93 - blutige Hände

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Alles könnte jeden Moment aus sein. Enver hat uns ertappt.
Wir waren längst nicht mehr in Sicherheit. Als ich befürchtete, dass uns Devrans Feinde auf die Schliche kamen, war uns ein Kriminalpolizist auf die Spur gekommen. Wie viel er über uns wusste, war fraglich. Ich wusste nur, dass wir erledigt waren. Seine präzise und ehrgeizige Arbeitsweise war mir bekannt. Er war ein Polizist, der fand, was er suchte. Auf seiner Liste standen dieses Mal keine unbekannten Gesichter, sondern ich - Demirs Schwester- und Devran.

Mein Blick rutschte flüchtig auf Enver, der gegenüber uns saß. Dieser Anblick verbreitete mir Unruhe. Eine große Sorge zerfraß mich. Und Devran wusste auch nicht weiter. Er sah genauso hilflos wie ich aus.
„Ich sagte, dass ich der Schießerei im Café nachgehen werde, Damla. Und ich habe mich an mein Wort gehalten.", begann Enver zu reden. Schwer schluckte ich. Von Sekunde zu Sekunde spannte sich Devran immer mehr und mehr an.
„Was willst du von uns?", fixierte er den Kriminalpolizisten.
„Antworten", wendete sich dieser an mich. So enttäuscht ich angeguckt wurde, bekam ich das Gefühl, eine Übeltäterin zu sein. Als ob wir nicht im Wohnzimmer wären, sondern im Befragungsraum des Reviers.

„Du galtest als verschwunden. Ich habe dich aufgesucht, weil es Neuigkeiten zu Demir gab. Deine Mutter öffnete mir die Tür und sagte, dass du seit Tagen unerreichbar seist. Und was sehe ich Tage später? Einen Zeitungsbericht. Damla Bayraktar hat Devran Atahan geheiratet."
Es wurde immer unangenehmer. Auf Stacheln saß ich. Hilflos warf ich ein Blick auf Devran. Seine Miene verschärfte sich und die Kiefermuskel kamen hervor.
„Was ist daran verkehrt?", fragte Devran spitz.
„Nichts. Aber wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand den Mann heiratet, dessen Vater am selben Tag wie ihr eigener Vater ums Leben kam? Denn Demir wollte genau diese Unklarheit lösen.", konfrontierte uns Enver mit den Informationen, die geheim bleiben sollten.
Devrans Hände verformten sich zu Fäusten. Ich konnte ablesen, was ihn durch den Kopf ging. Er wollte Enver kaputtschlagen.

„Unser Privatleben geht niemanden was an!", stand Devran abrupt auf.
„Ach ja? Dann sag mir, womit du Damla bestochen hast! Verkauft mich nicht als dumm, denn ich weiß mehr als ihr vermutet!", erhob sich Enver von der Stelle. Verdammt! Wie konnte er uns spionieren? Devrans Pläne waren immer sicher gewesen. Hat uns jemand verraten?
„Dass du kein unbeschriftetes Blatt bist, weiß ich Devran!"
Eiskalt lief es mich an. Ich musste etwas tun, bevor Devran endgültig die Kontrolle verlor.
„Enver, es reicht! Es ist nicht so, wie du denkst!", trat ich ein. Abwertend blickte er mich an.

„Wie soll ich es verstehen?"
Ich konnte es nicht erklären.
„Wie konntest du das nur tun Damla? Mein Verstand spielt verrückt! Die Damla, die ich kenne, würde niemals einen Kriminellen heiraten! Ich weiß nicht, wie ihr aufeinander gestoßen seid, aber die Geschichte eurer Väter hat etwas damit zutun... Was bindet dich an Devran!", klang er enttäuschter denn je.
„Pass auf deinen Ton auf, wenn du mit Damla sprichst! Wo sind deine Beweise, wenn du schon so groß redest? Ohne Beweise, haben deine Worte keinen Wert!", trat Devran näher. Meine Hand wanderte an seinen Arm. Gleich würde es knallen. Unmittelbar fing Enver an zu lachen.

„Du willst Beweise? Sehr bald habe ich sie Devran. Keine Sorge. Dann kannst du sehen, wie es vorgeht.", gab Enver selbstsicher von sich. Er konnte es so was von tun! Und das beängstigte mich am meisten.
„Wovon redest du?", riss sich Devran von mir los.
„Das wirst du in Kürze erfahren. Oder ihr beichtet mir die Wahrheit und wir klären sie heute hier ab."
„Nichts werde ich dir beichten!", erhöhte Devran die Stimme.
„Devran!", flehte ich ihn an. Er ging zu weit.
„Wir können uns verständigen.", schlug ich Enver vor. Einen Ausweg gab es nicht mehr. Entweder mussten wir ihm horchen, oder die Festnahme in Kauf nehmen.
„Nein Damla! Es gibt nichts zu bereden.", widersprach mir Devran. Er handelte unbedacht. Ein Polizist mit Beweismitteln stand vor uns.
„Na gut, dann werden wir uns bald wiedersehen.", machte sich Enver auf den Rückweg.
„Nichts wirst du tun können!"

Die Wunde der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt