In den folgenden Tagen ging ich Alec etwas aus dem Weg. Ich trainierte jeden Tag mit Izzy und fühlte mich inzwischen schon viel selbstbewusster und stärker. Ein lästiger Partner dieser Entwicklung war leider aber auch der Muskelkater. Er verfolgte mich immer, weil ich mir keine Pausen nahm und meine so magischen Heilkräfte schienen damit irgendwie ein Problem zu haben.
Neben den Trainingseinheiten hatte ich wieder regen telefonischen Kontakt zu Joana aufgenommen, die inzwischen mit ihrem Freund in eine neue Wohnung gezogen war und sich dort wohl fühlte, was mir ein riesigen Stein vom Herzen fallen lies. Ich wollte nicht, dass sie meinetwegen sich nun immer umschauen müsste und kein normales Leben mehr führen konnte, aber Jace hatte mir versichert, dass sie dennoch immer noch unter Schutz standen. Was genau das auch immer im Detail bedeuten sollte.
"Hey, Averie", erklang Clarys helle Stimme, die auf mich zugeflogen kam. Ich hatte mich in die Bibliothek verzogen und selbst etwas Forschung betrieben, da sich weder Magnus noch Tekin nach dem letzten Besuchs Tekins vor dem Institut gemeldet hatten.
"Na, was gibt es, Clary?", fragte ich, schlug das Buch zu und betrachtete sie interessiert.
"Izzy und ich wollten heute Abend einen Abstecher auf eine Party machen. Hättest du Lust mitzukommen?", fragte sie und sah mich mit funkelnden Augen an.
"Du, Clary", begann ich, wurde aber von einem hereinstürzenden Jace unterbrochen, der sofort sagte:
"Clary, wir müssen los. Eine Dämonenattacke in einer Schule. Komm"
Clary sah mich kurz entschuldigend an, bevor sie von Jace wieder aus dem Raum gezerrt wurde. Wie gerne würde ich ein solche Rettungsaktion der anderen aus nächster Nähe betrachten, aber ich wollte mich so genau wie möglich an meine Auflagen halten und so schnell wie möglich fit im Kämpfen werden, damit ich Valentin nicht so leicht in die Hände fallen würde.
Ich schlug das Buch erneut auf und stöberte etwas über die Seiten. Ich hatte in meiner Zeit noch nichts interessantes entdecken können, dass mir geholfen hätte in das Rätsel etwas Klarheit zu bekommen. Es war für mich noch immer schleierhaft was genau ich für eine besondere Gabe haben sollte.
Tief ausatmend schlug ich schließlich das Buch zu und stellte es zurück. Ich hatte das Gefühl, dass ich mit meiner Recherche auf dem Holzweg war.
"Hey, Averie", erklang plötzlich Alecs Stimme hinter mir. Sofort drehte ich mich um und sah ihn verwirrt an. Ich hatte nicht damit gerechnet ihn so schnell wiederzusehen.
"Hey, Alec, musst du nicht zu der Mission mit?", fragte ich ihn leicht verwundert über sein plötzliches Erscheinen.
"Nein, Izzy und ich sollen uns um einen anderen Fall kümmern, aber dafür müssen wir erst in gut 20 Minuten los", erklärte er es mir und kam etwas weiter in den Raum herein auf mich zu.
"Ok, ist im Moment so viel los?", fragte ich ihn besorgt.
"Ja, es sind verhältnismäßig viele Dämonen in der Stadt und Valentin scheint wieder aktiv zu werden. Es gibt Geschehnisse, die nur auf ihn zurückzuführen sind", erzählte er ruhig.
"Meinst du, dass er etwas genaues plant? Möchte er New Yorks Ordnung durcheinanderbringen? Aber mit welchem Ziel? Dass möglichst viele Shadwohunter sterben?", stellte ich gleich mehrere Fragen in den Raum, die mir in diesem Moment durch den Kopf schossen. Noch schien diese Tatsache für mich keinen Sinn zu offenbaren.
"Vielleicht hofft er, dass er damit unsere Kräfte so schwächt, dass er dich mit herauslocken kann oder er hat es auf etwas anderes im Besitz der Shadowhunter abgesehen. Oder er ist einfach Valentin und braucht keinen Grund, um diese Dinge zu tun", antwortete er, aber schien selbst noch nach einer befriedigenden Antwort zu suchen.
"Aber Tekin hat mir verboten aus dem Institut zu verschwinden, also bleibe ich hier und hoffe, dass euch allen nichts passiert. In meinem Zustand wäre ich sowieso keine große Hilfe sondern eher eine zusätzliche Belastung, die euch in Gefahr bringt", erklärte ich, woraufhin er allerdings sofort nah an mich heran kam und erwiderte:
"Verbreite keine Lügen, Averie. Du hast in den letzten Wochen viel gelernt und wärst uns sicherlich eine Hilfe, aber mir ist es lieber, wenn ich weiß, dass du hier sicher bist. Du weißt ja, dass ich kein großer Freund von Tekin bin, aber in diesem Punkt gebe ich ihm recht. Ich möchte mir gar nicht vorstellen was sonst passieren könnte", sagte er und blickte mich dabei geistesabwesend an.
"Danke, Alec, aber du solltest dich jetzt auf den Weg machen, damit du noch rechtzeitig fertig für den Auftrag mit Izzy bist. Ich möchte nicht daran Schuld sein, wenn sie sauer auf dich wird", meinte ich und knuffte ihm in die Seite, was er mit einem verschmitzen grinsen quittierte und dann eine kurze Kitzelattacke auf mich startete. Ich konnte es kaum glauben, dass der am Anfang so unfreundliche Alexander Lightwood eine so weiche Seite hatte.
"Hör auf Alec", prustete ich nach Luft schnappend lachend und atmete erleichtert aus als er etwas von mir ablies.
"Wie Sie wünschen, Milady", sagte er und deutete eine leichte Verbeugung an, wodurch er sich wieder einen leichten Schlag auf den Oberarm einfing. Auf seinen Lippen zeichnete sich ein ebenso breites Grinsen ab wie ich es auf meinem vermutete.
"Gut, dann sehen wir uns später. Mach in der Zwischenzeit keinen Unsinn", meinte er provozierend, während er sich bereits auf den Weg zur Tür machte.
"Sehr witzig, Alec, weil ich ja jedes Mal, sobald ihr das Institut verlasst, die ganze Bude auseinandernehme", entgegnete ich mit einem sarkastischen Unterton, was ihn nur wieder breiter zum Grinsen brachte.
"Aber bitte, zumindest dein Zimmer hast du doch schon häufiger so zugerichtet"
"Ja ich hab dich auch gern, Alec. Pass auf Izzy auf", entgegnete ich und sah ihm dabei zu wie er nickte und dann verschwand.
"Und auf dich auch, du Trottel", flüsterte ich noch zu mir selbst, bevor ich ebenfalls die Bibliothek verließ und mich auf den Weg in den Trainingsraum machte. Während die anderen richtig arbeiten würden, könnte ich wenigstens hier etwas trainieren, damit ich vielleicht irgendwann, wenn wir endlich wussten, was für eine tolle Gabe ich haben sollte, auch mal den Menschen helfen konnte.
"Du hast wirklich so einiges gelernt in den letzten Wochen", erklang eine Stimme hinter mir, zu der ich mich sofort umdrehte. Ich hatte nicht noch mit einem Besucher um diese Uhrzeit gerechnet, aber ich war positiv überrascht als ich Tekin vor mir sah.
"Oh danke, Tekin. Wie kommst du denn hierrein?", fragte ich überrascht und dachte kurz an das letzte Mal, als Tekin vor der Tür gestanden hatte. Sofort hatte ich das Bedürfnis ihn kritischer zu betrachten. Alecs Meinung war mir immer und immer wichtiger geworden, zumal er bereits viel länger in dieser magischen Welt lebte und sich damit besser auskannte. Ich sollte seiner Menschenkenntnis vertrauen, obwohl sie bei mir am Anfang auch falsch lag.
"Averie, meinst du, wir könnten einmal einige Tests machen?", fragte er, nachdem er sich durch den Raum bewegt, alles betrachtet hatte und schließlich wieder an seinem vorherigen Platz angekommen war.
"Klar, aber das sollten wir vermutlich in meinem Zimmer machen", erklärte ich, bevor wir zusammen zu meinem Zimmer liefen, in dem sich hoffentlich endlich die Ergebnisse ergeben würden, die Klarheit schafften.
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Hunter
FanfictionAverie Clark ist eine 19-jährige Waise, die nach Brooklyn gezogen ist, um hier ihr Jurastudium zu absolvieren. Sie lebt für Gerechtigkeit und den Schutz für Opfer, da ihre Eltern in ihrem Kindesalter ermordet wurden. Jedoch wandelt sich ihr Leben sc...