Kapitel 35

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Sidon

Die Musik scheint um meinem Körper zu wogen und es fühlt sich an, als würde ich schweben, während ich immer wieder von einer mächtigen Welle getroffen werde, die mich in eine andere Bewegung zerrt. Mittlerweile bedeckt eine dünne Schweißschicht meine Haut und ich fahre mir zum x-ten Mal durch die Haare, weil die hellbraunen Strähnen mir immer wieder ins Gesicht fallen.

Es stellt sich heraus, dass Nyght der perfekte Clubpartner ist. Manchmal tanzen wir zusammen, dann wieder einzeln, doch wenn er mich berührt, dann nie an Stellen, an denen es mir unangenehm ist. Und noch wichtiger: Es fühlt sich ganz natürlich an. Mit jemandem zu tanzen bedeutet nun mal, dass es hier und da ein wenig Hautkontakt gibt, aber in Clubs kann das ganz schnell zu einem grapschen oder etwas hypersexuellem abgleiten, das einen in eine bestimmte Richtung drängt. Mit Nyght ist es nicht so.

In diesem Moment jagt der Beat zu einem Höhepunkt hinauf und ich lege den Kopf in den Nacken, während sich mein ganzer Körper rhythmisch dazu bewegt. Plötzlich spüre ich wieder Nyghts Hand, die sich locker auf meine Taille legt und seine Wärme hinter mir. Ich glaube, unsere Körper bewegen sich im Einklang miteinander, aber das ist schwer zu sagen, wenn man seinem Tanzpartner den Rücken kehrt und die Menge um einen herum tobt wie ein lebender Orgasmus. Der Song mit den energetischen Beats klingt langsam ab und macht einem ruhigerem Lied Platz, das mir hoffentlich eine kleine Atempause verschafft. Mein Innerstes fühlt sich an, als würde eine Sonne darin explodieren.

»Ich muss schon sagen: Zunächst war ich etwas skeptisch, aber du bist der perfekte Tanzpartner«

»Ach ja?«, erwidert er sichtlich amüsiert und nickt mit seinem Kopf kaum merkbar in Richtung Bar, »Das solltest du ihm aber lieber nicht verraten«

Verwirrt lasse ich meinen Blick über den Ausschnitt vom Tresen gleiten, den ich durch die Menschenmenge tatsächlich sehen kann. Sofort springen mir die bekannten Gesichter unserer Clique entgegen, doch obwohl ich mir denken kann, auf wen er anspielt, entscheide ich mich trotzdem dafür, eine defensive Position zu beziehen.

»Wen meinst du?«

Ich glaube, ich habe noch nie jemanden so heftig mit den Augen rollen sehen wie Nyght.

»Ist die Frage ernst gemeint? Denn falls ja, bist du noch blinder als Blondie dort drüben, der seine Augen einfach nicht von uns lassen kann und mich immer wieder mit säuerlichen Blicken durchbohrt. So wie es aussieht wird er mir heute Abend noch den Arsch versohlen... Das hoffe ich jedenfalls«

Bei diesen Worten blitzt in seinen Augen beinahe so etwas wie Vorfreude auf, was mich noch verwirrter zurücklässt als zuvor.

»Was soll das denn bitte schön heißen?«

»Das bedeutet, dass Colton gerade eine Eifersuchtsnummer schiebt, weil er ganz eindeutig in dich verliebt ist, bisher aber zu... dumm? verblendet? verkorkst?... oder was auch immer war, um es sich einzugestehen. Jedenfalls hoffe ich, dass er jetzt endlich den Punkt der Erleuchtung erreicht hat. Nochmal werde ich nicht für ihn das Tanzbein schwingen, nur damit er einen Moment der Selbsterkenntnis erleben kann«

Ich kann einfach nicht anders. Mein Mund klappt auf. Er steht also nur hier auf dieser Tanzfläche, um Colton eifersüchtig zu machen? Ist das sein verfluchter Ernst?

Tja, es sieht so aus als würde mein Colton-freier-Gedanken-Abend gerade flöten gehen, denn jetzt muss ich nicht nur über ihn sprechen, ich kann auch ganz deutlich seine Blicke auf mir spüren.

»Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du dümmer bist als eine Scheibe Brot es jemals sein wird?«, keife ich, »Ich meine, du entwickelst irgendeine verschrobene Idee, quatscht mich an, um mich für deinen Eifersuchtsplan auf die Tanzfläche zu schleppen und hältst dich sicher für ein Manipulationsgenie mit einer Extraportion Charme. Aber dabei scheinst du all die wichtigen Dinge zu übersehen... Zum einen, steht Colton ganz sicher nicht auf mich – Das kann ich dir gerne zehnfach belegen – und zum anderen, sind diese Blicke weder eifersüchtiger Natur, noch an dich gerichtet. Wahrscheinlich schmollt er nur herum, weil ich seinen Plan zurück nach Anestry Creek zu fahren, nicht auf Knien anbete und er noch sauer ist wegen dem Streit von heute Morgen. Es tut mir also leid, aber du hast deine Zeit verschwendet!«

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