(81) Hunter

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"Es tut mir leid, aber ich weiß es noch nicht. Ich muss hier noch einige Dinge regeln und du musst sobald es geht wieder zurück nach Washington D.C.", begann ich zögernd zu erklären. Ihre Mimik veränderte sich für den Bruchteil einer Sekunde zu einem traurigen Ausdruck, bevor ihr aufmunterndes Lächeln zurückkehrte. 

"Tu du, was du tun musst und ich halte solange die Stellung in Washington. Und wenn du fertig bist, kannst du jederzeit zurück nach Hause kommen", erwiderte sie, was mir das Herz brach. Ich musste mit Magnus sprechen und ihn bitten, dass sie die letzten Tage vergaß. Ihre Worte waren zwar noch die gleichen, aber in ihren Augen schien durchgehend ein Schleier der Panik zu schweben. Der Panik und der Sorge. Wenn ich eine Entscheidung treffen musste, dann wollte ich, dass sie ihr altes Leben zurückbekommen könnte. Ihr altes Leben ohne Einschränkungen.

Die Zeit verstrich, während sich meine Gedanken mit dem nächsten Thema auseinandersetzten: Das "Angebot" der Clave. Ich kannte meine Optionen und wusste, dass ich die Wahl zugunsten der anderen treffen musste. Es durfte in diesem Moment nicht um mich gehen. Auch wenn unser Gehirn uns diese Option mit voller Gewalt immer wieder vorhielt. Ich konnte sie nicht wählen.

Ein Klopfen an der Tür riss mich aus meinen verwirrenden Gedanken und kurz darauf steckte ein mimisch starr wirkender Alec die Tür.

"Wir müssen", erklärte er kalt und hielt die Tür genau soweit auf, dass ich gerade so hindurch huschen können würde.

"Alles klar", gab ich ihm schnell die Bestätigung, dass ich seine Nachricht gehört und verarbeitet hatte, bevor ich mich meiner Tante zuwandte und sie fest in meine Arme schloss.

"Pass bitte gut auf dich auf. Was auch immer passieren mag. Wenn ich dich schreien höre, dann kann mich keine Tür und keine Menschen jemals aufhalten zu dir zu kommen", merkte meine Tante voller Tatendrang an. Langsam nickte ich und bedankte mich bei ihr, bevor ich mich aus der Umarmung löste und in die Richtung der Tür ging. Alec nahm mich dort bereits in Empfang und wir verschwanden ohne einen weiteren Blick auszutauschen. 

"Hast du eine Entscheidung getroffen?", erkundigte er sich bei mir, allerdings wich er meinem Blick aus.

"Ja", entgegnete ich deshalb einsilbig und erwartete gespannt seine folgende Antwort. Allerdings blieb er komplett still. Mein Blick wanderte erneut zu ihm, jedoch schien ihn das nicht sonderlich zu bewegen. 

"Wow, nach allem, was wir in der letzten Zeit zusammen durchgemacht haben, bist du immer noch so redselig. Ich fühle mich wirklich geehrt mit der gefürchteten Alec Still abgespeist zu werden", rutschte mir ein sarkastischer Kommentar heraus, der ihn kurz zum Stoppen brachte. Unsere Blicke trafen sich und ich sah wie er mit sich kämpfte. Schließlich öffnete er endlich den Mund er erklärte:

"Du solltest ganz eigenständig deine Entscheidung treffen sollen. Eine freie Entscheidung, die nicht von meiner Wenigkeit abhängt, gewährt dir ein glücklicheres Leben"

Ein trockenes Lachen verließ meine Lippen und gleichzeitig wollten mir Tränen mir meine freie Sicht auf diesen Mann verwähren.

"Hast du nie in der Schule gelernt, dass es so etwas wie eine freie Entscheidung gar nicht gibt? Du kannst meine Entscheidung positiv oder negativ beeinflussen, aber du kannst sie nicht gar nicht beeinflussen. So funktioniert das nicht. Du hättest sie durch dein Verhalten sicherlich negativ beeinflusst", entgegnete ich Kopf schüttelnd.

"Hättest?", erkundigte er sich leicht reumütig.

"Da ich es jetzt weiß, bestärkt es meine Entscheidung nur noch mehr"

"Und was ist deine Entscheidung?", hakte er nach, nachdem ich den Gedanken nicht weiter ausgeführt hatte.

"Ich werde hierbleiben und Magnus darum bitten, dass er sich um meine Tante kümmert", zählte ich ihm stumpf die Entschlüsse auf, die ich getroffen hatte, woraufhin er zu nicken begann.

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