(45) "Dafür sind doch.. Freunde da"

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"Der Plan.. ja wir müssen uns überlegen, was wir tun können, um Valentin aus seinem Versteck zu locken", murmelte ich etwas vor mich hin.

"Und dann? Meinst du, dass wir ihn im eins gegen eins besiegen könnten?", erkundigte sich Alec mit einem versteinerten Gesichtsausdruck und einer ernst klingenden Stimme. Und schon war er wieder der Alec, den ich vor gefühlten Ewigkeiten kennengelernt hatte.

"Wir müssen uns eben noch etwas überlegen, aber erst einmal müssen wir doch sowieso wissen, wie wir an ihn herankommen können. Kennt ihr eine Quelle, die eventuell mit ihm Kontakt aufnehmen könnte?", schaltete sich Elyssia zu meiner Rettung ein und sah sich gespannt alle Gesichter in unserer Runde an. Bei unseren vorherigen Recherchen hatten wir selten wirklich etwas Zählbares mitnehmen können, aber mit ihr könnte das vielleicht anders werden. Wo sie schon einmal da war und sich anbot, könnten wir ihre Hilfe auch gut annehmen. Ein Augenpaar mehr würde uns sicherlich helfen.

"Vielleicht könnte Magnus Kontakt zu Tekin aufbauen und ihm eine Feuernachricht senden", schlug Clary vor, woraufhin Jace allerdings sofort meinte:

"Meinst du, dass Tekin darauf eingehen würde. Ich bezweifle, dass sowohl Tekin als auch Valentin Magnus vertrauen würden"

"Das stimmt, aber eine andere Möglichkeit haben wir nicht", hielt sie sanft dagegen und suchte dann meine Augen. Clary lächelte mich aufmunternd an, während ich noch krampfhaft versuchte Lösungen für unsere ganzen Baustellen zu finden. Es war nicht nur die Frage offen, wie wir an ihn herankamen, sondern auch, was wir dann mit ihm machen sollten und auch mit seinen Gefolgsleuten. Die würden sich schließlich nicht einfach so in Luft auflösen. Ebenso wenig wie Valentin selbst oder die Ideen, die er propagierte.

"Meinst du, dass du das aus dem Restaurant bei Valentin wiederholen könntest?", fragte schließlich Alec in die bedächtige Stille hinein. Mein Herz allerdings legte aufgrund seiner Worte einen Tiefstart ein und versetzte mich leicht in Panik. Allein der Gedanke daran, wieder die Gedanken anderer Menschen zu verändern, bereitete mir eine unangenehme Gänsehaut.

"Wovon redest du, Alec", wollte Izzy von ihrem Bruder wissen, aber dieser hatte seinen festen und dennoch auch sanften Blick auf mich gerichtet, während ich noch mit mir kämpfte es ihnen zu erzählen. Ich wollte nicht, dass sie Angst haben mussten, dass ich auch in ihren Gedanken herumdoktorte. Etwas Derartiges würde ich nicht über mich bringen oder vielleicht nur, wenn es wirklich keinen anderen Ausweg gab. Denn welche Fehler und dadurch Konsequenzen mir dabei unterlaufen konnten oder ob dieser Prozess umkehrbar war, blieb für uns alle noch ein Rätsel. Ich hatte diese Gabe eben nicht mit einer Gebrauchsanweisung und einer Liste mit Warnhinweisen bekommen.

"Averie?", erklang erneut seine sanfte Stimme, sodass ich ihm nun verzweifelt in die Augen blickte. Offenbar verstand er mich, ohne dass auch nur ein Wort meine Lippen verlassen hatte, da er sofort sagte:

"Ok, teilen wir uns auf. Clary und Jace machen sich bitte in der Bibliothek auf die Suche nach Büchern, die uns vielleicht bei dem Stellen einer Falle helfen könnten. Elyssia und Izzy gucken mal, was sie noch so schönes aus unseren beiden Gästen im Keller herausbekommen und wir beide", er zeigte auf mich, aber redete noch immer den anderen zugewandt weiter, "wir versuchen mit Magnus zu sprechen und zu gucken, was sich machen lässt"

Einige zustimmende Nicker erschienen in der Runde und nach und nach erhoben sich die einzelnen Gruppen, nahmen ihre leer gegessenen Teller mit und verschwanden, um sich an die Arbeit zu machen. Ich hingegen starrte mit leicht hibbeligen Beinen auf mein noch halb vorhandenes Mittagessen und wägte ab, ob ich diese Köstlichkeit noch weiter verspeißen sollte mit der Gefahr, dass ich vielleicht nicht alles davon in mir behalten könnte. Übelkeit hatte mich in diesem Moment fest im Griff.

"Hast du Angst davor es herauszufinden?", erkundigte er sich und schien weiter seinen Blick auf mich gerichtet zu haben, bevor er sich im Speisesaal umsah, der sich mehr und mehr leerte.

"Averie, du schaffst das. Ich bin mir sicher, dass Magnus dir helfen kann und ich werde..", ich gretschte dazwischen, weil ich einfach die Worte nicht mehr in mir halten konnte.

"Alec, selbst wenn ich es können sollte, kann ich es vorher nicht üben. Ich weiß kein bisschen, was ich da überhaupt mache und welche Auswirkungen das haben könnte. Was ist, wenn ich jemanden unwiederbringlich jegliche Erinnerungen nehme oder für immer seine Gedanken und somit seine ganze Persönlichkeit verändere. Das ist alles einfach so verdammt ernst und gefährlich. Wie soll ich damit leben, wenn ich Menschen psychisch so sehr zerstöre und sie dann einfach alleine damit klar kommen müssen, weil ich sie nicht mehr ändern kann", erklärte ich und musste mich konzentrieren, dass ich nicht wie ein Häufchen Elend zusammensackte, denn so fühlte ich mich gerade. Warum musste diese Gabe nur existieren.

"Ich kann deine Angst voll und ganz nachvollziehen, aber lass es uns bitte langsam angehen. Ich werde Magnus gleich herbestellen und dann können wir das in Ruhe besprechen, ok? Keiner von uns wird dich damit allein lassen", versuchte er mir gut zuzureden, aber ich wusste, dass sie mir mehr als diese emotionale Unterstützung nicht geben konnten. Dennoch freute ich mich über seine Worte und machte mich gemeinsam mit ihm auf den Weg in den Trainingsraum.

Verwundert sah ich Alec an, aber dieser grinste nur, bevor er mir einen Stock zuwarf und mich herausforderte:

"Izzy hat behauptet, dass du die beiden Kreismitglieder im Keller locker allein im Schach gehalten hast. Davon will ich mich selbst noch einmal überzeugen"

"Klar, Lightwood. Du weißt doch, dass ich dir schon seit unserem ersten Training den Arsch versohlen wollte", antwortete ich sarkastisch, aber konnte das sich anbahnende Lachen nicht allzu lange unterdrücken.

"Dann lass mal sehen, was du draufhast", antwortete er, bevor er den ersten Angriff startete, den ich schnell abblockte und dann in den Gegenangriff überging. Nie zuvor hätte ich gedacht, dass ein Training mit Alec mal so befreiend und beflügelnd sein würde. Und das nicht nur, weil ich ihm dieses Mal auch wirkliche Gegenwehr leisten konnte, sondern auch, weil es endlich mal nicht um Leben und Tod ging, sondern einfach nur um den Spaß an der Freud. Naja mehr oder weniger.

"Ich glaub Izzy hat wohl etwas übertrieben oder die Kreismitglieder sind kämpferisch noch schlechter ausgebildet, als ich es gedacht hatte", stichelte er, woraufhin ich ihm sofort einen Hieb gegen die linken Rippen verpasste. Sein tiefes Lachen erhellte den Raum, weshalb ich kurz abgelenkt war und er mich ins Straucheln brachte. Allerdings schaffte ich es mich zu halten und ihn stattdessen aus dem Gleichgewicht zu bringen. Er konnte sich schlussendlich nicht halten und fiel zu Boden, sodass ich ihn von oben herab grinsend ansah. 

"Oder Sie überschätzen sich einfach, Mr. Lightwood", entgegnete ich kokett lächelnd.

"Das mag schon sein. Oder Sie überschätzen auch einfach ihre Fähigkeiten, Miss Clark", feuerte er zurück und grinste bübisch, als er mich mit einer geschickten Beinbewegung ebenfalls zum Fallen brachte. Anstatt von seiner Attacke bestürzt zu sein, musste ich allerdings ausgelassen lachen. Ich konnte mich gar nicht mehr einkriegen, weshalb Alec schließlich sagte:

"Lachen steht dir. Ich freue mich, dass du nun wieder glücklich aussiehst"

"Alles dank dir, Alexander Lightwood. Ich denke mal, dass ich dir nun etwas schuldig bin", antwortete ich, nachdem ich wieder meine Lungen mit Luft gefüllt hatte. Seine Aussage hatte mir irgendwie jegliches Lachen vertrieben. Oder vielleicht war das extreme Lachen nicht mit meinem rasenden Herzen vereinbar ohne einen Kollaps zu bekommen.

"Nein, auf keinen Fall. Dafür sind doch.. Freunde da", antwortete er schmunzelnd, aber das leichte Stocken war mir nicht entgangen. Die Frage war nur, was das zu bedeuten hatte. 

"Jetzt mach nicht so ein Gesicht. Ich hab mir so viel Mühe gegeben dich wieder zum Lachen zu bringen", stieß er plötzlich gespielt aufgebracht aus, bevor er sich über mich beugte und mich dann erbarmungslos durchkitzelte. Ich versuchte zwischen dem Lachen verzweifelt nach Luft zu schnappen, aber Alec schien diesen Moment gerade zu sehr zu genießen, weshalb er nicht vorzuhaben schien, in nächster Zeit von mir abzulassen. Nur ein aus dem Nichts kommender Kommentar ließ uns schließlich ruckartig auseinander weichen:

"Na da haben aber zwei ihren Spaß"



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