Kapitel 25

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Colton

Ich starre an die weiße Decke über meinem Kopf, während sich meine Hände in das Deckbett krallen. Noch immer echot das klirrende Geräusch in meinen Ohren und ich weiß nicht, ob es in meiner Erinnerung so laut erscheint, weil sich keine Bilder zu dem Moment gesellen oder weil der Klang so nah war.

Eine Vase. Eine schwere, gottverdammte, klobige Vase, schallt es durch mein Hirn und ich fühle mich ein ums andere Mal als wäre ich in einem miesen Cartoon gelandet. Jeder kennt wohl die Szene, bei der ein Charakter auf der Bühne eine Performance hinlegt, während ein anderer über ihm sitzt und im richtigen Zeitpunkt einen Gegenstand fallen lässt. Ich glaube, Sandsäcke waren in diesem Zusammenhang sehr beliebt. Aber das tut nichts zur Sache. Fakt ist, dass Sidon und ich beinahe von einer fallenden Vase erschlagen wurden.

Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn sie uns getroffen hätte. Wäre es nur eine leichte Kopfverletzung gewesen? Eine Gehirnerschütterung? Ich bin froh, dass uns beiden nichts passiert ist, aber ich kann nicht aufhören daran zu denken, dass die Vase nicht von alleine dort oben gelandet ist. Wahrscheinlich war es der Einbrecher...

An die Minuten nach dem Geräusch erinnere ich mich nur schemenhaft. Ich weiß, dass die Angst mich wie ein sengender Blitz durchfuhr und eintausend Gedanken durch meinen Kopf wirbelten, ohne das wirklich eine bei mir ankam. Dann brach Chaos aus. Das Licht wurde angeschaltet. Bodyguards stürmten zu uns herein. Ich konnte nur einen kurzen Blick auf einen Scherbenhaufen direkt neben uns werfen, dann wurde wir auch schon aus dem Gebäude exekutiert.

Das einzige, was ich mit Sicherheit weiß ist, dass ich unbewusst nach Sidons Hand griff und sie nicht mehr los ließ. Ich kann nicht fassen, dass ihr fast etwas passiert wäre. Und alles nur, weil ich sie zu dieser Show überredet habe. Immerhin ist sie jetzt sicher in ihrem Zimmer. Überall vor dem Haus stehen Bodyguards. Es wird alles gut, raune ich mir in dem verzweifelten Versuch mich zu beruhigen. Verdammt, ich wünschte, ich wäre jetzt bei ihr...

Ein lautes Klopfen erklingt an meiner Tür und sofort zucke ich zusammen. Was ist, wenn es der Täter ist?

»Hey, Mann! Ich bin es! Kann ich reinkommen?«, dringt eine gedämpfte Stimme an mein Ohr, die ich sofort J.P zuordnen kann. Sogleich entspanne ich mich ein wenig und finde die Kraft, mich aufzusetzen.

»Komm rein!«, rufe ich zurück und keine Sekunde später steht der Irre mit zwei großen Tassen Tee und einem besorgten Gesichtsausdruck im Türrahmen.

»Und wie geht es dir? Ich habe Tee mitgebracht. Ich dachte, wir könnten -«, beginnt J.P in seiner üblichen Laberflash-Manier, weshalb ich ihn sofort unterbreche.

»Gibt es schon etwas Neues?« Mein ruppiger Tonfall tut mir sofort leid, aber ich habe meine Emotionen gerade überhaupt mich im Griff. Ein paar Zentimeter mehr und diese verdammte Vase...

»Hier, trink einen Schluck. Das beruhigt« J.P steht urplötzlich vor mir und hält mit eine dampfende Tasse Tee unter die Nase, die mir einen Schwall heiße Luft ins Gesicht weht.

Stumm nehme ich die Tasse entgegen, die er mir so fordernd entgegenstreckt und führe sie an die Lippen. Sofort wünschte ich mir, es wäre nicht nur Baldrian sondern auch noch ein Schuss Whiskey in dem Gesöff. Das könnten meine Nerven jetzt gut gebrauchen.

»Es ist noch nicht viel bekannt«, setzt J.P an, während er sich auf meinen Schreibtischstuhl fallen lässt, »Sicher ist jedenfalls, dass die Vase nicht im Skript stand und dass niemand weiß, wie der Gegenstand dort oben gelandet ist. Bisher haben sich keine Zeugen gemeldet, aber gerade wird das Videomaterial der Halle gesichtet, in der wir gedreht haben. Die ganzen Kulissen und Objekte wurden vor zwei Tagen dort hingeschafft und aufgebaut. Es war immer regsamer Betrieb, deshalb könnte es sein, dass sich der Täter als Handwerker verkleidet in die Halle geschlichen und die Vase positioniert hat. Die Polizei wurde jedenfalls verständigt. Es wird die Vermutung geäußert, dass es derselbe Täter war wie beim Fotovorfall, aber wir können natürlich nicht sicher sein«

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