Die Wunde der Vergangenheit

52 - Land der Schneestürme

Eine Wärme blühte im gefühllosen Mann auf. Ein Feuer, ein Gefühl, das ihn durcheinander brachte.
War er wirklich gefühllos, oder dachte er es nur? Sein Herz war nicht ganz gestorben, es war nur im Tiefschlaf. Nun war es aufgewacht. War es eine richtige Entscheidung gewesen? Oder eine falsche, wusste er nicht. Er wusste nur, dass sein Herz niemals so deftig geschlagen hatte. Wie eine Wüstenblume, dürstete sich das Herz nach Wärme.
Aber die Wärme, war verboten im Land der Schneestürme. Denn dort befand sich der gefühllose Mann.
Wenn er die Wärme zulassen würde, würde das Eis brechen. Und nicht nur er würde fallen, sondern jeder in seiner Umgebung...

Die Flamme glühte in der Dunkelheit und spendete für eine Sekunde Licht. Die Kippe glühte auf. Tief zog ich den Rauch ein und spürte die sofortige Wirkung des Nikotins.
Mein Hals fühlte sich so trocken an, dass ich husten musste.
Es ging mir nicht aus dem Kopf. Es war eingebrannt.
Ich riss die Augen wieder auf und blickte auf das dunkle Meer.
Die Umarmung ging mir nicht aus dem Kopf.
Du hast deinem Herz gefolgt und jetzt? Was ist jetzt passiert? Du machst Fehler, Junge!
Eine Stimme in mir protestierte.
Mein Kopf war sowieso gefickt. Heute könnte der seltsamste Tag meines Lebens sein. Ich hatte lang nicht mehr so viele Gefühle auf einmal verspürt, dass ich davon überrumpelt war.

+Wie oft willst du den Fehler noch
machen? Wiederhole es kein einziges Mal! Wenn du der starke Mafia Devran
sein willst, kannst du deine Gefühle
sonst wo stecken.

-Halt die Klappe, verdammt nochmals.
Woher kommst du innere Stimme
überhaupt?

+Später wirst du rumheulen und
alles bereuen. Also hör jetzt auf, auf
dein verdammtes Herz zu hören!

-Lass mich doch einmal im Leben
glücklich sein!

+Dein Glück hast du schon verloren,
als du den Nachnamen Atahan
bekommen hast. Du bist nicht irgendein Mensch, du hast Verantwortungen!
Dein Ziel war es mal den Mörder zu
finden. Wo ist jetzt der angstlose, mutige, dominante Devran?

Es reichte! Ich hielt es mit meinem Kopf nicht mehr aus! Schmerzvoll schrie ich auf und fiel auf die Knie. Ich packte mich am Kopf und wollte, dass die Qual aufhörte. Auf einmal fühlte ich mich so hilflos, als ob mir die Macht über meine Gefühle entzogen wurde.
Es reichte! Alles tat weh! Das Denken, Fühlen, Atmen - alles tat weh...
Tief atmete ich die Luft ein und versuchte mich zu beruhigen. Was sollte ich machen? Wo sollte ich hin? Wer könnte mir jetzt helfen?
Ich richtete die Blicke hoch auf den Leuchtturm und verfolgte das Drehen der Glühbirne.
Die Luft engte mich ein, anstatt mich zu entspannen. Also stand ich auf und begann im Kreis zu laufen.
Ich zog nochmal den Rauch ein und legte den Kopf in den Nacken.
Du bist stark genug, um deine Gefühle unter Kontrolle zu kriegen Devran...

In der späten Nacht kam ich zuhause an. Mein Kopf fühlte sich so berauscht an, dass ich kaum gerade laufen konnte. Am Geländer stützend, stieg ich die Treppe zu meinem Zimmer hoch.
Ich schloss die Tür hinter mir zu und atmete kurz durch. Es war 2:56 Uhr. Ich könnte bestimmt nicht mehr einschlafen, obwohl ich todmüde war.
Mein T-Shirt zog ich aus und warf es in irgendeine Ecke. Beim Vorbeigehen schaute ich kurz meinem Spiegelbild an. Sogar im gedämmten Licht, erkannte man die tiefe Narbe an meiner Brust.
Erschöpft fiel ich auf mein Bett und legte die Hand über die Augen.
Etwas Weiches streifte im nächsten Moment an mir vorbei, was nichts außer Siyah sein konnte.

„Na, auch so nachtaktiv?", fragte ich und zog sie zu mir. Auf meiner Brust machte sie sich gemütlich. Sie miaute etwas und schloss die Augen zu. Ich kraulte Siyah am Kopf, was sie besonders mochte.
„Was hält dich heute wach?", fragte ich sie, als ob sie mich verstehen könnte. Daraufhin schnurrte sie.
„Ich wünschte, ich wäre auch eine Katze, dann hätte ich halb so viele Probleme.", dachte ich mir und lachte müde.
Siyah hatte keine Probleme im Leben. Sie bekam genug zu essen und trinken, bekam Liebe von ihrem Besitzer, auch wenn sie mehr wollte, sie hatte nicht gegen Gefühle zu kämpfen...