Kapitel 37

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Colton

»Das willst du doch nicht allen Ernstes trinken, oder?«

Wie vom Donner gerührt halte ich in meiner Bewegung inne, so dass die Bierflasche wenige Zentimeter vor meinen Lippen schwebt.

»Ich meine, die Flasche stand hier eine ganze Weile unbeaufsichtigt herum. Wer weiß, was in dieser Zeit alles hineingemischt wurde«

Ich drehe mich zu Selena um, noch während ich die Flasche sinken lasse. Ich bin heilfroh, dass sie extra ein Gespräch mit zwei Mädels unterbrochen hat, um mich vor diesem Unheil zu bewahren. Denn sie hat Recht. In meinem Bier könnten mittlerweile alle möglichen Drogen, Chemikalien oder Gifte herumschwimmen und diese Theorie ist noch nicht mal weit hergeholt. So etwas passiert in Clubs immer öfter und da ich vor kurzem beinahe von einer Vase erschlagen wurde, sollte ich extra vorsichtig sein.

Wie konnte ich nur so leichtsinnig sein?

Okay, streicht die Frage wieder. Ansonsten müssten wir meinen Scheißabend noch mal revidieren und ich möchte weder an meine Starraktion denken noch an die Tatsache, dass ich mal wieder dumm genug war, mich auf einen emotionalen Moment mit Sidon einzulassen. Die Enttäuschung kann sich also gerne wieder verziehen. Ich habe keinen Nerv dafür, dieses Gefühl mit allen Sinnen zu erfassen, nur weil mich Sidon im Regen hat stehen lassen. Würde ich endlich mal etwas aus meinen Fehlern lernen, wäre ich schon längst in der Lage die Vorteile einzuheimsen, ohne emotional von Kopf bis Fuß durchgeschüttelt zu werden.

Verdammt, ich brauche Alkohol.

»Mein Gott, du siehst echt miserabel aus«

Selena lehnt nun lässig neben mir an der Bar. Offenbar ist sie der Meinung, dass ich erst darüber aufgeklärt werden muss, dass ich aussehe wie die Mischung aus einem Miesepeter und einem getretenen Hundewelpen. Leider ist das nicht der Fall. Ich bin mir der Tatsache nur allzu bewusst.

»Danke, deine freundlichen Worte versüßen mir echt den Abend«

Ich werfe ihr ein sarkastisches Lächeln zu, während ich die nutzlose Bierflasche zurück auf den Tresen stelle.

»Sorry, Taktgefühl war noch nie meine Stärke. Aber weißt du was? Ich bin bereit es wieder gut zu machen. Ich weiß, ein angetrunkenes Bier ist vielleicht nicht wirklich der L.A-Rockstar-Lifestyle, den du gewöhnt bist, aber es ist noch zu einem Dreiviertel voll und du siehst aus als würdest du es dringender brauchen als ich«

Selena schiebt ihre Flasche zu mir herüber und ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. Es gibt doch noch so etwas wie Wunder in dieser beschissenen Realität.

»Danke, du bist in meiner Gunst gerade um zehn Prozent gestiegen«, erwidere ich, bevor ich einen tiefen Schluck aus der Flasche nehme, »Je nachdem würde ich mich sogar zu einer Gegenleistung überreden lassen. Ich könnte dir zum Beispiel J.P hier und da vom Hals halten, falls dein Geduldsfaden mal kurz vorm Reißen ist und ich so einen Mord verhindern kann«

»Nett, aber mit dem komme ich schon noch allein klar. Seine „Mach dich endlich locker und sei nicht immer so ernst"-Monologe gehen mir vielleicht auf den Geist. Und wenn er mich noch ein einziges Mal „Schneechen" nennt, fühle ich mich dazu gezwungen, ihm eine Rippe zu brechen. Doch ansonsten... lässt es sich aushalten«

Verwirrt ziehe ich meine Augenbrauen zusammen, denn heute sammeln sich die Leute, aus denen ich nicht schlau werde, wie Nachtfalter an einer leuchtenden Glühbirne. Kann sie ihn etwa doch ausstehen? Bisher wirkte es immer, als wäre J.Ps Anwesenheit für sie bestenfalls unwichtig und schlimmstenfalls ärgerlich.

»Na ja, ich suche dann mal den Barkeeper auf. So ein schlechtgelaunter Rockstar hat mir mithilfe einer Mitleidsattacke mein Getränk abgerungen«

Selena wirft mir einen letzten bezeichnenden Blick zu, bevor sie sich genauso schnell aus dem Staub macht wie Sidon. Verdammt, kann mein Verstand bitte für ein paar Sekunden aufhören an sie zu denken? Das nervt!

Songs, rockstars and the fucking pastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt