Ich war tatsächlich etwas eingeschlafen, wobei mich zum Glück dieses mal der Traum nicht nochmal heimsuchte. Es war, als ob er es seit meinem 18. Geburtstag getan hatte, um mich auf die Suche nach dieser Gabe zu schicken und da ich nun diesen Weg beschritt, ob nun freiwillig oder nicht, schien es diesen Trieb gestillt zu haben.
"Dann starten wir jetzt wieder", erklang plötzlich Tekins Stimme, sodass ich schlagartig wieder wach war und nur noch spürte wie mir wieder dieses grässliche Zeug injiziert wurde. Es brannte sich durch meinen Körper und ich spannte meine Muskeln an, um die Schmerzen irgendwie lindern oder ausgleichen zu können. Sie waren zu stark, als dass ich sie mehrmals am Tag ertragen konnte. Doch dann wurde ich schon wieder zurück in meinen Traum geschickt.
Dieses Mal achtete ich allerdings viel genauer auf meine Umgebung und ich versuchte einen Anhaltspunkt zu finden, an dem ich mich langhangeln konnte, damit ich ihn möglichst schnell wieder verlassen konnte. Keine Worte konnten es wirklich beschreiben, aber es entwickelte sich eine Beziehung zwischen mir und den Personen im Traum, die allesamt so vielschichtig schienen, sodass ihre Interaktionen und Konversationen schwierig zu verstehen waren. Allerdings konnte ich nun endlich etwas den Nebel vor den Gesichtern loswerden, sodass ich erkennen konnte, dass es alles Wesen der Unterwelt waren.
Auf jedem Trip durch diesen Traum versuchte ich mich mehr und mehr auf kleine aber eventuell entscheidende Details zu konzentrieren. Irgendetwas musste es ja anscheinend geben, dass mir helfen konnte, meine "Gabe" zu verstehen und aus diesem ewigen Kreislauf auszubrechen.
Wie zuvor bereits kostete das allerdings unmengen an Kraft, sodass ich mich versuchte schließlich aus den Träumen herauszuwinden. Ich wollte raus. Ich hatte den selben Traum nun bereits hunderte Male gesehen und durchlebt. Ich brauchte eine kleine Pause, um die ganzen Informationen, die ich auf meinen Reisen gesammelt hatte, auch zu verarbeiten. Ansonsten konnte meine Arbeit ja genauso gut umsonst gewesen sein.
Nach einigen weiteren Runden holte mich Tekin wieder aus dem Zyklus dieses Traumes heraus. Mein ganzer Körper zitterte und ich hatte das Gefühl, dass ich gleich das Bewusstsein verlieren würde. Die Suche in den Träumen war sehr viel anstrengender als es für alle anderen vermutlich aussah. Ich war auf einem guten Weg, das wusste ich, aber ich war dennoch definitiv noch weit von dem angestrebten Ziel entfernt.
"Sie braucht wirklich eine Pause. Warum machen wir nicht morgen weiter?", erklang Tekins Stimme in der Ferne.
"Eine Pause? Es sind kaum wenige Stunden vergangen. Ich möchte sie so schnell es möglich ist bereit haben für ihre Aufgabe", vernahm ich Valentins Stimme, die ordentlich gereizt klang.
"Ohne Pausen wird sie es nie ins Ziel schaffen. Ihre Gabe ist zu mächtig, um sie wegen Ihrer Ungeduld zu verspielen", konterte Tekin und schien Valentin damit überzeugt zu haben.
"Na schön. Aber vergiss nicht, dass wir sofort wieder beginnen, sobald die Sonne wieder zu sehen ist", stellte er die Bedingungen auf und Tekin schien zuzustimmen, sodass sie mich wieder in mein Zimmer zurückbrachten.
Schlapp lies ich mich einfach nur aufs Bett fallen und sank sofort in einen traumlosen Schlaf, der allerdings endlich einmal recht erholsam war.
Clarys p.o.v.
Es war inzwischen zwei Uhr nachts und wir waren mit der Durchsuchung des Instituts fertig. Ich hatte noch immer die Hoffnung gehabt, dass sie bloß bereits schlafen gegangen war, allerdings wurde diese Hoffnung rapide gedämpft, als wir sie auch nach mehreren Stunden des Suchens weder in ihrem Zimmer, noch in irgendwelchen anderen Zimmern fanden. Unsere letzte Option war Magnus, den wir sofort kontaktierten. Aber auch er hatte sie nicht gesehen, versprach allerdings uns sofort einen Besuch abzustatten.
"Was ist denn genau passiert?", fragte er gleich, sobald er das Gebäude betreten hatte. Wir nahmen ihn in Empfang und Izzy erzählte ihm die ganze Geschichte.
"Oh nein. Ich habe eine alte Schrift gefunden, in der eine Gabe beschrieben wird, die überaus mächtig ist. Die Gabe soll angeblich bloß in der weiblichen Linie einer Familie weitergegeben werden. Und meinen Kontakten nach könnte Averie die Erbin der Gabe sein", begann Magnus zu erzählen.
"Was für eine Gabe?", erkundigte sich Jace sofort.
"Eine Gabe, die dafür gedacht war Unterweltler zu "heilen", wenn diese Verbrechen begingen und Shadowhunter gleichzeitig kontrollierbarer zu machen. In den ursprünglichen Zeiten lebten die Besitzer der Gabe in Alacante, um dort den Rat zu unterstützen, allerdings soll es einer Legende nach einen Brand gegeben haben, der die Familie vernichtet haben soll. Deshalb konnte ich auch zuvor nichts über sie finden, weil es keine Aufzeichnungen mehr von ihnen gab", erzählte Magnus weiter.
"Und woher weißt du es dann jetzt?", fragte Izzy.
"Ein guter Freund von mir, der noch weitaus mehr Jahre auf dem Buckel hat als ich, besitzt die letzte noch existierende Aufzeichnung von der Familie. Sie haben es damals vor dem Brand geschafft zu fliehen und sollen diese eine Aufzeichnung mitgenommen haben, bevor alles andere in Flammen aufging. Danach haben sie ihm die Aufzeichnungen zum Schutz überlassen und sind selbst untergetaucht. Tekins Vater, der sie besitzt, hatte mich darüber informiert, nachdem er von anderen Hexenmeistern erfahren hat, dass ich danach suche"
"Und was genau können sie nun? Es muss ja verdammt mächtig sein, wenn sie in Alacante dafür lebten"
"Ja, soweit die Aufzeichnungen es hergeben, konnten sie die Gedanken lesen. Dadurch wurde das höchste Gut der Lebewesen, ihre Gedanken, plötzlich zu einem Gut, was man besitzen konnte. Aber wie gesagt, es kann auch sein, dass Averie nicht zu ihnen gehört. Aber eine andere Möglichkeit weiß ich nicht, die Valentins großes Interesse an ihr erklären würde"
Averie konnte also die Gedanken lesen. Das war allerdings mächtig und konnte zu einer bisher unvergleichbaren Waffe werden.
"Wie kann es sein, dass sie davon nichts wusste? Müsste sie nicht merken, wenn sie die Gedanken anderer Menschen lesen kann?", fragte Alec konzentriert auf einen Bildschirm blickend. Er hatte sich unfassbar in die Suche nach Averie gekniet und sah schon seit Stunden sich das Videomaterial der gesammten Stadt an, um Anhaltspunkte zu erlangen, wo sie sein könnte.
"Soweit ich es in Erfahrung bringen konnte, muss diese Gabe erst "freigeschaltet" werden. Sie sei bereits seit der Geburt in den Genen bestimmt, allerdings könne die Umsetzung erst ab einem bestimmten Alter und einer "Freischaltung" möglich gemacht werden", erklärte Magnus uns den Sachzusammenhang etwas mehr.
"Was für eine "Freischaltung"? Was muss dafür gemacht werden?", erklang erneut Alecs Stimme, die nun noch kälter klang, wobei sein Blick noch immer auf dem Bildschirm lag.
"Ich weiß es nicht genau. Es scheint wohl nicht überliefert zu sein. Allerdings meinte Tekins Vater, dass es eine lange Prozedur sein kann, bei der sich der "Freischalter" konzentrieren und fallen lassen muss. Es gäbe wohl nur einen schmalen Grad zwischen dem, was notwendig ist und dem was zu viel ist"
"Und was passiert dann, wenn es zu viel ist?", erklang erneut Alecs Stimme, der offensichtlich sehr an den Informationen interessiert war. Natürlich, schließlich machte er sich Sorgen, um die Person, der er in der vergangenen Zeit sehr akribisch versucht hatte auszubilden.
"Sie könnte sterben", sagte Magnus kleinlaut und schien zu schlucken. Sofort richteten sich alle Blicke und auch der von Alec auf ihn. Nach dem Schock begann sich Gemurmel durch den Raum fortzubewegen. Valentin würde nicht darauf achten was zu viel war und Averie würde sich dagegen wehren. Und wenn das lange genug stattfand, dann würden wir sie nicht mehr retten können. Die Uhr schien dadurch zu ticken und die Sekunden zerflossen uns in unseren Händen. Sekunden die schlussendlich vielleicht den Unterschied machten zwischen leben und sterben.
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Hunter
FanfictionAverie Clark ist eine 19-jährige Waise, die nach Brooklyn gezogen ist, um hier ihr Jurastudium zu absolvieren. Sie lebt für Gerechtigkeit und den Schutz für Opfer, da ihre Eltern in ihrem Kindesalter ermordet wurden. Jedoch wandelt sich ihr Leben sc...