Kapitel 12

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Sidon

»Und Aktion, bitte!«, ruft ein Mann hinter der Kamera , so dass ich mir vorkomme wie eine Schauspielerin in einem Film. Dabei bin ich in Wirklichkeit ein nervöses Nervenbündel mit Wut in den Venen, das gerade neben ihrem Erzfeind sitzt und darauf wartet, dass dieses Interview zu Ende geht.

»Na dann, starten wir besser mal, oder?«, fragt Mrs. Shine locker in den Raum hinein, erwartet aber ganz offensichtlich keine Antwort von ihren Mitarbeitern. Wie sie uns zuvor in einem kurzen Briefing erklärt hat, soll das kein steifes Interview oder eine Fragenfolter werden. Ausweichen und kryptische Antworten sind natürlich erlaubt und allgemein sollte das ganze eher locker wirken. In ihrer Welt ist das anscheinend ein weiteres Synonym für authentisch – ein Wort, das sie innerhalb dieses Zehn-Minuten-Meetings ziemlich oft zur Sprache gebracht hat. Wahrscheinlich wird es in ihrer Funktion als Moderatorin ebenfalls ein paar Mal fallen.

»Ich hoffe, ihr beiden hattet bisher einen angenehmen Aufenthalt hier und freut euch darauf, hier wieder zueinander zu finden. Aber bevor wir etwas näher auf eure frühere Beziehung eingehen, wäre eine kurze Vorstellung ganz gut«

Mit einem auffordernden Lächeln strahlt sie uns an, während ich am liebsten im Sofapolster versinken würde. Ich weiß, dass es durchaus möglich ist, eine Szene mehrmals zu drehen, aber mir ist ebenso im Gedächtnis geblieben, dass Mrs. Shine gerne die ersten Shots verwenden würde – natürlich aus Authentizitätsgründen.

Weil ich nicht weiß wie ich diese Vorstellung über die Bühne bringen soll, durchbohre ich Colton mit Blicken, um ihn davon zu überzeugen, dass er anfangen soll. Leider grinst er nur provokant zurück und schüttelt leicht den Kopf. Sofort verengen sich meine Augen zu Schlitzen und ich muss an mich halten, um wegen dieser Kleinigkeit keinen Streit vom Zaun zu brechen. Nachdem er sich gestern wie eine erstklassige Matschbirne mit Kurs auf Arschlochhausen verhalten hat, könnte er mir diesen kleinen Gefallen wirklich erweisen, oder? Vor allem, da er mit so etwas sicherlich mehr Erfahrung hat als ich.

»Wenn ich gewusst hätte, dass es nur eine Vorstellungsrunde braucht, um eure Streitigkeiten in ein non-verbales Starren zu verwandeln, hätte ich diese spezielle Technik gestern schon angewandt«, murmelt Mrs. Shine vor sich hin, fasst sich aber schnell wieder.

»Bitte noch ein Take!«, schreit sie zu durch den Raum und kurze Zeit später geht unser erster Versuch vor der Kamera zu Ende und wird durch eine zweite Chance ersetzt.

»Okay, bevor wir mit dem eigentlichen Interview beginnen, starten wir zuerst in eine kurze Vorstellungsrunde. Um das ganze etwas spannender zu gestalten, sollt ihr aber nicht euch selbst, sondern euren Partner mit den Zuschauern bekannt machen. Sidon, du fängst an«

Ich weiß nicht, ob ich mich über die Wendung der Ereignisse freuen soll oder ob sie ein weiterer Grund zur Sorge sind, aber in diesem Moment breitet sich ein breites Grinsen auf meinem Gesicht aus.

»Tja, meine lieben Zuschauer, das ist Colton«, Grob zeige ich mit meiner Hand in seine Richtung. Es fühlt sich zwar komisch an, dass jede meiner Bewegungen aus mehreren Winkeln gefilmt wird, aber ich fühle mich ein wenig selbstsicherer als vor einigen Sekunden.

»Er würde sich wohl als Rockstar oder Musikinterpret bezeichnen, aber eigentlich ist er gerade hauptberuflich eine unausstehliche Nervensäge, die mich an den Rand des Wahnsinns treibt. Zudem hat er anscheinend eine heimliche Obsession mit Reality-TV-Shows oder stellt gerne Leben auf den Kopf. Ich wüsste nicht, warum ich sonst hier sein sollte«

Das Schnauben von der anderen Seite der Couch gibt mir einen recht guten Eindruck davon, was mein Kollege von meiner kleinen Vorstellung hält. Und als ich meinen Blick von der Hauptkamera abwende und stattdessen ihn ansehe, kann ich an seinen Augen ablesen, dass er die unterschwellige Herausforderung angenommen hat. Er wird versuchen, meine Antwort zu toppen.

Songs, rockstars and the fucking pastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt