Schnell hatte ich das Ventil wieder geschlossen und sichergestellt, dass es auch wirklich geschlossen war. Danach hatte ich einige Zeit gebraucht, um mich von dieser Situation zu erholen und war froh, als Alec schließlich unser Gespräch wieder aufnahm und wir uns weiter unterhielten. Ich mochte in diesem Moment nicht darüber nachdenken, was ich gerade angerichtet hatte und verfluchte Magnus, dass ich nun nicht wusste, was mit der Frau passieren würde.
Wir sprachen über einige Bücher, während wir unser Essen bestellten und darauf warteten, dass es zu unserem Tisch gebracht wurde. Sobald es aber da war, verstummte unser Gespräch, was mir sofort wieder Sorgen machte, dass er den plötzlichen Sinneswandel mit mir in Verbindung gebracht hatte. Allerdings schien das vorerst nicht der Fall zu sein.
"Ich hab in letzter Zeit viel darüber nachgedacht, was Freundschaft wirklich für mich bedeutet", begann er plötzlich, nachdem wir eine Weile in Stille unser Essen genossen hatten, mit einem neuen Thema.
"Ich hatte selten wirkliche Freunde. Ich hatte Familie und meine engsten Freunde waren eigentlich Familie für mich. Jace ist zwar nicht in unserer Blutlinie, aber er ist für mich mein Bruder. Aber wo macht man da einen Unterschied und wird man dadurch allen gerecht?"
"Ich glaube, dass es dabei ganz viel um die Emotionen geht, die du empfindest. Also wenn du das Gefühl hast, dass du eine Person unfassbar gerne hast und auch ein Streit eure Verbindung nicht belastet, dann kann er doch auch genauso gut zu deiner Familie gehören. Neben der rechtlichen Einteilung einer Familie müssen wir uns doch nicht richten", antwortete ich, nachdem ich kurz über seine Worte nachgedacht hatte.
"Ja, aber wenn ich jetzt einen als Familie empfinde und den anderen nicht?"
"Es klingt vielleicht etwas forsch, aber dann ist das so. Nach Gerechtigkeit kannst du bei sowas nicht streben, weil die beiden und auch du die gleiche Situation unterschiedlich bezüglich Gerechtigkeit bewerten werden. Gerechtigkeit beruht eben häufig auf dem Gefühl, ob man sich gerecht behandelt fühlt oder nicht, aber richtige feste Punkte kann man da nicht festlegen, bei denen dann alle sagen, das war gerecht und das nicht. Freundschaft hat und sollte keine Gesetze haben wie ein Staat", erklärte ich meine Ansicht und merkte wie sein Gesicht dabei immer mehr aufleuchtete.
"Was ist?", fragte ich deshalb leicht verwirrt, als Stille zwischen uns herrschte, nachdem ich das Aussprechen meiner Gedanken beendet hatte und er mich nur angesehen hatte.
"Ich genieße deine Gesellschaft und dieses Gespräch", sagte er schließlich, was mich ziemlich aus den Socken haute. So offen hatte ich ihn selten erlebt. Offensichtlich hatte er es bemerkt, da er sagte:
"Ich hatte doch versprochen, dass ich von nun an meine Gefühle dir gegenüber versuche offener zu zeigen", erklärte er und verzog sein Gesicht kurz gespielt enttäuscht, was mir ein schmunzeln entlockte.
"Da hast du recht, aber dass es so schnell klappen würde, habe ich nicht in Betracht gezogen", erklärte ich ihm meine Verwunderung, über die er verschmitzt lachte und wir schließlich die letzten Happen verdrückten, bevor wir uns auf den Weg zum Institut machten.
Ich sah mich noch immer forschend um, aber mit Alec an meiner Seite hatte ich keine so großen Bedenken. Wir unterhielten uns noch weiter über seine und meine Familie, bevor wir schließlich in die Zentrale des Instituts kamen und Izzy sich sofort in meine Arme stürzte. Ehe ich eine Möglichkeit hatte es zu realisieren, hatte sie mich schon fest gepackt und ihre Arme um meinen Körper geschlungen.
"Ich bin so froh dich wiederzusehen", flüsterte sie mir ins Ohr und ich merkte die Emotionen, die in ihrer Stimme mitschwangen.
"Ich bin auch froh dich wiederzusehen und mal wieder hier zu sein", erzählte ich.
"So lange warst du doch gar nicht weg", lachte Izzy, bevor sie sich wieder aus der Umarmung löste und nun ihren Bruder mit zusammengekniffenen Augen bedachte.
"Hey, das kann ich genauso sagen", meckerte ich gespielt empört gegen an.
"Kommt, ihr beiden Streithähne. Lasst uns nach den anderen sehen", brachte sich nun Alec wieder in das Gespräch mit ein, aber schien sich über die Situation noch immer zu beömmeln.
"Sehr witzig, Alec. Hast du dich wenigsten gebührend bei ihr entschuldigt?", schoss nun Izzy hinterher und hob dabei prüfend eine Augenbraue, was ihren Anblick einfach nur genial machte. Auch Alec musste sich das Lachen über den Anblick seiner Schwester verkneifen und antwortete:
"Gebührend kann ich nicht beurteilen, aber ich habe mir auf jeden Fall die größte Mühe gegeben. Und sie hat die Entschuldigung angenommen, Izzy", erklärte er und ich suchte einfach kopfschüttelnd den Trainingsraum auf, da ich dort meine Suche nach Jace und Clary starten wollte. Die beiden Geschwister lies ich dabei einfach stehen.
Aus dem Trainingsraum hörte ich keine lauten Geräusche, weshalb ich meine Suche bereits verlagern wollte, als ich die zwei jedoch plötzlich im Augenwinkel sah. Sie standen mitten im Raum und schleckten sich gegenseitig ab.
Ich hatte zuvor erst eine Beziehung gehabt, die allerdings nicht sonderlich lang gehalten hatte, weshalb mich dieser Anblick, ebenso wie die Tatsache, dass ich von ihrer Beziehung nichts mitbekommen hatte, etwas wunderte und verwirrte. Allerdings löste sich Jace, bevor ich wieder kehrtmachen konnte und begrüßte mich fröhlich.
"Hey, Averie. Wie schön, dass du wieder hier bist", sagte er und kam gleich auf mich zugelaufen und zog mich in eine Umarmung.
"Ah, Jace, lass mich los. Du bist ganz nassgeschwitzt", weinte ich gespielt auf und versuchte mich sachte aus der Umarmung zu lösen, aber er dachte gar nicht daran, mir dies zu gestatten. Stattdessen drückte er noch fester zu und drückte sein nasses Gesicht in meine Kleidung.
"Jetzt lass sie schon los, Jace", erklang Clarys Stimme neben uns, woraufhin Jace parierte und ihr die Chance gab ihren Schweiß an meiner Kleidung abzuwischen. Ich jaulte gespielt auf, als auch sie mich in ihre nassen Arme gezogen hatte.
"Es ist echt eine Freude euch wiederzusehen. Ich kann gleich wieder duschen gehen", jauchzte ich sarkastisch auf und drückte mich an Clary ran.
"Ich bin froh, dass es dir gut geht und du wieder bei uns bist", flüsterte sie mir ehrlich klingend zu und erwärmte damit mein Herz. Wie gut es doch tat wieder hier zu sein, hätte ich zuvor nie gedacht.
"Danke. Ich bin auch froh mal wieder bei euch sein zu können", gab ich die schönen Worte zurück.
"Wieso mal wieder? Bleibst du etwa nicht?", erkundigte sich Clary überrascht laut und ging so aus der Umarmung zurück, dass sie mir in die Augen blicken konnte.
"Naja, ich muss noch..", begann ich, wurde allerdings von Alec unterbrochen, der nun hereingestiefelt gekommen war.
"Ihre Ausbildung bei Magnus ist noch nicht beendet und im Moment ist sie dort gerade auch am sichersten", erklärte er.
"Wenn sie nicht wieder einen Ausflug macht", warf Jace grinsend ein, was ihm allerdings einen vernichtenden Blick von Alec einbrachte.
"Es dauert bestimmt nicht mehr lange, bis ich wieder hier sein kann", versuchte ich die Situation etwas aufzulockern und ignorierte dabei gekonnt die Ereignisse aus dem Restaurant. Ich wusste, dass ich das Öffnen und das Schließen erst vollkommen unter Kontrolle haben musste, bevor ich daran denken könnte, wieder hierher zurückzukommen, aber ich vermisste die vier und ich würde am liebsten gleich hier wieder einziehen.
"Und solange können wir uns ja noch gedulden", fügte Alec nun etwas weicher hinzu und blickte in die Runde, zu der auch Izzy hinzugestoßen war. Plötzlich sah ich den Schalk in Jaces Augen aufblitzen und sah gespannt und nervös zu ihm, um herauszufinden, was er nur wollen könnte.
"Klar, aber wenn sie schon einmal hier ist, dann können wir doch sicherlich mal einen Probekampf machen. Was sagst du, Averie?"
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Hunter
FanfictionAverie Clark ist eine 19-jährige Waise, die nach Brooklyn gezogen ist, um hier ihr Jurastudium zu absolvieren. Sie lebt für Gerechtigkeit und den Schutz für Opfer, da ihre Eltern in ihrem Kindesalter ermordet wurden. Jedoch wandelt sich ihr Leben sc...