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»Du hast was?« Vincent saß mit Bina in einem kleinen italienischen Laden, als Dags Anruf ihn ereilte.

»Ich hab' scheiße gebaut. Den Führerschein bin ich los.« , jammerte sein Freund am anderen Ende.

»Ach. Du ... du machst den Idiotentest und gut is'.«

»Ich mach' doch kein'n Idiotentest. Seh' ich aus wie ein Idiot?«

»Na ja, du bist vor den Bullen geflüchtet und hast denen deine Bremslichter gezeigt, als du dich verstecken wolltest. Also ... sag' du es mir.«

»Hätten wir den Manipulator, dann ...«

»Nein, wir sind Men- ...« Er blickte Bina an. »Ehm ... wir sind Männer. Echte Männer zieh'n das durch.«

»Ja. Ich weiß. Also ... kannst du uns abholen?«

Vincent lugte erneut zu Bina. »Warte kurz.« Er hielt sein Handy zu und lächelte seine Freundin an.

»Was?« , fragte sie miesepetrig.

»Dag ... ehm ... Dag hatte Probleme mit den Bullen. Und ... nun ja ... sein Wagen wurde ... abgeschleppt und ...«

»Soll er sich 'n Taxi holen.«

»Bina, er ist mein bester Freund. Er würde für mich auch direkt alles stehen und liegen lassen.«

»Ach ja.« , gab sie geschauspielert glücklich von sich. »Ganz vergessen, für andere springt der liebe Vincent auf Anhieb.«

Jetzt fing das schon wieder an. »Ich bin doch hier. Was willst du?« Ungewollt wurde er ein wenig lauter.

»Schrei' mich nicht so an.« Sie stand auf. »Ich fahr' mit der Bahn zurück.«

»Nein.« Vincent winkte die Kellnerin herbei und drückte ihr ein paar Scheine entgegen. »Stimmt so.« Dann hechtete er seiner Freundin hinterher. »Was soll der Scheiß? Kannst du mir mal sagen, was dein Problem ist?«

»Mein Problem ist, das du an dein Scheiß Handy gegangen bist. Du wolltest dir Zeit nur für mich nehmen.«

»Meine Fresse. Du machst so sinnlos jetzt ein Drama, weißt du das eigentlich? Das sind nur Minuten. Wir holen die beiden ab und dann ...«

»Ja dann mach das.« Sie ging einfach weg.

»Ich versteh' dich kein bisschen. Du machst so, als würde ich Taxi für Fremde spielen.« , schimpfte er, als er ihr nach ein wenig Überlegung doch weiter nachrannte.

»Du verstehst es echt nicht, oder?« Sie stoppte und funkelte ihn böse an. »Ich bin dir nicht mehr wichtig.«

»Was redest du da? Natürlich bist du mir wichtig. Ich ... ich liebe dich.«

»Davon merke ich schon länger nichts mehr.«

»Dann tut es mir leid. Ich hab' nie gewollt, das du so denkst. Du bist mir wirklich wichtig.« Er nahm ihre Hand und streichelte sanft mit seinem Daumen hin und her. »Ich ... ich werd's ändern, okay?!«

»Versprochen?«

Er nickte. »Natürlich. Vielleicht ... vielleicht hab' ich es in letzter Zeit auch übertrieben ... mit der Musik, aber ... Bina ... die ist mir halt auch extrem wichtig.«

Ihre Mimik, die vorhin noch zu beruhigt umgeschwenkt hatte, verdunkelte sich abermals. »Siehst du ... und da wären wir schon wieder.«

»Was ist denn jetzt?« Irritiert runzelte er die Stirn.

»Du stellst mich auf dieselbe Stufe wie die Musik. Ach nee ... ich war wichtig. Die Musik extreeeeeem wichtig.«

»Oh ... mein ... Gott. Hörst du dir eigentlich selber zu?«

»Ach ... jetzt bin ich auch noch blöd, oder was?«

»Wann habe ich ...? Es tut mir leid, egal was. Okay? Zufrieden?«

Bina schnaufte auf. »Ich fahr' jetzt.«

»Nein. Wir wollten etwas zusammen machen.«

»Haben wir ja. Wir haben uns gestritten.«

Wiederholt entfernte sie sich von ihm und wie gehabt, lief Vincent hinterher. »Was soll ich tun? Was willst du?«

»Heute will ich gar nichts mehr.«

»Bina, lass uns in Ruhe über alles reden.«

»Es wurde alles gesagt. Kannst dich melden, wenn du dir darüber im Klaren bist, was du alles falsch machst.«

»Ich? Was ich alles ...? Denkst du nicht, dass du gerade nur überreagierst?«

»Überreagieren?« Ein weiteres Mal blieb sie stehen. Ihre Augen verengten sich. »Kann es eventuell auch sein, dass du zu viel Zeit in sinnlose Scheiße investierst, aus der eh nie etwas wird?«

Sprach sie nun von der Beziehung ... oder meinte sie damit die Musik? Vincent war sich momentan nicht sicher. »Wie bitte?«

»Du hast mich schon verstanden.« Abermals dackelte sie voran. »Wag' es dich, mir jetzt nochmal nachzurennen. Mach' deinen Scheiß. Und wenn du irgendwann wieder ein normaldenkender Mensch geworden bist, kannst du dich melden. Aber heute will ich nichts mehr von dir hören. Geschweige denn deine Visage sehen.«

Dieses Mal verharrte er an Ort und Stelle. Der Drang war da, ihr hinterherzulaufen ... aber für was?

Sie war auf hundertachtzig. Was er nicht mal verstehen konnte. Er hatte doch gar nichts Falsches gemacht.

Wenn sie wahrlich etwas störte, konnte man das auch ohne hitzige Kritik äußern. Aber das sie anscheinend wieder seine harte Arbeit, die er in die Musik steckte, so herabsetzte, empfand er in der Tat als demütigend.

Schließlich wusste sie doch, dass dies sein Traum war.

Bina hatte am Anfang ihrer Beziehung sogar noch geschwärmt, wenn er aus dem Nichts einen Text kreierte ... und jetzt (?) ... jetzt war es auf einmal schwachsinnig? Sinnlose Scheiße, die eh zu nichts führen würde?!

Augenblicklich war er für sie kein Poet mehr, sondern ein Idiot, der erfolglos seine Zeit verplemperte?!

Das tat weh. Sogar scheiße weh.

Sollte man nicht eigentlich seinen Partner unterstützen?

Man musste ja nicht alles verstehen, aber wenn man doch merkte, wie sehr einem eine Sache am Herzen lag, war schmälern schon eine Schandtat.

Geruhsam und über die soeben stattgefundene Situation nachdenkend, holte er sein Handy aus der Hosentasche hervor. Sein bester Freund war immer noch als bestehender Anrufer auf dem Display verzeichnet. »Ehm ... Dag? Bist du noch dran?«

»Ja. Ist ... alles okay?«

»Nein. Wo seid ihr genau? Ich mach' mich jetzt auf den Weg.«

»Quatsch. Es war ja nur 'ne Frage, und ...«

»Nein. Ist okay. Ich komme jetzt.«

Wir sind keine Band, wir wollen die Macht übernehmen    (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt