Die Wege waren mal wieder voll, wodurch sich die Fahrt sich um einiges verlängerte. Leise summte das Radio vor sich hin.
Autofahrten vergingen normalerweise unterhaltsam, wenn ich dabei war. Devran machte aber keinen gesprächigen Eindruck. Wie immer hatte er mürrische Stimmung.
„Wie war dein Tag heute?", versuchte ich mein Glück.
„Gut", antwortete Devran nur.
„Danke, meiner war auch gut. Beziehungsweise anstrengend. Ich habe viel Stoff verpasst. Die nächste Klausur verbreitet mir Zweifel.", wandte ich mich ihm.
Devrans Aufmerksamkeit lag auf seinem Handy. Na gut, dann erzwinge ich kein Gespräch mehr.Je mehr sich die Fahrt verlängerte, umso mehr bemerkte ich, dass Hunger hatte.
„Devran?", sprach ich ihn etwas später erneut an.
„Hm?"
„Wollen wir etwas essen?", schlug ich vor.
„Hat dich Kaan auf kein Date eingeladen?", meinte er auf einmal. Mit Augen, die zu Schlitzen gezogen waren, blickte ich ihn an. Die Andeutungen gefielen mir nicht.
„Devran, wir haben nur gelernt! Was hast du gegen ihn?"
„Ist er gegenüber anderen Studentinnen auch so aufmerksam?"
„Er macht sein Master und ist einer der besten Studenten. Kaan hilft jeden, der Hilfe braucht. Und ich habe seine Übungsstunden auch assistiert."
„Assistiert", wiederholte Devran.
„Genau. Hätte er mich daten wollen, hätte er mich bis jetzt schon gefragt.", stellte ich sicher.
„Sicherlich"
„Keine Angst. Niemand kann sich an mich ranmachen.", vergewisserte ich. Devran wachte wie ein Bodyguard um mich. Aber ich konnte nicht verleugnen, dass es mir nicht gefiel. Er gab mir Sicherheit. Selbst, unbewaffnet.„Wo willst du essen?", fragte Devran anschließend.
Ich konnte ihn also doch überreden.
„Mir ist es egal oder ich weiß nicht?", stellte er meine möglichen Antworten vor. Tatsächlich hatte ich keinen Vorschlag.
„Mir ist es egal.", sagte ich. Wir fuhren Richtung Stadtmitte. Auf Devrans Empfehlung besuchten wir ein modernes Café nördlich der Stadt.
„Es gefällt mir hier. Wieso habe ich das Café nicht früher entdeckt?", schaute ich mich um, nachdem wir Platz genommen hatten.
„Ich kenne eben die besten Plätze.", meinte Devran.
Die Menükarte durchstöberten wir. Eine junger Kellner bediente uns und brachte die Bestellungen etwas später vorbei.Mit großem Hunger schlang ich die Bissen runter. Dabei bemerkte ich, dass ich von Devran beobachtet wurde.
„Was?", fragte ich kauend.
„Wie kannst du so schnell essen?", staunte er.
„Ein Geheimnis."
„Du kannst meine Bestellung auch haben, wenn du willst.", machte er Späße. Ein Lächeln ging mir auf.
„Ist es normalerweise nicht umgekehrt? Der Mann isst das Essen der Frau auf."
„Was ist normal an uns Damla?", stelle er eine rhetorische Frage. Darüber lachten wir. Dieser Mann lachte selten, aber wenn er lachte, dann war es innig und echt.
„Willst du probieren?", deutete Devran auf seine Bestellung. Neugierig nickte ich. Normalerweise aß ich nie aus den Gabeln anderer, aber bei Devran machte es mir seltsamerweise nichts aus.
„Das werde ich mir das nächste Mal bestellen. Was ist das?"
„Irgendwas mit Falafel. Du bist dir also sicher, dass wir ein zweites Mal kommen werden?", blickte er auf mich hinauf. Ich bejahte die Frage. Wieso nicht?Im nächsten Moment begann Devrans Handy zu klingeln. Seufzend ging seine Hand zur Hosentasche.
„Ja Serkan?", nahm er ab. Schlagartig verfinsterte sich seine Miene.
„Was?", fragte er schockiert.
„Devran?", fuhr es mich unruhig an. Er erhob die Hand, im Sinne von, dass ich leise sein sollte.
„Ich komme sofort!", beendete er das Gespräch und stand abrupt auf. Etwas Undeutliches sprach er vor sich hin.
Wir zahlten und rasten los. In Lichtschnelle wurde ich nachhause gefahren. Harter Regen prasselte auf die Frontscheibe. Trotz der schlechten Sichtverhältnisse, ging Devran nicht vom Gas runter. Etwas Schlimmes war vorgefallen...
„Devran! Was ist los?", wurmte die Besorgnis in mir.
„Ich weiß es nicht. Vielleicht werde ich mit guten Neuigkeiten zurückkommen. Vielleicht mit schlechten.", ließ er mich mit vielen Fragen zurück und schnappte sich eine Pistole vom Handschuhfach. Mulmig beobachtete ich ihn. Zögernd verließ ich den Range Rover.
Was ging hier vor sich?
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Die Wunde der Vergangenheit
Mystery / ThrillerIm nächsten Moment wurde ich ruckartig nach hinten gezogen und prallte gegen die harte Brust vom Unbekannten. Die Zeit schien wieder geblieben zu sein. Wie mein Herzschlag. „Ich weiß zwar nicht wer du bist... doch ich werde dich finden!", hörte ic...