in dieses Wirrwarr zu bringen.
Meine Augen fokussierten sich auf die seinen, als ich nun hörte wie er sagte:
Ihr habt sie umgebracht. Ihr habt Ellaine umgebracht
Verwirrt strauchelte ich einen Schritt zurück und überlegte, ob ich das gerade wirklich gesehen hatte. Die Worte, die ich gehört hatte, waren nicht aus seinem Mund gekommen. Er hatte diesen gar nicht bewegt. War er in der Lage zu sprechen ohne den Mund dafür bewegen zu müssen? War mir das nur nie zuvor aufgefallen?
Meine Verwirrung breitete sich nur weiter aus und ich schaffte es nicht mehr wieder mich derartig konzentrieren zu können, dass mir eine weitere solche Sache ins Auge gestochen wäre. Oder vielleicht war es auch bloß das eine Mal vorgekommen oder ich hatte es mir wahrlich nur eingebildet.
Als Magnus mich wieder zurückholte, reichte er mir ein Glas Wasser, das ich gierig meinen Hals herunterlaufen lies. Die Verwirrung und Anstrengung hatte mich unfassbar durstig gemacht.
"Und wie lief es?", fragte Magnus und sah mich interessiert mit ruhigen Augen an. Seine Miene war aufmunternd und es war kein Vergleich zu den Zeiten bei Valentin. Magnus meinte es gut mit mir, da war ich mir inzwischen relativ sicher.
"Entweder bin ich zu müde, um ordentlich aufpassen zu können oder ich habe gerade etwas erlebt, dass ich mir nicht erklären kann", gestand ich und stellte dabei das leere Glas Wasser auf den Tisch ab.
"Was genau war das?", forschte er weiter.
"Einer der Shadowhunter hat anscheinend versteckte Bauchrednerkünste. Ich habe ihn reden gehört, obwohl er seinen Mund nicht bewegt hat. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich es mir nicht vielleicht nur eingebildet habe", erklärte ich, was eine sofortige Auswirkung auf seine Miene hatte. Sie schien sich zu erhellen, bevor sie sich wieder der vorherigen annäherte und er sagte:
"Forsche an dieser Stelle weiter. Versuche dich wieder auf ihn zu konzentrieren, so wie du es eben bereits getan hast und versuche dich auf seine Stimme zu konzentrieren", gab er mir einen Ratschlag, bevor er sich erkundigte, ob ich bereit für eine weitere Runde sei. Ich nickte und versuchte seine Worte sofort umzusetzen, als ich wieder zurück in meinem Albtraum war.
Meine Augen wanderten über die Szene und sobald ich den Shadowhunter erblickte, bewegte ich mich auf ihn zu und konzentrierte mich auf ihn. Meine Augen fokussierten die seinen und erneut erklang dieser Satz.
Ihr habt sie umgebracht. Ihr habt Ellaine umgebracht
Dieses Mal behielt ich allerdings so gut es ging meinen Fokus und wartete darauf, dass er erneut sprach. Alles andere versuchte ich auszublenden und mich voll und ganz auf ihn zu konzentrieren, weshalb ich die restliche Unterhaltung gänzlich nicht aufnahm. Da ich sie allerdings schon hunderte Male gehört hatte, bezweifelte ich, dass der Verlust an Informationen in diesem Bereich gering sein würde.
Wie könnt ihr so dreist lügen. Ich habe es genau gesehen. Ich habe euch gesehen
Erklang seine Stimme erneut und ebenfalls nicht aus seinem Mund. Er hatte noch nichts gesagt, lediglich der zweite Shadowhunter hatte seinen Mund geöffnet. Als er schließlich auch seinen Mund öffnete und Worte diesen verließen, nahm ich diese wie die restlichen kaum war, obwohl ich doch auf ihn fokussiert war. Bedeutete das, dass ich mich in seinem Kopf befand und seine Gedanken hörte? Oder gab es eine nicht ganz so verrückte Erklärung für all das hier?
Ihr werdet dafür bezahlen, ihr Schweine. So leicht kommt ihr nicht davon
sagte er noch, bevor die Gewalt so richtig begann.
In einer zweiten und dritten Runde behielt ich meinen Fokus bei und erlebte zwei mal nacheinander erneut die gleich Worte, die seinen Mund verließen, weshalb ich inzwischen davon überzeugt war, dass ich es mir nicht eingebildet hatte. Die Frage blieb allerdings, was das zu bedeuten hatte.
Ich erzählte Magnus von meinen Beobachtungen und er schien damit zufrieden zu sein und bat mich nun meinen Fokus auf jemand anderen zu legen und genau das versuchte ich auch in meinen nächsten Durchgängen umzusetzen. Noch war ich etwas zurückhaltend und vorsichtig bei meinen Beobachtungen, aber ich war mir sicher, dass ich nun auf einem guten Weg war. Magnus hatte mir geholfen den Anfang des ganzen Wirrwarrs zu entknoten und nun schien sich Stückchen für Stückchen der Weg frei zu legen. Dennoch blieben einige Fragen hartnäckig in meinem Kopf. Vorallem, was genau das alles zu bedeuten hatte.
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Hunter
FanfictionAverie Clark ist eine 19-jährige Waise, die nach Brooklyn gezogen ist, um hier ihr Jurastudium zu absolvieren. Sie lebt für Gerechtigkeit und den Schutz für Opfer, da ihre Eltern in ihrem Kindesalter ermordet wurden. Jedoch wandelt sich ihr Leben sc...