Kapitel 21

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Colton

»Aber das kannst du doch sicher wieder hinbiegen, Kumpel!«, erwidert J.P direkt nachdem ich die Schilderung des Deal-Dramas abgeschlossen habe. Sofort wandern meine Augenbrauen gen Haaransatz. Das ist doch hoffentlich nicht sein ernst!

»Du hast schon realisiert, was ich dir gerade erzählt habe, oder? Der Deal ist gelaufen und selbst in der kurzen Zeit, in der du Sidon nun schon kennst, sollte dir aufgefallen sein, dass sie keine halben Sachen macht. Wenn sie einmal von einer Sache überzeugt ist, lässt sie sich nur äußert selten davon abbringen. Außerdem spielt es ihr doch nur in die Karten, wenn ich mich jetzt vor ihr im Dreck wälze, um sie als Lehrerin zurückzugewinnen. Es wird ihr sicherlich eine Freude sein, mich immer und immer wieder mit leeren Händen stehen zu lassen, während ihre sadistische Ader höhnisch vor sich hin lacht«

»Du darfst das nicht so schwarzsehen, Alter! Hast du überhaupt schon mal versucht, dich bei ihr für deinen unglücklichen Kommentar zu entschuldigen? Und dabei meine ich eine richtige Entschuldigung und kein hektisches Gefasel, das du ihr hinterherrufst, um deine bröckelnde Welt vorm Zerbrechen zu bewahren – So etwas wirkt auf Frauen nämlich nie besonders überzeugend«

Oh man, warum hört sich dieser Kommentar beinahe wie ein Beziehungsratschlag an? Wenn ich auf eins heute verzichten kann, dann auf J.Ps Sticheleien rund um die romantischen Gefühle, die ich angeblich für Sidon hege.

»Entschuldigen?«, erwidere ich und koste das Wort dabei auf meiner Zunge, als hätte ich den Geschmack noch nie zuvor getestet. Die Logik schreit mir zu, es wäre einen Versuch wert, doch andere Teile meines Selbst sind strikt dagegen. Zum Beispiel, der Part, der es absolut bescheuert findet, wegen dieser Sache Reue zu empfinden. Sie hat mich ohne Abschied zurückgelassen! Warum sollte ich nicht das Recht haben nach dem Warum zu fragen?

Das Problem ist nur, dass mir Sidons blaue Augen, die vor Schmerz und Enttäuschung beinahe überschwappen nicht aus dem Kopf gehen möchten. Ob sie ein schlechtes Gewissen hat, weil sie einfach so abgehauen ist? Ist das der Grund, warum sie nicht daran erinnert werden möchte? Verdammt, ich weiß es nicht und an manchen Tagen glaube ich, dass ich es nie tun werde.

»Ich sage es ja nicht gerne, Bruder, aber einen Tod wirst du wohl sterben müssen. Entweder du verzichtest auf Sidons Hilfe bei dem Song oder du springst ausnahmsweise mal über deinen Schatten und beweist etwas Nettigkeit ihr gegenüber. Wenn du eine Entschuldigung nicht über die Lippen bekommst, kannst du es ja mit einer aufmerksamen Geste versuchen. Ich bin mir sicher, dir fällt etwas ein«, schlägt J.P vor.

»Oh und wenn ihr gerade dabei seid, könnt ihr euch gleich vertragen und in den Sonnenuntergang reiten. Was meinst du? Am Ende, wenn ihr dieses kleine Missverständnis aus der Vergangenheit endlich begrabt, werdet ihr euch sowieso küssend in die Arme fallen. Also, hört bitte auf euch mit schlechter Kommunikation die Tour zu vermasseln und spart euch den Wie-konnten-wir-nur-so-stur-sein?-Moment«

Während seiner kleinen Rede klopft J.P seinen schwarzen Hoodie nach einem Gegenstand ab und zieht schließlich einen Lolli heraus. Ich weiß nicht, was ich skeptischer mustere, den Aufdruck seines Shirts – ein neongrüner Totenkopf mit Sombrero – oder die Kindersüßigkeit, die er sich aktuell in den Mund steckt.

»J.P«, stöhne ich genervt, »Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du deine Hoffnungen auf ein Silton-Happy-End am besten so schnell wie möglich begräbst, weil du ansonsten am Ende der Show da stehst wie ein begossener Pudel, der gerade von seinem Herrchen verlassen wurde?... Außerdem glaube ich kaum, dass mir Sidon um den Hals fällt und sich bei mir entschuldigt, nur weil ich für sie ihre Frühstückspampe zubereite. Ich bezweifle also schwer, dass eine nette Geste unseren Krieg schlichten wird«

Songs, rockstars and the fucking pastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt