51 - gefühlloser Mann

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Devran
Ich war froh, als das Gespräch endlich vorbei war. Ich hatte schon Kopfschmerzen.
Am Ende konnten wir den Gemeindevorsitzenden von uns überzeugen. Sefa und ich hatten die Aufgabe mit Erfolg abgeschlossen. Das seltsame Gefühl in mir war verschwunden. Wir hatten es tatsächlich geschafft - zwei Cousins, die sich nicht ausstehen könnten.
Erleichtert machten wir uns auf den Heimweg.
„Wer hätte es gedacht, wir haben es hinbekommen.", gab Sefa überrascht von sich.
„Ja, anscheinend können wir beide doch zusammen auskommen."
„Naja, dass wir uns nicht lieben, ist uns bewusst. Wenn man muss, dann muss man."
Genervt zog ich die Luft ein.
Ich hatte zu viel Zeit mit Sefa verbracht. Seine Stimme begann mich wieder zu nerven. Der Heimweg würde mir gut tun. Ich brauchte sowieso Zeit um allein zu sein.

„Du warst heute gut Devran. Hätte ich nicht erwartet.", blickte mich Sefa noch einmal an, bevor er in sein Wagen einstieg.
„Du auch. Vielleicht hasst du mich zu sehr, um mein wahres Ich zu sehen. Hass mich, ist mir egal. Aber erfinde keine Lügen über mich. Sei immer ehrlich Sefa.", waren meine letzten Worte an ihn.
Er würgte mir kalte Blicke zu und fuhr wortlos davon. Ich schnallte mich an und machte mich ebenfalls auf den Weg.
Es war schon Abend geworden und der Tag war anstrengend genug verlaufen. Ich konnte es kaum erwarten zuhause anzukommen und mich auszuruhen. Bevor ich Nachhause fuhr, fiel mir noch ein, dass wir eine Einkaufsliste zuhause hatten. Yaman schien sich wohl in meinem Haus zu fühlen und kochte jeden Tag verschiedenste Gerichte. Nur aufräumen mochte er nicht besonders.
Grob versuchte ich mich an die Einkaufsliste zu erinnern und kaufte die Dinge, die mir einfielen ein.

„Abi! Da bist du ja!", ertönte Yamans Stimme, als er mich kommen hörte.
„Ja. Hast du mich vermisst?", fragte ich spaßeshalber und ging zur Küche. Wie es scheint saß Yaman an der Playstation. Er pausierte und kam zu mir.
„Was hast du eingekauft? Warst du nicht mit Sefa unterwegs?", wunderte er sich.
„Ja, aber danach ist mir eingefallen, dass zuhause einige Dinge fehlten."
„Wie aufmerksam du bist. Danke, jetzt habe ich wieder Avocados und frisches Gemüse. Du brauchtest wirklich nicht einzukaufen. Ich könnte es auch morgen erledigen."
„Es tut gut wie ein normaler Mensch zu sein und Orte zu sehen, in denen es keine Waffen gibt.", sagte ich, während ich den Einkauf einräumte. Als Yaman die Wörter normaler Mensch hörte, musste er lachen.
„Du hast recht. Wir sind bisschen unnormal."
„Räumst du weiter auf? Ich muss kurz unter die Dusche."
„Aber klar doch, gehe ruhig hoch. Ich mach das schon.", nahm mir Yaman die Arbeit ab.

Ich ging schnell unter die Dusche und machte mich frisch. Nach der Dusche fühlte ich mich viel müder und erschöpfter.
Ich setzte mich auf das Bett und lehnte mich zurück. Kurz schloss ich die Augen.
Mann Devran, was geht gerade in deinem Leben ab? Vor Monaten warst du noch ein No-Name in Bolu. Jetzt, Geschäftsmann, Mafioso und Streitschlichter der Atahans. Das war anstrengend, ich bemerkte es. Seit Wochen fand mich nicht der Schlaf. Meine Seele war so müde, dass sie sich selbst nach einem Schlaf nicht erholen könnte...

Als ob ich nicht genug um die Ohren hätte, ist mir noch Damla begegnet. Kein Mensch hatte mich bis jetzt so sehr zum Nachdenken gebracht. Wer war sie eigentlich? Wie konnte sie mein Leben so durcheinander bringen?
Dass sie keine einfache Architekturstudentin war, war mir von Anfang an klar. Selbst als ich „Ich weiß zwar nicht wer du bist. Doch ich werde dich finden!", gesagt hatte, wusste ich, dass sich hinter ihren grünen Augen mehr als Angst verbarg.
Sie war die Art von Mensch, die harmlos erschienen, aber gewaltige Dinge in dir auslösten. Sie war einfach zu verstehen, aber auch kompliziert. Vielleicht war ich kompliziert. Ich wusste nicht, was zwischen uns war, doch es war etwas anderes. Etwas, dass ich nie zuvor gefühlt hatte. Wir hatten eine unsichtbare Verbundenheit, eine Ähnlichkeit, die ich nicht lösen konnte. Sie konnte mir auf den Geist gehen, aber meine Seele auch verstehen. Wie sie das machte, war mir ein Geheimnis. Aber sie durfte damit nicht weitermachen...

Die Wunde der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt