Kapitel 13

114 7 25
                                    

Colton

Fuck, fuck, fuck, schießt es durch meinen Kopf und ich presse mir genervt mein Kissen aufs Gesicht, obwohl die Füllung meine Gedanken nicht aussperren kann. Nachdem ich gestern die halbe Nacht damit verbracht habe, mich von einer Seite zur anderen zu wälzen, habe ich keine Lust mich jetzt schon wieder mit meinem Sidon-Gedanken-Wahn auseinander zu setzen.

Bilder vom gestrigen Interview tauchen vor meinem inneren Auge auf. Ihre geröteten Wangen, als wir uns gegenseitig mit Worten Schachmatt setzen wollten. Ihr erneutes Ausweichen auf die Frage nach dem Warum. Die Weichheit ihres Tonfalls als sie über unsere frühere Freundschaft sprach.

Schluss jetzt, raune ich meinem Verstand zu, bevor ich nach meinem letzten möglichen Retter greife. Auf meinem Handy durch Instagram zu scrollen, wird mich hoffentlich vor einer weiteren Erinnerungsflut bewahren, bevor ich die Muse aufbringe, mich fürs Frühstück aus dem Bett zu rollen.

Gelangweilt lasse ich meinen Blick über die Gesichter von Sängern und anderen Stars schweifen, während ich mich frage, wie zum Teufel mich dieser Einheitsbrei von meinen Gedanken ablenken los. Doch plötzlich schwebt mein Daumen über einem Bild, das mir quasi die Luft aus den Lungen saugt.

Was zur Hölle? Wie von der Tarantel gestochen setze ich mich auf und lasse meinen Blick panisch zwischen meinem Nachtisch und dem Foto hin und her pendeln. Der Kloß in meinem Hals wird bei jedem Blinzeln dicker und mein Herz pocht bereits einen schnellen Elektrobass in meiner Brust. Das ist unmöglich, schießt es mir durch den Kopf, doch ich kann nicht leugnen, was ich sehe: Das auf diesem Foto bin ich. Nachts. Schlafend. Nichts ahnend und in einem Zimmer, in dem ich mich eigentlich sicher fühlen sollte.

Sleeping Beauty ist der Untertitel des Posts und darauf folgen ein paar Hashtags, die unter anderem meinen Namen und den Titel der Reality-Show enthalten, in der ich gerade mitspiele. Fassungslos starre ich auf das Bild, während sich die Angst langsam einen Weg durch meine Venen bahnt. Im Schlaf fotografiert zu werden ist schon gruselig genug, aber dass ein solches Foto auch noch plötzlich auf Instagram kursiert und massig Likes erntet, fühlt sich surreal an.

Ich weiß nicht, was ich denken oder fühlen soll, kann unmöglich sagen, ob das alles nur ein schlechter Scherz oder eine ernste Angelegenheit ist. Hat sich wirklich ein Fremder in dieses Haus eingebrochen und hat mich heimlich fotografiert? Nein, nein... So etwas passiert mir nicht. Ich bin nicht soo berühmt. Meine letzte Veröffentlichung ist zwei Jahre her, ich spiele rockige Songs, die nicht einmal im Radio laufen und einen Grammy habe ich auch noch nie gewonnen. Vielleicht steckt Mrs. Shine dahinter und das ist nur ihre kranke Art die Show zu vermarkten.

Ungläubig schüttle ich den Kopf. Nein, das glaube ich nicht. Schließlich darf sie in diesem Haus nur mit unserem Einverständnis und vorheriger Ankündigung filmen – das steht so im Vertrag. Aber wer ist dann dafür verantwortlich? Mit einem Mal rast ein Kälteschauer über meinen Rücken und es ist als würde mir jemand Eiswasser in die Adern pumpen. Was ist wenn...? Was ist wenn...?

Der Gedanke ist so schmerzhaft, dass ich keine Sekunde über diese Idee nachdenke, bevor ich aus dem Bett springe und meine Zimmertür mit einem kräftigen Rück aufreiße. Die Hand, die sich um mein Handy krampft fühlt sich klamm an, doch das hält mich nicht davon ab den kurzen Flur hinabzufliegen und schließlich energisch gegen Sidons Tür zu hämmern.

Die Zeit scheint in einem Slow-Motion-Filter gefangen zu sein. Warte ich hier erst ein paar Sekunden oder eine ganze Minute? Ach verdammt, wenn interessiert's. Ungeduldig reiße ich die Tür auf und stolpere dabei prompt ins Zimmer.

»Ist das dein Werk?«, höre ich mich fragen und fuchtle dabei zornig mit dem Handy herum, obwohl ich mir nicht mal sicher bin, ob ich gerade Wut empfinde. Ist verworrenes, undefinierbares Chaos eigentlich auch eine Emotion?

Songs, rockstars and the fucking pastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt