"Ich habe vielleicht einige Ideen, wieso es dazu gekommen ist", begann Magnus zu erklären und ich klebte dabei geradezu an seinen Lippen. Ich brauchte unbedingt Hinweise bei diesem Thema.
"Die Gabe funktioniert wie ein Ventil. Du kannst dich dazu entscheiden sie zu benutzen und dann quasi aufdrehen und sie wieder zudrehen, wenn du sie nicht mehr benutzen willst. Die Mechanismen dafür muss jeder selbst erkennen, aber offensichtlich hast du das Ventil geöffnet und nicht wieder geschlossen", sprach er seinen Gedanken aus, während er in einem alt aussehendem Buch blätterte.
"Aber warum hab ich sie nur bei Joana und Devin gelesen und nicht bei Valentin und Alec?", stellte ich eine Frage, die mir sofort nach seiner Begründung in den Kopf geschossen war.
"Vielleicht weil sie Mundis sind und es deshalb wesentlich leichter ist ihre Gedanken zu lesen und oder weil du, ohne dass du es bemerkt hast, das Ventil wieder zugedreht hast", führte er seine Erklärung fort, die mir mehr als einleuchtete.
"Also muss ich herausfinden wie ich das Ventil öffnen und schließen kann und das dann trainieren?", erkundigte ich mich.
"Ja, aber du musst trotzdem noch weiterhin trainieren die beiden Ebenen gleichzeitig wahrnehmen zu können", erklärte er weiter.
"Das klingt nach einer Menge Arbeit", stöhnte Alec und legte einen Arm um mich, um mich näher zu sich heranzuziehen, was mich überraschte, aber davon abgesehen nicht störte. Im Gegenteil, nachdem wir unseren Konflikt beseitigt hatten, genoss ich seine Gegenwart wieder wie zuvor.
"Es ist auch eine Menge Arbeit und wird einen Haufen Zeit kosten, aber wir werden es schaffen, da bin ich mir sicher", munterte mich Magnus etwas auf und zwinkerte mit einem kurzen Blick zu Alec mir zu. Na toll, er hatte also auch bemerkt, dass zwischen uns wieder alles gut war. Obwohl diese Erkenntnis auch mehr als offensichtlich war.
"Muss ich die ganze Zeit in meinem Traum üben?", fragte ich und war wahrhaftig etwas vorfreudig auf den Gedanken, diesen Traum fürs Training nur noch hin und wieder aufsuchen zu müssen.
"Grundsätzlich nicht, aber die genauen Details für ein Lesen von echten Menschen sollten wir besprechen, wenn du das Öffnen und Schließen drauf hast, damit du keinen Schaden anrichten kannst", sagte er trocken und vermied meinen Augenkontakt.
"Ich kann Schaden anrichten?", fragte ich schockiert, da ich bereits, wenn auch ungewollt, in die Gedanken meiner besten Freundin und ihres Freundes eingedrungen war.
"Leider ja. Soweit es die Schriften überliefern, kannst du nicht nur Gedanken lesen, sondern sie eventuell auch bei Schattenweltlern und Mundis modifizieren oder sogar annullieren. Es muss nicht unbedingt sein, ist aber eine Möglichkeit, die man auf jeden Fall beachten sollte"
Mein Atem stockte bei seinen Worten und mich ergriff Panik. Was wenn ich das bereits getan hatte? Was konnte das für Folgen für die Menschen haben?
"Was würde das für die Menschen für Folgen nach sich ziehen?", stellte ich nervös die Frage und fürchtete mich bereits vor der Antwort.
"Darüber sollten wir jetzt nicht sprechen. Angst hemmt in deiner Ausbildungsstufe die weitere Entwicklung", erklärte Magnus ruhig und einfühlsam.
"Nein, Magnus bitte. Du weißt, dass ich in den Gedanken meiner besten Freundin war. Was ist, wenn ich sie dadurch verändert habe?", zitternd brachte ich die Worte über die Lippen. Panik und Angst hatten mich ergriffen und ich war mir sicher, dass das Wissen über die Folgen nun diese Tatsache nicht mehr ändern würde.
"Averie, es gibt für alles seine Zeit und für dieses Gespräch ist es einfach noch zu früh", sprach er nun völlig überzeugt und machte mir damit klar, wie es ablaufen werde. Ich nickte stumm und sah auf meine Finger, die sich ganz kalt anfühlten. Ganz sicher, die Angst würde mich nun vorerst nicht in Ruhe lassen.
"Wir behalten die beiden im Auge und gucken, ob sie sich irgendwie verändern", versuchte Alec mich etwas aufzumuntern, was nur wieder eine Frage in mein Gedächtnis trieb, die ich ihm schon längst gestellt haben wollte.
"Ihr habt Joana und Devin nicht umgesiedelt. Warum? Meintest du das nicht?"
"Wir waren uns sicher, dass wenn du nicht wieder zu ihnen kommen würdest, dass die beiden dann sicher wären. Und das waren sie ja auch", erklärte er und fuhr dann fort: "Aber jetzt komm und versuche mit Magnus Hilfe herauszufinden wie du dein Ventil öffnen und schließen kannst"
Ich nickte, gab mich vorerst mit dieser ausweichenden Erklärung zufrieden und zeigte ihm an, dass ich die ganze Couch brauchen würde. Interessiert stand er auf, drückte aufmunternd meine kalte Hand und setzte sich dann auf die gegenüberliegende Couch neben Magnus.
Ich schloss meine Augen bereits und wartete kurz, bis Magnus bereit war und mich in den Traum beförderte.
Meine Augen suchten den Raum ab und blieben bei einem der Schattenwesen hängen. Ich konzentrierte mich auf ihn und schaffte es sofort in seinen Kopf einzutauchen und seine Gedanken abzulesen. Aber sie waren nichts neues für mich. Ich hatte bereits von jedem in diesem Raum die Gedanken gelesen, weshalb ich mich nun eher darauf konzentrierte herauszufinden, wie ich das Lesen unterbrechen konnte und bei einem neuen Schattenwesen wieder starten konnte.
Ich probierte verschiedene Dinge aus, aber ich schaffte es nicht ein Gefühl dafür zu bekommen wie das Schließen des Ventils sich anfühlte. Ich war mir sicher, wenn ich dieses Gefühl empfinden könnte, dann hätte ich auch die Möglichkeit dieses Gefühl immer und immer wieder zu simulieren.
Nach vier mehr oder weniger erfolglosen Runden tauchte ich wieder aus dem Traum auf und wurde durch ein Wasserglas begrüßt, dass mir Alec entgegenhielt. Er war also tatsächlich hiergeblieben, dachte ich mir leicht grinsend und nahm ihm dankend das Glas Wasser ab und trank es.
"Wie lief es?", fragte er scheinbar ziemlich aufgeregt, sobald ich das Glas auf den Tisch gestellt hatte.
"Ich weiß nicht, wie ich erfühlen soll was das Schließen und was das Öffnen ist. Ich habe keine Ahnung wie ich vorgehen muss und ich suche irgendwie blind nach etwas ohne zu wissen, was es ist", erklärte ich meine Situation. Frust war ich inzwischen bezüglich meines Trainings mit Magnus schon gewöhnt, aber dennoch war es jedes Mal nicht unbedingt etwas, was ich wiederholen müsste.
"Wie hast du es bei dem Freund deiner Freundin geöffnet?", erkundigte sich Magnus und rief mir damit die Situation wieder zurück ins Gedächtnis. Ich hatte mich auf seine Augen fokussiert. Genauso wie ich es im Traum gemacht hatte nur damals habe ich zusätzlich eine Frage gestellt um hinein zu kommen. Reichte inzwischen etwa der fokussierte Blickkontakt schon aus?
"Ich habe mich auf seine Augen fokussiert und versuchte herauszufinden, was mit ihm los ist", erzählte ich meine Beobachtungen und wusste nun worauf ich beim Öffnen achten musste, aber das Schließen erschien mir noch immer schleierhaft.
"Woran hast du gedacht, als du die Kreismitglieder und Valentin getroffen hast, nach deinem Besuch bei Joana?", brachte sich nun auch Alec ein und stieß damit erneut meine Denkprozesse an.
"Dass ich niemals ihm helfen werde und ich mich niemals wieder von ihm in den Traum schicken lassen und noch viel weniger mit Menschen zu spielen", erzählte ich so gut wie ich mich erinnern konnte. Ich wusste noch genau wie stark meine Abneigung sich gegenüber ihm und dem Gedanken an sich angefühlt hatte.
"Vielleicht musst du dich nur darauf konzentrieren nicht mehr die Gedanken lesen zu wollen", schlug Alec vor, woraufhin ich nun wieder etwas motivierter sagte:
"Gut, lasst es uns versuchen"
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Hunter
FanfictionAverie Clark ist eine 19-jährige Waise, die nach Brooklyn gezogen ist, um hier ihr Jurastudium zu absolvieren. Sie lebt für Gerechtigkeit und den Schutz für Opfer, da ihre Eltern in ihrem Kindesalter ermordet wurden. Jedoch wandelt sich ihr Leben sc...