Kapitel 59

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Colton

Es ist nicht das erste Mal, dass ich dachte, ich hätte ein Geräusch vernommen, doch dieses Mal ist es anders. Es fühlt sich realer an. Erschöpfung zerrt an mir und trotzdem strafft sich meine Wirbelsäule mit einem Ruck, während ich mucksmäuschenstill sitzen bleibe.

Mein Herz pocht lauter, als ich das unverwechselbare Geräusch eines Schlüssels höre, der sich im Schloss umdreht. Automatisch verschnellert sich mein Atem und ich versuche so flach wie möglich Luft zu holen. Oh mein Gott, er kommt. Mein Körper erzittert unter dem Echo dieser Erkenntnis und ich starre die Tür an, die sich in diesem Moment öffnet.

Alles in mir bleibt stehen. Ich kann nicht mehr klar denken. Nicht mehr atmen. Jetzt geht es vorbei. Er ist gekommen, um mich zu töten. Ich werde... Fassungslos starre ich die Gestalt an, die im Raum erschienen ist und ich muss mehrere Male blinzeln, bevor ich meinen Augen trauen kann. Wer ist das? Nein, was ist das? Mein Herz stolpert, als all die Eindrücke durcheinander wirbeln und Horrorgestalten vor meine Nase zaubern. Was zur Hölle?

Ich kann meinen Blick nicht von der Person lösen, die mit langsamen, selbstsicheren Schritten auf mich zukommt. Das hier kann nicht echt sein. Es ist unmöglich. Mein Gehirn muss mir einen Streich spielen.

»Hallo, Colton«

Die Stimme des Täters klingt verzerrt und alles was ich sehe ist ein riesengroßes Nichts. Da wo ein Gesicht sein sollte, befindet sich nur tiefe Schwärze und ich glaube schon, den Verstand verloren zu haben, als in meinem Gehirn endlich alles einrastet.

Plötzlich sehe ich wieder alles mit den Augen der Realität und vor mir steht kein schwarzes Phantom aus einem Film, sondern eine Person in Verkleidung. Das ist kein Dementor aus Harry Potter, das ist irgendein verdammter Feigling, der sich nicht einmal traut mir sein Gesicht zu zeigen!

Wut kocht in mir hoch und ich balle die Hände zu Fäusten, als ich mir vorstelle wie sich der Fremde an meiner Verwirrung und Verzweiflung aufgeilt. Unter der Maske versteckt sich wahrscheinlich ein sadistisches Grinsen. Am liebsten hätte ich ihm hier und jetzt eine reingehauen, doch ich zügele mich. Das heißt, ich muss mich gar nicht zügeln, denn mein Zorn ist nur ein kleiner Flächenbrand, der gegen eine meterdicke Eiswand ankämpft, die einzig und allein aus meiner Angst gezimmert wurde.

»Wer bist du?«

Meine Stimme klingt rau wie Schmirgelpapier und ich kralle meine Fingernägel in meine Handflächen, denn je länger ich zu dem großen Unbekannten hinaufstarre, desto panischer werde ich. Was passiert jetzt? Warum sieht er aus als hätte er sich als anonymer Dämonenfürst verkleidet? Bedeutet das etwa, dass er einer Sekte angehört, die mich in einem gruseligen Ritual opfern wollen? Verdammt, was soll ich nur denken?

»Niemand von Belang«

Ich sauge jede Einzelheit des Täters in mich auf, doch es gibt kaum etwas zu sehen. Er ist in einen riesigen, schwarzen Umhang gehüllt, der alle Details seiner Gestalt verschluckt. Ich kann nicht sagen, ob er sportlich, dürr oder breiter gebaut ist – Nein, nicht mal eine Frau kann ich unter diesen Klamotten ausschließen. Zudem ist da diese Maske, die sein gesamtes Gesicht bedeckt und mich ein wenig an eine Skimaske aus Horrorfilmen erinnert. Doch auch davon ist kaum etwas zu sehen, weil er sich die weite Kapuze des Umhangs tief in die Stirn gezogen hat.

Offenbar möchte er auf keinen Fall, dass ich ihn erkenne, ansonsten würde er sich nicht die Mühe machen, in Verkleidung aufzutreten und einen Stimmverzerrer zu benutzen. Doch warum? Möchte er sich die Offenbarung für später aufheben? Bin ich doch Part einer Erpressung und der Täter möchte mich vielleicht sogar laufen lassen? Verdammt, nicht mal ich bin so naiv das zu glauben. Da kommt mir selbst die Sektentheorie einleuchtender vor.

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