100 - Mord und Trauer

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Einen weiteren Tag ohne Damla strich ich im Kalender durch.
Allein wachte ich auf. Die wundervollste Frau auf der Welt stand nicht an meiner linker Seite.
Es fühlte sich so an, als ob ich mich immer mehr verlieren würde.
Lustlos schwang ich mich von der Stelle auf und schlenderte ins Badezimmer.
Wie ein Schlafwandler fühlte ich mich. Wann erwachte ich aus dem Albtraum?

Ich konnte mich nicht einfach in eine Ecke verziehen und meinen Schmerz ausleben. Die Arbeit rief mich. Noch länger konnte ich mich nicht vor der Verantwortung wegdrücken.
Ersin sprang an Serkans Stelle ein und fuhr mich zur Arbeit.
Serkans Fehlen wurde immer spürbarer. Es gab niemanden, der am Morgen Witze raushaute oder sich mit mir über Gerichte aus Antep unterhielt, während ich gestresst Protokolle vorbereitete. Serkan war anders gewesen.

Zwei wichtige Menschen, waren an einem Unfall verunglückt. Würde das unbestraft bleiben? Niemals! Wenn Damla nicht mehr aufwacht, werde ich den Auftraggeber eigenhändig ermorden! Wenn sie überlebt, werden sie nur bestraft. Aber selbst die Strafe war besser als der Tod.
Mein Zorn wuchs und wuchs. Ich wurde an meiner schwächsten Stelle getroffen. Wer sich mit Devran Atahan anlegte, sollte mit den Konsequenten rechnen. Wenn ich rot sah, würde Blut fließen. Niemand konnte rechnen wie weit ich für meine Liebsten gehen würde. Ich sagte doch, sie seien mein Kompass.

„Herr Devran?", kam Gülin mit Unterlagen in den Raum. Ich löste mich vom Rechner und widmete mich ihr.
„Hätten Sie kurz Zeit?"
„Ja, komm rein."
„Es geht um die Zollpapiere aus Antwerpen. Sie müssen einige Stellen unterschreiben.", legte sie die Unterlagen vor. Ich nahm einen Kugelschreiber in die Hand und kritzelte darauf los.
„War's das?"
„Ja... Aber Ihnen geht es überhaupt nicht gut. Gibt es Neuigkeiten über Frau Damla?", fragte sie bemitleidet.

Sowie Demirs Rettungsaktion in die Zeitung kam, kam der Unfall in die Schlagzeilen. Die Bilder waren grauenvoll gewesen. Von der S-Klasse war nichts mehr übrig geblieben. Dass Serkan und Damla lebendig rauskamen, war ein Wunder gewesen.
Durch Damlas prominenter Familie landete die Nachricht in die Öffentlichkeit. Ich konnte die Berichte nicht mehr sehen.
„Wir können nichts tun außer abzuwarten Gülin."
„Ich hoffe das beste für Frau Damla! Sie ist eine starke junge Frau."
Nickend antwortete ich und stand mit Zigarettenschachtel und Feuerzeug auf.

Vor der Tür unterhielt ich mich mit einem Hafenarbeiter. Er fragte mich, was ich zu so einer schwierigen Zeit hier suchte.
„Die Arbeit erledigt sich nicht von selbst, Halit."
„Da haben Sie recht. Aber Sie können sich auf uns verlassen. Auch ohne Sie läuft der Laden.", ermutigte mich Halit.
Mittlerweile hatte sich ein familiäres Verhältnis zu den Angestellten gebildet. Ich kannte ihre Namen und Geschichten.

Zu Beginn hielten sie mich als der arrogante Chef, aber mit der Zeit lernten sie mein wahres Gesicht kennen.
Zugegeben, ich war launisch am Anfang gewesen. Die Wende erfolgte, als ich mich an die Stadt gewöhnte. Und vor allem an Damla.

Im Büro zurück, begab ich mich der Arbeit.
Ich versuchte es zumindest. Die Zeit verging nicht. Ich stand auf, ging auf und ab, aber nein! Noch länger konnte ich nicht verweilen. Mein Herz zog sich zusammen.
In dem Moment begann mein Handy an zu klingeln.
Demir rief mich an. Ein seltsames Gefühl überkam mich. Gab es Neuigkeiten über Damla?

„Ja?", nahm ich den Anruf panisch entgegen.
„Ich bin's Buket. Komm sofort zum Krankenhaus!"
Das Blut in mir fror.
„Warum? Ist Damla-"
„Sie ist aufgewacht! Demir ist gerade bei ihr!", hörte ich und ein Stein fiel mir vom Herzen.
„Wirklich?", fragte ich schockiert.
„Ja!"
Sie konnte am Leben bleiben!
Schleunigst machte ich mich auf den Weg.

Als ich im Krankenhaus ankam, erblickte ich das  schönste Bild, das ich jemals sehen könnte. Zwei Geschwister vereinigten sich. So viel Sehnsucht und Schmerz steckte hinter der Wiedervereinigung.
„Wir haben es geschafft Damla! Ich habe dich gefunden.", blickte er sie an.
„Ja, Abi!", gab diese Schwach von sich.
Ich fühlte mich so glücklich wie noch nie. Meine Damla überlebte einen tragischen Unfall und sie verließ mich nicht.

Die Wunde der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt