Sidon
Meine Lungen fühlen sich an als hätte jemand ein Band um sie gewickelt und zugezogen. Währenddessen dröhnt mir der Herzschlag in den Ohren und obwohl ich den Gedanken daran hasse, auf Hilfe angewiesen zu sein, muss ich zugeben, dass Colton der einzige Grund dafür ist, dass ich nicht erschöpft zu Boden gleite. Der Raum, den wir erst vor wenigen Sekunden betreten haben, kommt mir trotz der freundlichen Atmosphäre vor wie ein Horrorkabinett. Obwohl die Musiker sicherlich jeden Ton treffen und für alle anderen angenehme Unterhaltung bieten, klingen die einzelnen Instrumente für mich viel zu laut. Mal durchbricht das Cello den Lärmpegel der Menschenmenge, dann ist es wieder das Klavier.
Eigentlich dachte ich, dass ich noch massig Zeit haben werde bis sich meine beginnende Panikattacke derartig nach oben schraubt, doch jetzt bin ich nicht mehr sicher. Verzweifelt versuche ich das Lächeln aufrechtzuerhalten, das ich mir auf das Gesicht gepflastert habe, während ich meine Beine zu jedem einzelnen Schritt zwingen muss. Die restliche Energie geht dafür drauf, den vorbeikommenden Gästen möglichst freundlich mit dem Kopf zuzunicken.
»Du bist so verdammt stur, dass selbst der verbohrteste Ziegenbock neben dir wie eine Palme im Wind aussieht«, murrt Colton in diesem Moment in mein Ohr. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte ich ihm diesen Kommentar zweifach zurückgezahlt, aber in diesem Augenblick bekomme ich nur ein entnervtes Mmpff zustande. Ich kann sogar die Tatsache ausblenden, dass mittlerweile kein Blatt mehr zwischen uns passt, weil wir uns dicht aneinandergedrängt durch den Saal bewegen. Na ja, zumindest beinahe.
»Verdammt, Sidon« Coltons Zischen begleitet den Moment, indem sich gleichzeitig etwas in meinem Bauch und in meiner Brust zusammenzieht und ich mich leicht nach vorne krümme. Glücklicherweise hat C. unsere Ankunft genutzt, um direkt auf den Tisch mit den Erfrischungen zuzusteuern, so dass ich mich an der Holzplatte abstützen kann. Leider mache ich dabei wohl keinen besonders standfesten Eindruck und genau dieser Gedanke geht mir in dem Moment durch den Kopf, als ein leises Japsen aus meinem Mund dringt.
Nicht hier. Nicht hier. Nicht hier. Nicht hier, predige ich mir vor, während meine Finger sich ins Tischtuch krallen. Oh, verdammt. Ich hoffe, die Kameras nehmen mich aus einem Blickwinkel auf, der meinen inneren Kampf nicht allzu offensichtlich aufzeichnet. Ich will nicht, dass irgendjemand hiervon erfährt. Ich möchte einfach nur... Einfach nur raus hier.
»Schlag mich später bitte nicht dafür«, raunt Colton mir leise zu und plötzlich spüre ich seine Lippen, die sich an meinem Nacken entlangküssen und seine Hand, die langsame beruhigende Kreise über meinen Rücken zeichnet. Mein Herz setzt vor lauter Überraschung mehrere Sekunden aus und es ist ein Wunder, dass mich Coltons Überfall nicht entsetzt zusammenzucken lässt. Stattdessen halte ich einfach wie von selbst die Luft an und bleibe stocksteif stehen, während eine seltsame Mischung aus Adrenalin und Glücksgefühlen durch meinen Körper rauscht.
Atmen, Sidon. Atme, rufe ich mir selbst zu, während alles andere in den Hintergrund rückt. Auf einmal vergesse ich, dass wir in einem angsteinflößenden Raum voller Menschen stehen, die Musik meine Nervenenden reizt und mein Körper sich anfühlt als würde er in sich zusammensacken. Es gibt nur noch den Moment und das Gefühlschaos, das meine Sinne lang genug überschwemmt, um meine Panik zu dämpfen.
Nur ein einziger verwirrter Gedanke dringt zu mir durch: Was zum Teufel passiert hier?
»Keine Sorge, ich bringe dich hier weg, ohne dass jemand Verdacht schöpft. Vertrau mir einfach«, flüstert er mir ins Ohr und hinterlässt kurz darauf noch einen Kuss direkt auf der empfindlichen Haut hinter der Hörmuschel. Ein Prickeln durchfährt meinen Körper und ich weiß nicht mehr, wo oben und unten ist. Mein Gehirn fühlt sich an wie Matsch. Ich stecke mitten in einem Raum voller Menschen fest, vor denen ich flüchten möchte und die Panik in mir baut sich langsam aber sicher zu einem unbezwingbaren Monster auf. Ich weiß, dass meine Panikattacke bald den Höchststand erreicht und dann kann ich unmöglich hier sein.
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Songs, rockstars and the fucking past
Romance,,Wir waren ein Team. Verkorkst, zerbrochen und derartig scharfkantig, dass sich jeder andere an uns geschnitten hätte. Und dann hat er unsere Verbindung in einer Nacht den Höllenhunden zum Fraß vorgeworfen und mich weinend daneben liegen lassen." Z...