66 - bewusstlos

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Mein Herz klopfte mir bis zum Kopf. Schlagartig umhüllte mich eine Hitze. Im schwach beleuchteten Korridor lief ich auf und ab. Das einzige, das ich gerade wollte, war eine erfolgreich abgeschlossene Mission.
Der Plan, der präzise aufgestellt wurde, war mehr als sicher, doch Angst hatte ich trotzdem. Unser Team bestand aus erfahrenen Mitgliedern. Devrans Hacker hatte sich ins System eingehackt und verfolgte uns durch die Kameras. Seinerseits kam auch ein Okay.
Nichts konnte schiefgehen. Trotzdem konnte ich die Zweifel nicht wegdenken. Ich war zu aufgewühlt, um Ruhe zu bewahren.

„Der Bote ist in der Küche eingetroffen.", teilte eine Komplizin mit.
„Der Kurier übernimmt den Koffer.", kam eine Stimme aus der Küche. Oh Gott! In einigen Sekunden kam Devrans Teil.
„Ist es im Flur clean?", fragte Devran. War es im Flur clean? Welcher Flur?
„Damla?", sprach er mich an. Die Frage ging also an mich.
„Eh, ja!"
„Gleich wird der Kurier die Küche durch die Hintertür verlassen. Bereite dich vor Devran.", sagte der Hacker. Alles soll bitte gut laufen! Alles soll bitte gut laufen!
Gebete hinter Gebete sprach ich aus.
Die Spannung stieg bis zur Spitze des Mount Everests.

„Er ist draußen.", kündigte der Komplize aus der Küche an. Jetzt folgte Devrans Teil. Der Kurier sollte die Mitteilung Bahtiyars an die Hintermänner leiten.
„Jetzt hab ich dich.", raunte er vor sich hin und kurz daraufhin ertönte ein Knall. Erschrocken zuckte ich zusammen. Devran hatte den Kurier erfasst. Ich konnte nicht länger auf meiner Position stehenbleiben und rannte zu ihm.
Es sah wie erwartet aus. Mit einem Schlag war der Kurier in Ohnmacht gefallen und lag reglos auf dem Asphalt.
„Was machst du hier!", erblickte mich Devran.
„Ich konnte nicht mehr still stehen!"
„Jemand soll auf Damlas Position.", befahl er.

Vorsichtig nahm Devran den Koffer in die Hand und knackte den Passwort auf. Spannend wartete ich auf die Mitteilung, die sich darin verbarg.
„Was ist drin?", wollte ich erfahren.
„Ein Zettel. Und ein Papierstapel."
Eine Adresse stand auf einem kleinen Zettel geschrieben, diese Devran fotografierte.
„Was steht in den Papieren?", fragte ich. Verwirrt blätterte er sie durch.
„Ich weiß es nicht. Etwas über Verkäufe und Einnahmen."
Jede Seite fotografierte er ab.
„Da befindet sich noch etwas im Koffer.", entdeckte ich. Etwas kleines schwarzes. Devran nahm den USB-Stick raus.

Verwirrte Blicke tauschten wir miteinander aus.
„Davon war keine Rede. Aber es muss etwas Wichtiges sein.", sicherte Devran.
„Rasim, komme sofort hier her. Du musst einen Stick kopieren.", rief er den Hacker zu sich.
„Und du Ferit auch."
Ferits Aufgabe war es, die Mitteilung den Hintermännern zu liefern, als ob nichts passiert wäre. Nachdem Rasim den Stick kopierte, ging Ferit mit dem Motorrad des Kuriers los. Er gab sich als der Kurier aus. Unter dem Motorradhelm würde ihn niemand erkennen.
Eine letzte Aufgabe blieb noch übrig, die Rasim erledigte. Er löschte jede Kameraaufnahme, auf der wir zu erkennen waren.

Was es das? Hatten wir es wie versprochen geschafft?
Tatsächlich.
Meine Knie zitterten noch, sowie meine Hände. Wie riskant unsere Überfälle waren, konnte man nicht ignorieren.
„Ist es vorbei?", wandte ich mich zu Devran.
„Ja.", schaute er mich an. Erleichtert atmete ich aus.
„Dann lass uns gehen."
„Hast du nicht etwas vergessen?", meinte Devran.
„Was zum Beispiel?"
„Deine Jacke?"
Stimmt. Vor lauter Stress vergaß ich meinen Trenchcoat drinnen. Devran ging rein und holte ihn noch ab. Die Kälte machte sich erst jetzt bemerkbar. Vor Aufregung hatte ich sie kaum wahrgenommen.
Vor dem Haupteingang wartete ich auf Devran.

Wir waren verrückt. Eine andere Erklärung fand ich nicht. Wir haben einen Drogenboss geplündert! Was wir erlebten, war filmreif. Keiner würde es mir beim Erzählen glauben. Wird der Überfall auch weiterhin unter uns bleiben? Wird Bahtiyar bemerken, dass etwas schief lief? Ich versuchte optimistisch zu denken, aber große Zweifel schwirrten in mir.
Devran war ein Meister der Überfälle. Ziemlich intelligent muss er sein, um komplexe Pläne aufzustellen. Könnte er bloß diese Intelligenz auch in anderen Lebensbereichen einsetzen...

Die Wunde der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt