Kapitel 48

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Sidon

Unsere Schritte donnern über den Asphalt der Einfahrt, während mein Herz kurz davor ist zu kollabieren. Wir sprinten auf die Reihe von Autos zu, die in der Nähe des eisernen Tors stehen und ich wäre fast in Coltons Rücken gekracht, als er urplötzlich stehen bleibt. Keuchend ringe ich nach Luft.

»Was zum Teufel?«

Emotionen überwältigen mich und auf einmal kommt mir alles vor wie ein böser Traum. Du solltest nicht hier sein, ermahnen mich die Stimmen in meinem Kopf und werden zu einem lauten Orchester in meinem Kopf. Ich fühle mich als hätte man ein Foto von mir in meinem Zimmer geschossen, mich anschließend ausgeschnitten und hier nach draußen auf die Einfahrt geklebt. Es ist alles falsch...

Eine Schwere macht sich in mir breit, die nichts mit meiner Erschöpfung zu tun hat und auf einmal fühlt es sich an, als würde jemand eine Schnur um meine Lungen legen und fest zu ziehen. Energisch schnappe ich nach Luft, doch das Band drückt meine Sauerstoffzufuhr ab und ich beuge mich automatisch nach vorne – immerzu in der Hoffnung, dass mir das irgendwie Atem schenken wird. Das tut es aber nicht, stattdessen fühle ich mich wie ein Fisch auf dem Trockenen, deren Kiemen nicht für die Außenwelt geschaffen wurden.

Gott, ich sollte nicht hier sein. Nicht heute. Mein Platz ist da drinnen... In meinem Kopf. Ich... Warum läuft heute alles falsch?!

»Hey, Ro. Hey!«, ruft Colton und legt sofort eine Hand an meine Schulter, um mich zu stützen. Seine andere findet ihren Weg zu meinem Rücken und streichelt dort in langsamen Kreisen hin und her.

»Atme tief ein und aus. Ein und aus. Ein und aus«

C. wiederholt diese Worte immer und immer wieder, so dass sie wie ein Mantra in meinem Kopf nachklingen. Der Befehl scheint meine Lungen jedenfalls zu erreichen, denn sie hören auf zu krampfen und lassen endlich wieder Luft durch. Schnell sauge ich so viel Sauerstoff wie möglich ein und blinzele die Tränen weg, die schon wieder in meinen Augen stehen.

»Danke«

Schwerfällig lehne ich mich ans Auto, während ich zu Colton aufsehe. Verdammt, was tun wir hier?

»Ich weiß, heute ist wirklich ein schlechter Tag für einen Ausflug, aber ich fürchte wir landen vor der Kamera, wenn wir nicht sofort fliehen«

Genau in diesem Moment ertönt die Stimme von Mrs. Shine und ein Blick über meine Schulter zeigt mir, dass sie mit erhobener Faust auf uns zugestapft kommt. Ich kann ihre geschrienen Worte nicht genau entziffern, aber es scheint etwas wie „Was zum Teufel tut ihr denn da? Kommt sofort wieder her!" zu sein. Angst schießt mir durch die Knochen und Horrorvorstellungen von einer Geburtstagsfeier rasen mir durch den Kopf.

Was zum Teufel soll ich jetzt tun? Mit Colton in diesen Wagen steigen und davonfahren? Zurückgehen und hoffen, dass ich Megan dazu überreden kann, mir für heute doch noch frei zu geben?

Mrs. Shines Gestalt kommt immer näher und es fühlt sich an als gäbe es in diesem Moment nur falsche Optionen. Ich möchte einfach zurück in mein Zimmer und diesen Tag überleben! Verdammt! Ich hätte nie gedacht, dass das mal zu viel verlangt wäre!

Eine sanfte Berührung an meiner Schulter reißt mich aus meiner Schockstarre und mein Blick zuckt sofort zu Colton.

»Zeit einzusteigen, Ro«, erwidert er, doch ich kann nichts weiter tun als meinen Kopf zu schütteln. Ich kann heute nicht nach draußen gehen. Das ist zu viel. Ich...

»Ich verspreche dir, dass ich dich an einen Ort bringe, an dem du allein sein kannst. Vertrau mir bitte. Nur dieses eine Mal«

Cs Tonfall klingt beinahe flehend, als würde es ihm selbst seelisches Leid verursachen, mich in diese Situation bringen zu müssen. Meine gesamten Schutzmaßnahmen schreien mich an, nicht mit ihn in dieses Auto zu steigen, aber sie sind nicht annährend stark genug, um gegen mein Bauchgefühl anzukommen. Verdammt, dann vertraue ich ihm eben. Was kann da schon schiefgehen?

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