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Dag stand in einer dunklen Ecke. Vincent war nach Hause gegangen, statt sich mit dieser Astrid zu treffen.

Nach all den ... Vorfällen ... wollte er halt nur Ruhe.

Dag hingegen stand nun hier und sah Inès, die auf der Tischtennisplatte saß und auf ihn wartete.

Ihr langes Haar hatte sie mittlerweile zu einem Pixie-Haarschnitt geändert. Und auch wenn es eine große Veränderung war, fand er, dass es ihr richtig gut stand.

Sie war nervös. Das merkte er daran, da sie immer wieder ihre Sitzposition änderte. Das tat sie im Normalfall nicht.

Sein Herz pochte, wie auch schon bei ihren Anruf, schneller als sonst. Und sein Magen ... der rebellierte.

Das, was er immer für sie verspürte, war kein bisschen abgeklungen. Und dennoch war das hier ein anderes Gefühl, als bei Eva.

Er öffnete sein Portemonnaie und holte ein Bild von seiner Freundin hervor. Er mochte die Fotografie von ihr. Es war willkürlich entstanden ... auf irgendeiner Party. Sie saß auf einen Tisch mit einer Wodkaflasche in der Hand und lachte aus vollem Halse.

Dag lächelte und betrachtete es. Er liebte sie. Es war keine Frage, die er sich stellen musste. Ein Leben ohne Eva war nicht möglich.

Sein Blick fiel wieder zu Inès.

In seinem Kopf spielte er das Szenario durch. Er war sich immer noch nicht im Klaren darüber, weshalb seine Ex ein Treffen wollte, aber ihre Nervosität, ließ ihn vermuten, das sie ... möglicherweise doch mehr im Sinn hatte, als ein Hallo, wie geht's.

Gedanklich stellte er sich vor, wie er die Beziehung mit Eva beenden würde, wie er wieder mit Inès zusammenkäme ... und wie er sie wahrscheinlich doch wiederholt belügen und betrügen würde.

... nicht zu vergessen, dass er Eva nicht verlassen wollte.

Seine Ex und er hatten, durch all seine Fehler, die er begangen hatte, keine tolle Vergangenheit. Wäre es da überhaupt möglich, in eine glückliche Zukunft zu schauen?

Bei Eva hatte er sich nie etwas vorgestellt und dennoch ... waren sie glücklich. Planlos waren sie in eine Beziehung gerutscht und weitgekommen.

Wenn er all das, was er sich gerade erdichtet hatte, trotzdem realisieren würde, dann würde er im Nachhinein zwei Frauen das Herz brechen. Eva, weil er mit ihr Schluss gemacht hätte. Inès, da er höchstwahrscheinlich immer noch nicht der Prinz war, den sie erhoffte.

Aber auch seines wäre ... kaputt. Er liebte seine Freundin. Seine Beziehung. Sein jetziges Leben.

Dag rieb seine Stirn. Ihm war klar, was er machen musste ... und was er wollte. Das war ihm schon seit einigen Stunden, selbst auf Erde Nummer eins schlüssig gewesen.

Mit immer noch klopfendem Herzen holte er sein Handy raus und rief sie an.

»Ja?« , ging Inès fröhlich dran.

»Hey.« , sagte er und beobachtete sie.

»Bist du ... unterwegs?«

Er atmete tief ein. »Weißt du Inès, ich ... ich hab' nachgedacht. Ich ... ich ... fuck ...« Erneut sog er intensiv die Luft ein. Irgendwie hatte er es sich doch ... leichter vorgestellt. »... Ich habe eine Freundin und ... es wäre nicht gut, wenn ... wir uns treffen.«

»Du ... hast eine Freundin?« , gab sie fast flüsternd von sich. »E- ... Eva?«

»Ja. Ich ...«

»Nein. Ist schon okay.« Er hörte deutlich ihr schniefen und wie glockenhell sie plötzlich sprach, trotz das sie versuchte, es fröhlich rüberkommen zu lassen.

»Es tut mir leid. Alles. Ich war nie der, den du verdient hast. Ich wäre es gern gewesen, glaub' mir.«

»Nein. Ist schon okay.« , gab sie abermals in derselben Tonlage von sich.

Dag merkte richtig, wie weh es ihm tat. »Ich wünsche dir das Beste. Egal mit wem. Du verdienst nur das Beste, nachdem, was ich alles ... du ... du bist eine wunderschöne, kluge ...« Er wischte sich zwei Tränen weg, die unerwartet aus seinen Augen kullerte. »... du wirst immer wichtig für mich sein. Immer.« Ohne ein weiteres Wort zu sagen, legte er auf.

Sein Blick war weiterhin auf Inès gerichtet, die nun bitterlich weinte. Er hatte wahrlich alles richtig gedeutet. Dieses Treffen sollte mehr, als ein Hallo wie geht's sein.

Wie weh es ihm auch tat, sie so zu sehen, war er der Meinung, das Richtige getan zu haben. Das Richtige für Inès und das Richtige für seine Beziehung mit Eva.

Der Drang war da hinzugehen und seine Ex in den Arm zu nehmen. Doch selbstverständlich setzte er es nicht in die Tat um.

Er sah sie noch einmal an, drehte sich um und ging hinab zur Bahn.

Damit fuhr er auch geradewegs nach Hause.

Als er in seine Wohnung trat, sah seine Freundin ihn erschrocken an. »Was machst du denn schon hier?«

»Ich wollt' nach Hause. Zu dir.«

»Ach Mensch, ich hab' mich doch noch gar nicht fertiggemacht.« Sie deutete auf die roten Dessous, die weiterhin auf dem Bett lagen.

»Das ist nebensächlich.« , sagte er, ging auf sie zu und küsste sie intensiv.

»Was ist los?« , fragte sie ein wenig irritiert über sein Verhalten.

»Nichts.« Sanft streichelte er ihre Wange.

»Du bist ...«

»Lass uns morgen früh losfahren.«

»Was? Wohin?« Sie sah ihm nach, als er sich aus seiner Kleidung befreite und zeigte auf seinen Verband. »Was hast du gemacht?«

»Oh. Bin ... hängengeblieben. Nichts Schlimmes.« Er lächelte ihr zu und legte sich, mit seiner Boxershorts bekleidet, in sein Bett. »Komm her.« Dag hob den Arm an und ließ Eva sich an seinen Körper schmiegen.

»Also? Wohin?« , fragte sie erneut.

»Paris.« , antwortete er.

»Aber wir haben doch gesagt ...«

»Ja, aber das sind wir nicht. Wir planen nicht. Wir zwei ... machen einfach.« Er streichelte über ihren Arm. »Den roten Fummel kannst du einpacken, als ... kleines Präsent für unsere Nächte in Paris, aber jetzt ... jetzt will ich einfach nur deine Nähe und mit dir einschlafen.«

Sie sah hinauf und lächelte ihn an. »Ich liebe dich.«

»Ich dich auch. Ich will mir kein Leben ohne dich vorstellen.«

Eva schmiegte sich an seinen Körper. »Du bist das Beste, was mir passieren konnte.«

Das Beste ...

Er dachte an Inès und was er ihr gewünscht hatte.

Dag hatte einige Sätze auf der Zunge, aber nachdem was er seiner Ex gesagt hatte, bekam er hier bei seiner Freundin kein Weiteres heraus, stattdessen küsste er sie abermals. Eva kletterte direkt auf ihn drauf und kuschelte sich wieder an ihn.

Seine Finger glitten über ihren Rücken.

Er war in der Tat am richtigen Ort und wollte kein Leben ohne sie haben.

Wir sind keine Band, wir wollen die Macht übernehmen    (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt