(4) Nichts außer weitere Fragen

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Ich hatte meinen Weg zu meinem Apartment gefunden, in dem ich zusammen mit meiner Freundin Joana wohnte. Ich klopfte an der Tür, da ich weder meinen Schlüssel noch mein Handy bei mir hatte, um auf irgendeine andere Art und Weise ihre Aufmerksamkeit auf mich ziehen können. Ich hörte Schritte hinter der Tür. Schlagartig wurde diese aufgerissen und ein verwirrt dreinblickender Devin musterte mich.

"Averie? Wo warst du die ganze Zeit? Joana ist fast gestorben vor Angst", motzte er mich schon fast an und ich hob beschwichtigend die Hände.

"Ich weiß, es tut mir so leid, aber ich kann..", allerdings wurde ich unterbrochen als eine aufgebrachte Joana auf mich zugerannt kam und mich fest in ihre Arme schloss. Ihre Augen waren rot und es war unverkennbar, dass sie viel geweint hatte. Noch immer schniefte sie und atmete ungleichmäßig, während ich ihr bloß versuchte beruhigend über den Rücken zu streicheln.

"Wo warst du nur die ganze Zeit, Averie? Ich hab mir solche Sorgen gemacht", brachte sie zwischen ihren Schluchzern hervor. Ich wusste vorher bereits, das sie vermutlich aufgebracht war, aber so ein emotionales Wrack zu sehen hatte ich nicht erwartet. Zumal ich ihr nicht einmal eine gute Erklärung liefern konnte. 

Zwar hatte ich auf dem Weg hierher über eine gute Erklärung nachgedacht, aber mir war kein halbwegs glaubhaftes Szenario eingefallen. Es war eben nicht so einfach, aber die Wahrheit war noch viel abgedroschener als alles was mir hätte einfallen können. Die konnte ich ihr ganz sicher nicht erzählen, da sie einfach zu unglaubwürdig klang und sie es nicht ansatzweise verstehen würde. Verdammt, nicht einmal ich verstand wirklich was gestern vorgefallen war und was ich jetzt daraus schließen sollte. Es war einfach zu merkwürdig und zu eigenartig, damit ich es mit meinem Verstand erfassen konnte, aber damit musste ich mich vorerst zufrieden geben.

"Ich hatte einen kleinen Unfall, nichts dramatisches, aber es wurde der Krankenwagen gerufen und ich wurde ins Krankenhaus gebracht, bevor ich an mein Handy gelangen konnte. Und dann ist dort einfach alles drunter und drüber gegangen, sodass ich keine Möglichkeit bekommen hab euch anzurufen. Es tut mir so leid, dass du dir deswegen solche Sorgen gemacht hast", beschrieb ich mein ausgedachtes Szenario und entschuldigte mich im letzten Satz, damit ich sie weiter beruhigen konnte. Aber darauf ging sie kaum ein. Es schien nur Wut in ihr aufzukeimen.

"Du bist ins Krankenhaus gekommen und hattest nicht eine Minute Zeit um kurz durchzuklingeln um uns zu sagen, dass du verdammt noch einmal nicht gestorben bist, sondern dass es dir gut geht. Wie konntest du nur so ignorant mir gegenüber sein. Dachtest du, dass es mir sowieso nicht auffallen würde, oder was?" Es lief nicht unbedingt so wie ich es mir erhofft hatte, aber dennoch musste ich nun versuchen die Situation noch zu retten. Joana durfte keine weiteren Fragen stellen und wohlmöglich noch ins Krankenhaus fahren und sich beschweren, damit meine Geschichte weiter Bestand hatte. Es war besser so für alle Beteiligten.

"Ich verstehe, dass du sauer bist, aber können wir das nicht bitte hinter uns lassen. Ich bin wieder hier, mir geht es gut, bis auf mein mieses Gewissen. Bitte Joana, ich kümmere mich auch für die nächsten zwei Wochen um die Wäsche", versuchte ich es nun auf eine andere Art und meine Worte schienen auch tatsächlich auf fruchtbaren Boden zu fallen. Zumindestens begann sie sich jetzt in eine Verhandlung über meine "Bestrafung" zu stürzen, während Devin uns nur kopfschüttelnd im Flur zurückließ:

"Nur die Wäsche? Findest du nicht, dass du damit viel zu gut wegkommst? Wie wäre es, wenn du dich dazu noch ums Kochen und Abwaschen kümmerst"

Ich atmete resignierend auf. Ich musste mich dem wohl oder übel hingeben um meine Tarnung aufrecht zu erhalten, obwohl sich bereits wieder ein schlechtes Gewissen in mir bildete, da ich mir nicht sicher war, ob ich überhaupt die nächsten zwei Wochen hier immer verbringen würde. Schließlich hatten sie davon gesprochen, dass sie mit der Institutsleitung sprechen wollten, damit ich dort leben konnte, da es angeblich sicherer sei. Aber ob das alles so der Wahrheit entsprach, konnte ich beim besten Willen nicht antizipieren.

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