Sidon
»Entweder Mrs. Shine ist verdammt einfallslos oder sie liebt es, mich fallen zu sehen«, murre ich vor mich hin, während ich mich auf die stillgelegte Waschmaschine hieve, die sich auf magische Weise in diesen Escape-Room geschlichen hat. Wenn es nach Megan geht ist das hier aber kein Elektroschrott, der besser auf der Müllkippe untergebracht wäre, sondern ein magischer Vertrauenstest. Oh ja, ich wünschte wirklich, dass es hier einen Telefonjoker gäbe, mit dem ich einen Psychiater für sie herbeirufen könnte.
Immerhin sind wir endlich diese Handschellen los.
»Die Devise lautet: Umdrehen, vertrauen und fallen, Sidon. Es wird dir und eurer Beziehung gut tun, wenn du dein Misstrauen für diese Übung zur Seite stellst«, verkündet Megan über eine Audio-Anlage genauso wie damals im Pfannkuchenhaus. Ich wünschte, es wäre das erste Mal, dass sie sich in ihrer Grusellady-Manier einmischt, aber so ist es nicht. Wir haben schon einige Anweisungen und Motivationssprüche von ihr erhalten.
»Das mit dem Umdrehen und dem Fallen kriege ich wahrscheinlich hin... Aber falls Sie es bisher noch nicht wussten: Man kann Vertrauen nicht einfach so aus dem Hut zaubern und ich bezweifle auch, dass man sie sich... herbeistürzen kann«
Ich weiß nicht, warum ich überhaupt versuche eine Diskussion zu starten. Schlussendlich werde ich mich von dieser Waschmaschine fallen lassen. Aber verdammt, der Gedanke gefällt mir nicht. Genau genommen ist er verantwortlich für all die ängstlichen Schmetterlinge, die in meinem Bauch Samba tanzen und dabei meine Übelkeit anregen. Stocksteif bleibe ich auf dem Ding stehen und hoffe, dass ich die Katastrophe noch abwenden kann.
»Also zweifelst du daran, dass ich dich auffange?« Colton mustert mich auf eine Art und Weise, durch die ich mich fühle, als könnte er in mich hineinsehen.
»Denkst du wirklich, ich stehe untätig daneben, während dein Körper auf den Beton aufschlägt?« Jetzt klingt seine Stimme drängender. Nicht etwa, weil er möchte, dass ich ihm die gewünschte Antwort gebe, sondern weil er mich dazu auffordert, selbst näher hinzusehen. Die Augen zu öffnen. Eine Sekunde innezuhalten und mich zu fragen, ob ich ihn wirklich für so kaltherzig halte. Verrückter Weise ist die Antwort ein klares Nein.
Dabei hat er schon einmal dabei zugesehen wie ich in tausend winzig, kleine Splitter zersprungen bin. Meine Antwort ist nicht logisch.
»Ich glaube daran, dass du mich auffängst, aber ich bin mir nicht sicher, ob mir diese oberflächliche Zuversicht ausreicht«
Colton und ich sehen uns in die Augen. Es ist einer der wenigen Male, bei denen er zu mir nach oben schauen muss und obwohl uns mehrere Meter trennen, weiß ich sofort, dass er versteht, was ich ihm sagen möchte.
»Das verstehe ich... Aber es kann nun mal kein Vertrauen entstehen, wenn du nicht manchmal bereit bist, ein Risiko einzugehen. Denn genau das sind die Momente, in denen du einem anderen die Chance gibst, zu beweisen, dass sie für dich da sind und kein Misstrauen nötig ist. Keiner verlangt, dass du mir jetzt blind vertraust. Ich bitte dich nur darum, dir zeigen zu dürfen, dass ich dich auffange, wenn du fällst«
Mein Herz pocht laut in meiner Brust. Coltons Blick scheint sich durch mich hindurch in mein Innerstes zu bohren und mir wird unerklärlicher Weise heiß. Ich fühle mich in die Ecke gedrängt, denn ich kann nicht leugnen, dass seine Definition von Vertrauen mir einleuchtet.
»Was ist, wenn ich dir überhaupt gar nicht vertrauen möchte?« Meine Stimme ist nichts weiter als ein eindringliches Flüstern und die Atmosphäre um uns herum fühlt sich mittlerweile so aufgeladen an, dass ich ein Knistern in meinem Inneren spüre.
»Manchmal kann man solche Dinge nicht kontrollieren – egal wie sehr einem der Gedanke zunächst widerstrebt« Ich hasse es wie wissend seine Worte klingen. Es wirkt so als hätte er diese Reaktion seines Herzens schon am eigenen Leib verspürt. Das lässt die Gefahr, Colton erneut zu verfallen, umso realer durch den Raum schweben. Zudem kann ich mich nicht davon abhalten, mich zu fragen, auf welche Geschichte er sich bezieht.
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Songs, rockstars and the fucking past
Romance,,Wir waren ein Team. Verkorkst, zerbrochen und derartig scharfkantig, dass sich jeder andere an uns geschnitten hätte. Und dann hat er unsere Verbindung in einer Nacht den Höllenhunden zum Fraß vorgeworfen und mich weinend daneben liegen lassen." Z...