Kapitel 53

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Colton

Um uns herum wogt ein kreatives Chaos, angetrieben von meinen Gitarrenklängen und Sidons Zeilen. Sie sprudelt beinahe über vor Poesie. Und bald erweckt ihre Inspiration auch den verlorenen Teil in mir und ich kann ebenfalls ein paar Lyrics beisteuern. Es ist immer noch eine Heidenarbeit den Song zu unserer Zufriedenheit zusammenzubauen, aber die Freude, die ich dabei empfinde lässt die Zeit nur so vorbeifliegen.

Jedenfalls bis jetzt.

»Wir können den Song nicht einfach mit einer letzten Wiederholung des Refrains ausklingen lassen«, wirft Sidon ein, »Das ist kein richtiger Abschluss für dieses Lied. Es braucht etwas Besseres! Bedeutungsvolleres! Ich meine, das ist der erste Song, bei dem du zu den Lyrics beigetragen hast und ich hoffe schwer, dass du auch stolz darauf bist, C. Ansonsten muss ich mir heute noch eine Schimpftirade für dich einfallen lassen, denn ein anderer Gemütszustand ist absolut inakzeptabel«

Es ist seltsam, auf der einen Seite finde ich, dass man das Lied durchaus so enden lassen kann und auf der anderen Seite, weiß ich Ros Nörgeln an meinen Vorschlägen durchaus zu schätzen.

»Na schön, und was schlägst du vor?«

Nur, weil ich nicht auf meinem Standpunkt beharre, bedeutet das nicht, dass ihr automatisch zustimme. Ich habe bloß vor langer Zeit gelernt, dass es besser ist Sidon ihre kreative Phase ausleben zu lassen. Blöderweise ändert diese unterschwellige Tatsache nichts daran, dass ein siegreiches Lächeln über ihre Lippen huscht. Verdammt, ich ahne Böses...

»Ein Outro – Ganz allein von dir geschrieben«

Meine Augenbrauen zucken mit beeindruckender Schnelligkeit in die Höhe. Jetzt hat sie endgültig den Verstand verloren, hallt es durch meinen Verstand und ich schüttele im Takt meiner eigenen Zweifel den Kopf. Ich wüsste nicht, wie ich das hinbekommen sollte. Ein paar Zeilen hier und da einzustreuen, ist etwas ganz anderes, als einen Vers nach dem anderen aus meinem Herzen zu ziehen und irgendwie an die Oberfläche zu manövrieren.

»Unmöglich«

»Ach, komm schon. Wir wer-«

Mein Kopfschütteln nimmt an Intensität zu und ich fürchte, dass ich bald einer Schwindelattacke erliege, wenn ich so weiter mache.

»Das mit dem Outro klingt ja schön und gut, aber wenn du den Song wirklich so beenden willst, musst du das schon selbst in die Hand nehmen. Ich kann das nicht!«

Sidons erwartungsvoller Blick nimmt einen sanften Zug an, als sie kurzum näher zu mir rückt, bis sich unsere Oberschenkel wieder berühren. Sofort prasseln Eindrücke des Kusses auf mich ein.

»Ich glaube fest daran, dass du das hinbekommst, C. Aber das wird vermutlich nicht reichen«

Sanft nimmt die mir meine Gitarre Anchora aus der Hand und ich sehe sie erwartungsvoll an.

»Hör zu, du hast mich zu Beginn des Dreh förmlich angebettelt, dir beizubringen, wie du den passenden Text zu den Melodien findest, die du kreierst. Ich habe zwar ein, zweimal versucht dir etwas beizubringen, aber seien wir ehrlich: Da war ich viel zu beschäftigt, auf Abstand zu bleiben, um dir wirklich etwas lehren zu können. Doch glücklicherweise habe ich jetzt nicht mehr so große Angst vor ein bisschen Nähe«

Ihre Worte lassen mein Herz einen Marathon in meiner Brust laufen und ich muss schwer schlucken, damit ich mich nicht einfach nach vorne lehne und ihre Rede mit einem Kuss unterbreche. Das hier ist wichtig, Colton! Also, konzentrier dich!

»Das erste, was du lernen musst, ist der Möglichkeit, du könntest tatsächlich etwas zu Stande bringen, wenigstens eine kleine Chance einzuräumen. Bisher bist du automatisch immer von einem Scheitern ausgegangen. Aber die Fortschritte, die du gemacht hast, beweisen doch, dass Worte in dir schlummern, die es wert sind, gehört zu werden... Ich glaube an dich. Jetzt musst du diesen Glauben nur noch erwidern«

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