Kapitel 50

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Sidon

Ich habe meinen Verstand verloren. Irgendwo in den Weiten meiner inneren Gefilde. Vermutlich wurde er vom emotionalen Ballast verschüttet und selbst wenn ich ihn wiederfinde, ist er weit davon entfernt wieder repariert zu werden. Es könnte sein, dass ich mir das alles hier nur einbilde. Mein Herzschlag dröhnt immer noch in meinen Ohren, so als wolle er mir gleichzeitig widersprechen und zustimmen. Ich bin innerlich wie zerrissen.

Ich fühle Coltons Hände, die auf meinen Wangen liegen. Ich sehe ihm in die Augen, höre seine Worte. Doch all das kann unmöglich echt sein. Ich muss einer Täuschung unterliegen, denn in Wahrheit sitze ich bestimmt noch heulend in meinem Zimmer und versuche gerade in eine bessere Welt zu entfliehen.

Aber es fühlt sich so echt an...

»Meinst du das alles wirklich ernst?«

»Ja... Natürlich, Ro« Seine Hände umfangen noch immer mein Gesicht, weswegen ich kaum eine andere Möglichkeit habe, als ihm in die Augen zu sehen. Er sagt die Wahrheit, schallt es durch meinen Kopf, denn ich kann keinerlei Anzeichen einer Lüge erkennen. Da ist nur ein sanfter Hauch von Unglauben, als könnte er meine Zweifel nicht vollständig nachvollziehen.

Ich kann es einfach nicht fassen. Es ist als hätte jemand eine Sperre in meinen Kopf gebaut, die meine Nervenenden davon abhält sich zu vernetzen und ein schlüssiges Bild zu formen. Ich spüre wie meine Augen wieder feucht werden, doch ausnahmsweise sind Trauer und Schuldgefühle nicht die vorherrschenden Emotionen, stattdessen fühlt sich dieses etwas an wie... freudige Verblüffung gemischt mit einer Prise reines Glück, die durch meinen Körper fährt wie ein Blitz.

Coltons Worte kommen mir wieder in den Sinn. Was wäre, wenn er mir diese Geschichte erzählt hätte? Obwohl ich mich davor fürchte, diese Frage zu beantworten, fühle ich tief in mir nach.

»Das würde ich«

Eine Träne löst sich aus meiner Wimper und tropft auf Coltons Finger.

»Ich würde dir sagen, dass dich dieser kleine Fehler mit den schweren Folgen nicht definieren sollte. Dass du es immer noch verdient hast glücklich zu sein. Ich würde dir sagen...«

Kurz halte ich inne, während weitere Tränen meine Wange hinabströmen und ich gleichzeitig eine Grimasse schneide, die vage an ein Lächeln erinnert.

»Ich würde dir sagen, dass es Zeit wird loszulassen, weil du die Last auf deinen Schultern nicht verdient hast«

Ich bin innerlich wie erstarrt. Vollkommen geschockt. Meine Hand fährt herauf zu meiner Unterlippe und streicht darüber, als könnte ich dort irgendeinen Zauber erfühlen, der diese Worte aus mir herausgezwängt hat. Doch natürlich fühle ich keine Magieüberreste. Es ist nichts anders als sonst und trotzdem hat sich etwas Gewaltiges verändert. Coltons Geschichte wäre in meinen Augen furchtbar tragisch. Mitgefühl würde mein Herz zerquetschen, doch ich würde ihn nicht verurteilen. Ich würde ihm nicht sagen, dass er zur Hölle fahren soll, für das was er getan hat.

Es war ein Unfall, meldet sich die gute Stimme wieder.

Dicht gefolgt von: Aber Flors Blut klebt trotzdem an deinen Händen. Unfall oder nicht – Sie ist tot. TOT! Und das ist allein deine Schuld, wenn du nicht gewesen wärst, hätte sie alles erreichen können, was sie sich immer erträumt hat.

Warum sollten für Colton andere Regeln gelten als für dich? Du musst lernen dich so zu behandeln wie einen guten Freund. Sonst findest du niemals hier raus.

Denk nicht mal dran! Du hast keine Absolution verdient!

Meine Hand schnellt zu meinem Kopf und presst sich gegen meine Stirn, als ob das irgendetwas dabei nützen würde das Chaos und die drohende Explosion in meinem Hirn abzuschwächen. Es ist einfach alles viel zu viel!

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