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»... und dann wirst du ...« , begann Dag dem kleinen Jungen vor ihm eine Erklärung abzuliefern, als es an seiner Türe klopfte. »... warte.« Er ging hin und öffnete den Einlass.

»Bin ich zu spät?« , fragte Vincent und huschte hinein. Sein Blick haftete auf das Kind, das circa neun oder zehn war und auf Dags Stuhl hockte. »Ehm ... sag mir nicht, du hast ein Kind entführt.« , flüsterte er dem Lockenkopf zu.

»Was? Nein? Wofür hältst du mich?« Er setzte sich dem kleinen Jungen gegenüber.

Vincent betrachtete diesen, wie er breit grinsend dort saß. »Dag, woher hast du das Kind?«

»Das ist jetzt nicht relevant.« , meinte dieser, ehe er sich wieder dem Jungen zu widmete. »Also ... du gehst rein und machst so, als wärst du auch einer, der da ... angemeldet ist. Tanz ein bisschen und danach kommst du raus. Du freust dich mich zu sehen und ...« Er sah zu Vincent. »... hört es sich besser an, wenn er mich Onkel nennt?«

»Onkel?«

»Nee du hast Recht. Cousin wäre besser, oder?«

Vincent zog ein wenig cholerisch an Dag und führte ihn ins Badezimmer. »Was läuft falsch mit dir? Du kannst kein Kind entwenden und den als dein Cousin ausgeben.«

»Fahr' ma' runter Diggah. Ich hab den nirgends entwendet.«

»Ach? Ist der dir etwa zugelaufen?«

»Das ist Dux.«

»Dux? Dein Kater Dux?« Vincent sah wieder in den Raum, wo der Junge ihn wie gehabt breit angrinste. »Der Schmeggel?«

»Bevor du was sagst, du hast nur gesagt, ich darf ihn nicht in ein Mädchen morphen lassen.«

Vincent schloss die Augen und gab einen langanhaltenden hellen Hmm-Ton von sich, als er sich, wie so oft, die Schläfen massierte. »Du kannst den Schmeggel doch nicht als Mensch rumlaufen lassen.«

»Wieso nicht? Er hat sich total gefreut und meinte, er wollte von Anfang an einer werden.«

»Vielleicht genau deswegen. Hast du je gehört, dass auf Dauruta ein Schmeggel einer von uns geworden ist?«

»Er ist ja keiner von uns. Er ist ein Mensch.«

»Is' Jacke wie Hose. Das wird nicht gutgehen. Willst du ihn großziehen, oder was?«

»Beruhig' dich ma'.« Dag lachte ein wenig. »Er soll nur jetzt die Rolle spielen, danach wird er wieder Dux.«

»Nö.« , meinte der Junge plötzlich und unerwartete kopfschüttelnd, als er am Türrahmen stand. »Ich will ein richtiger Mensch bleiben.« Seine Aussprache war noch ein bisschen bröckelig. Wie jemand, der erst vor Kurzem die deutsche Redeweise lernte. Die Vokale verdunkelte er und das R kam leicht rollend über seine Lippen.

»Siehst du?« Vincent zeigte präsentierend auf ihn. »Da fängt es doch schon an.«

»Ich kann auch ein Bruder von euch werden.« , sprach er trotzig weiter.

»Er kann dich nicht großziehen. Du benötigst eine Mutter und ... es geht nicht.«

»Dann mache ich auch nichts.« Schmollend verschränkte er die Arme vor seinem Körper.

»Danke Vincent. Du machst mir meinen Plan kaputt.« Der nächste der herummaulte.

Beide gingen beleidigt in den Wohnbereich und setzten sich wieder auf ihre Plätze.

»Versteht ihr das denn nicht? Du kannst kein Mensch sein. Und erst Recht nicht für immer. Menschen ... sind anders. Du bist kein Haustier. Du ... du wirst somit eigenständig und wirst ... im Folgenden Teil der Gesellschaft.«

»Und warum darf ich das nicht auch sein?«

»Weil du ein Schmeggel bist.« , meckerte er ihn an.

»Brüll ihn doch nicht an.« , mischte Dag sich nun ein.

»Ja, alle gegen mich. Obwohl ich hier der einzig logisch Denkende bin. Das kann nicht gut gehen. Ich will hier ungern den Bösen raushängen lassen, aber wie stellt ihr euch das vor?« Vincent stampfte hin und her, während seines belehrenden Vortrages. »Wir suchen ihm ein zu Hause? Benutzen unnötig den letzten Manipulator, den wir haben ... und dann? Was dann?«

»Schau'n wir ma'.« , meinte sein Freund achselzuckend. »Wir hatten auch kein'n Plan.«

»Das ist doch etwas völlig anderes. Und wir haben einen Plan. Die Musik. Falls nämlich der Lord doch vorbeischaut, haben wir alles, was er wollte einzig und allein für uns.«

»Ich könnt euch helfen beim Musikmachen.« , meinte der namenlose Junge.

»Oh ja. Wir in den Charts mit einem Schmeggel. Am besten noch ein Feature?« , flötete Vincent voller Ironie. »Dag, das war die idiotischste Idee, die du bisher jemals hattest.«

»Ich will doch nur Inès wiederhaben.«

»Und du denkst, so bekommst du sie wieder?«

Er zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nich'. Sie ... sie würde sehen, wie verantwortungsvoll ich sein kann und ... ich will nicht, dass sie mich als Arschloch sieht.«

Vincent blickte ihn an. Wie niedergeschlagen er da hockte. Sein Blick fiel auf den Schmeggel. Er konnte es nicht zulassen, dass er ein Mensch blieb. Aber er konnte ihn wenigstens eine Zeitlang in dem Glauben lassen. Dag zuliebe.

»Okay. Lass ihn ein Mensch bleiben und deinen Plan da durchziehen.« , meinte er schließlich.

Der Schmeggel sprang sofort auf und umarmte Vincent. Der nutzte die Chance und sendete Dag per Gedankenübertragung, dass er so nicht bleiben könnte. Und das er nach seinem Versuch, bei Inès abermals zu landen, wieder ein Kater oder sonst ein Haustier werden müsste.

Der Lockenkopf nickte.

»Ich brauche auch einen Namen.« , meinte der Junge, nachdem er sich von Vincent löste.

»Bleib doch Dux.« , gab Dag von sich.

»Nein. Da war ich ein Tier. Jetzt bin ich mehr.« Der Junge sprang aufgedreht auf Dags Bett herum. »Ich will einen tollen Namen.«

»Ehm ... Dag Junior.«

»Nein.« Er lachte. »Kein Junior. Ich will ein ... ein Herrscher sein.«

»Hier ... Vlad, der Dritte.« , sprach Vincent und klatschte ihm Dags Geschichtsbuch hin, wo er wahllos gerade das Osmanische Reich aufgeblättert hatte.

»Vlad?!« , wiederholte der Junge und nickte nach einigen Sekunden. »Vlad, der Dritte.«

»Nein. Nix da, der Dritte. Nur Vlad.«

»Mir gefällt Vlad.« Dag trat näher und strich über sein kurzes bräunliches Haar. »Klein Vladi.«

Vincent lächelte unecht und nickte. »Klein Klau-di hätte vielleicht auch gepasst.« , sprach er und nahm den Neu-Mensch sein Handy weg, das er ihm, ohne das er es mitbekommen hatte, aus der Hosentasche stibitzt hatte.

Wir sind keine Band, wir wollen die Macht übernehmen    (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt