Songs, rockstars and the fucking past

Kapitel 24

Colton

Schwärze umhüllt uns wie ein dunkler Schleier der Geborgenheit, während ich fieberhaft überlege wie ich die Stille durchbrechen könnte.

»Ich fürchte, ich habe noch nicht ganz verstanden, welchen Sinn diese Station erfüllt«, flüstere ich Sidon zu, während ich einer heftigen Blinzelattacke erliege. Anscheinend können meine Augen dem Drang nicht widerstehen, wenigstens den Versuch zu starteFn, irgendwelche Gefühle von Sidons Gesicht abzulesen. Doch seien wir mal ganz ehrlich: Das sind alles vergebliche Mühen. Unsere Umgebung versinkt nämlich in einer tiefen, dramatischen Schwärze, die dem Sprichwort „Nicht einmal die Hand vor Augen sehen" eine ganz neue Bedeutung verleiht.

»Ich denke, Mrs. Shine hofft darauf, dass wir in diesen fünf Minuten eine Phobie gegenüber der Stille und der Dunkelheit entwickeln und uns deshalb einem emotionalen Gespräch hingeben«

Leider ist das bisher die beste Theorie hinsichtlich dieser Station. Ich habe keine Ahnung, warum Mrs. Shine uns ansonsten in ein kleines Zimmer innerhalb des Escape Rooms verbannen sollte. Der Hinweis, den wir beim Billard gewonnen haben, bestand lediglich aus einer Wegbeschreibung und dem Songzitat, das wir bereits beim Interview erwähnten: Baby we both know, that the nights were mainly made for saying things that you can′t say tomorrow day.

»Ja, vermutlich... Aber ihr größenwahnsinniges Reality-Show-Herz wünscht sich wahrscheinlich, dass ihre Nachtkameras uns dabei erwischen, wie wir anfangen rumzumachen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie dann sofort einen Ausschnitt davon mit dem Untertitel „Dunkelheit vereint die Herzen #erwischt #heißesFilmmaterial" auf allen Sozialen Medien posten würde«

Kaum sind die Worte aus meinem Mund, ziehe ich auch schon eine Grimasse. Verdammt, wie komme ich bloß auf so einen bescheuerten Kommentar? Mein Herz stockt, noch während ich mich für diese dumme Frage verfluche, denn prompt werde ich mit Flashbacks überschüttet.

Ich spüre ihre zarten Hände unter meinen eigenen. Die Art und Weise, wie sich ihre Muskeln entspannen und mir die Chance geben, sie zu führen. Und ich sehe das Tattoo hinter ihrem Ohr, das ich bisher noch nie an ihr bemerkt habe und das mir fast den Atem raubt.

Oh Gott, zurück! Zurück!

»Dann können wir wohl froh sein, dass wir uns zu wenig mögen, um überhaupt einen Gedanken an einen Kuss zu verschwenden. Das erspart uns die Peinlichkeit einer solchen Post-Aktion«

Ja, was das angeht... Ausnahmsweise bin ich wirklich froh, dass die Dunkelheit all unsere Gesichtsausdrücke und Grimassen verschluckt, denn ich befürchte, dass ich aussehe wie ein Junge, der mit der Hand in der Keksdose erwischt wurde.

Ich wünschte, ich könnte diesen Gedanken mit Bleichmittel davonwaschen, doch es ist bereits zu spät. Irgendetwas an diesem verdammten Tattoo hat mich dermaßen durcheinander gebracht, dass ich kurz das Verlangen verspürte, meine Lippen auf diese empfindliche Stelle zu drücken. Es war wahrscheinlich nur eine Art Stromausfall in den vier Wänden meines Gehirns, aber aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen muss ich trotzdem ständig daran denken. Es ist wie verhext, als ob mich mein eigener Verstand für diesen Fehler bestrafen möchte.

»Ich bin mir sicher, dass sich Mrs. Shine bereits ausgelassen darüber ärgert, dass noch nichts Spannendes passiert ist, dass sie als Vorgeschmack auf die neue Folge posten kann. Hoffentlich verlängert sie unsere Zeit in der Dunkelheit nicht um weitere fünf Minuten, um besseres Filmmaterial zu sammeln«

Wenn ich noch länger in dieser Schwärze verweilen muss, wirkt Megans Plan vielleicht und ich lasse mich zu einer weiteren dummen Aussage hinreißen.

»Ich hoffe schwer, dass das keine versteckte Aufforderung war, O'Hara. Ich warne dich nämlich, komm' mir auch nur einen Zentimeter zu nahe und du spürst meinen Ellenbogen in der nächstbesten, empfindlichen Region, die ich finden kann«, faucht Sidon wie ein wildgewordenes Kätzchen und entlockt mir dabei ein leises Auflachen.