78 - Fluchtversuch vom Feinsten

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Ein Raunen ging durch die Menge. Meine detektivische Auffassung löste Empörung aus.
Ismet Ipek war am Leben und die Wahrheit brachte ich an's Licht. Voller Entsetzung schweifte der Blick meines Opas über mein Gesicht.
„Das kann uns Ismet nicht angetan haben!", setzte Ferhat Widerspruch ein.
„Das ist die Wahrheit Ferhat. Korays Lager wurde geplündert, weil Ismet ihn verraten hat. Am Anfang kam es mir selbst paradox vor, aber die Gegner haben ihn abgekauft. Und es gibt noch weitere Spione im Verbund.", blickte ich jedes einzelne Gesicht der Reihe nach an.
„Deine Behauptungen können erst bestätigt werden, wenn du uns Beweise lieferst Devran.", kam der nachdenkliche Botschafter zu Wort.
„Ich weiß, wovon ich spreche. Wer auch nur ein kleines bisschen Verstand hat, wird kapieren, dass es Spione gibt.", schloss ich das Thema ab. Koray und Ferhat konnten immer noch nicht zu sich kommen. Sie fühlten sich hintergangen.

„Kommen wir zurück zu deinen Regelverstoßen Devran.", wandte sich der Botschafter der Leinwand.
„Die Lage wurde ausdiskutiert. Gemäß Paragraf 30 folgt eine Sperre von drei Monaten. In dieser Zeit wirst du keine Aufträge von uns erhalten und eine Teilnahme an Besprechungen wird untersagt. Dazu musst du 30% deines verdientes Gewinns durch unseren Verbund an uns zurückzahlen."
„Ich halte Widerspruch!", ertönte die Stimme meines Opas. Seine Gesichtszüge hatten sich verhärtet.
„Herr Ömer, Ihr Enkelsohn hat gegen mehrere Regel verstoßen. Und das zum dritten Mal. Indem er privaten Plänen folgt, setzt er unseren Verbund in Gefahr."
„Herr Salim, die Atahan Familie ist unter meinem Schutz. Mein Vater hat mir nach seinem Tod seine Aufhabe überlassen. Er war der Hüter. Die Strafe können wir unter uns aushandeln. Die weiteren Mitglieder beteiligen sich an einem Verfahren, woran sie nicht betroffen sind.", redete Zelal rein.
„Wir sind ein transparentes Team. Jeder soll wissen, was bei Verstoßen folgen wird.", meinte dieser.
„Die Zusammenarbeit mit Devran Atahan kann ich verschärfen. Sie haben wichtigere Aufgaben zutun. Devran ist ein Mitglied mit Potenzial. Für die Sperre sehe ich keine Notwendigkeit. Zudem läuft der Waffenhandel, der den Großteil unserer Untergruppe finanziert, über Devrans Unternehmen.", setzte sich Zelal kühn für mich ein. Beeindruckend. Aber der Botschafter war felsenfest von seiner Idee überzeugt.
„Das Potenzial ist uns bewusst. Aber vor den Gesetzen ist jeder gleich.", bekam sie ihre Antwort. Die Oberen müssten verrückt sein. Um 30% meines Gewinns zurückzuzahlen, müsste ich Tag und Nacht arbeiten. Das Gespräch wurde immer unerträglicher.

Als einer der ersten verließ ich den Raum. So schnell es ging, wollte ich mich verziehen. Die Oberen mussten krank im Kopf sein. Eine andere Erklärung gab es nicht.
„Devran!", versuchte mich Onkel Kadir abzufangen, doch ich hörte nicht auf ihn. Vor der Tür holte ich meine Wertsachen ab und machte Abflug.
„Devran sage ich! Bleib sofort stehen!", erhöhte mein Onkel seine Stimme. Schnaubend blieb ich stehen.
„Den Regeln müssen wir folgen mein Sohn. Aber trotzdem werden wir dich nicht fallen lassen! Verstehst du es? Dein Opa wird mit dem Botschafter handeln.", begann er zu reden.
„Der Verbund wird immer schwächer, weil die alten Oberen nicht die neue Unterwelt kennen! Ihre Regeln bringen nichts. Auf mich hört keiner, weil ich noch keine 20 Jahre im Geschäft bin."
„Den Oberen müssen wir vertrauen. Beruhige dich.", suchte er mein Blick. Aufgebracht fuhr ich durch die Haare.

„Devran!", erwähnte mein Opa und schaute mich mit zusammengekniffenen Augen an. Seine trägen Schritte führten ihn zu mir.
„Das nächste Mal, wirst du mit mir reden, bevor du den Mund aufreißt."
„Was habe ich dieses Mal falsch gemacht?"
„Den Botschafter hättest du persönlich über Ismets Spionage sprechen sollen. Warum hast du mir nie etwas davon erzählt? Wann hast du ihn durchschaut? Du machst mich unheimlich stolz, aber wütend zugleich."
Für eine Diskussion war ich zu müde.
„Etwas läuft hier schief Opa. Uns ging es besser, als wir noch als Kleinverbund unabhängig von den Großen arbeiteten. Vielleicht machten wir halb so viel Umsatz, aber wir hatten Seelenfrieden.", brachte ich meine Gedanken zu Wort. Schmerz zeichnete sein Gesichtsausdruck aus. Keiner konnte widersprechen, weil ich Recht hatte.

Die Wunde der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt