Chapter 23

750 16 0
                                    

Raphael

Heute war Sonntag. Mein letzter Tag, bevor morgen wieder mein Alltag in der Arbeit losging.

Ich saß auf meiner Couch und zappte durch die Kanäle. Irgendwie schien mich heute nichts zu interessieren.

Genervt drückte ich den roten Knopf und der große Bildschirm an der Wand wurde schwarz.

Die Uhr auf meinem Handy verriet mir, dass es 13:30 Uhr war.

Ich legte mich auf meine Couch, schloss meine Augen und ließ meinen Gedanken freien Lauf. Das Erste, was mir einfiel, waren lange blonde Haare.

Ana...

Ich öffnete meine Augen wieder.

Ana...

Verdammt!

Seit Freitag schlich sie sich immer wieder in meinen Kopf. Die Tage davor auch schon, doch Freitag hatte einiges geändert.

Vor Freitag dachte ich oft an unsere Begegnung auf Jasmin's Geburtstagsfeier. Ich dachte an ihr heißes Outfit und was sie mit mir und meinen Körper machte.

Doch am Freitag habe ich Ana von einer ganz anderen Seite kennengelernt. Von ihrer eigenen, ganz persönlichen Seite.

Ich war froh, Ana eine gewisse Zeit für mich alleine zu haben. Ohne die anderen. Mit ihr fiel mir das Reden leichter.

Sie hat mir einen großen Teil ihrer Vergangenheit anvertraut.

Sie erzählte mir von diesem Kai, als wäre es nicht ihre Geschichte, sondern die einer anderen Person. Sie wirkte sachlich, überhaupt nicht von dem Ganzen berührt.

Hätte ich vorher nicht das Thema mit dem anderen Typ angesprochen, wie hieß er noch schnell? Beziehungsweise hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich gesagt, dass sie blufft.

Schon in der Arbeit würden sie ihre Kollegen als taff und selbstsicher bezeichnen. Da war kein Platz für Schwäche. Sie war Pitbull.

Doch am Freitag habe ich für eine kurze Zeit eine andere Seite von ihr gesehen. Damals konnte ich es noch nicht richtig deuten, weil sie ihre Emotionen verstecken wollte, doch jetzt wusste ich es besser.

Schmerz.

Sie war verletzt. Sie musste diese Worte nicht aussprechen, dass ich verstand, dass sie in ihrer Vergangenheit verletzt wurde. Sie musste einiges durchmachen und ist im Endeffekt trotzdem auf die Schnauze gefallen.

Ich wollte sie nicht bemitleiden. Ich glaube das war das letzte, was sie wollte. Mit kurzem Nicken und schwachen Handbewegungen ließ ich sie wissen, dass ich da war. Bei ihr. Sie sollte wissen, dass ich ihr zuhörte.

Sie war eine starke Frau. Das weiß ich und das wusste ich schon, als ich sie zum ersten Mal gesehen habe.

...

Ich war gerade auf dem Weg in die Stadt.

Sonntags war in den Fußgängerzonen nie viel los, weswegen ich mir die Füße vertreten wollte.

Ich kam an einigen Geschäften und Boutiquen vorbei, die heute aber alle geschlossen hatten.

Am Ende der Fußgängerzone bestellte ich mir bei meinem Kumpel Enzo den besten Espresso der Stadt. Enzo und ich kannten uns schon etliche Jahre. Er betrieb eine Kaffeehaus-Kette im 1. Bezirk Wiens. Wenn ich Zeit finde, versuche ich ihm einen kleinen Besuch abzustatten.

Den Espresso nahm ich in einem Becher To-Go mit, weil ich keinen Bock hatte alleine zwischen all den Menschen zu sein. Dann doch lieber zuhause vor dem Fernseher.

Ich verließ mit meinem Becher das Kaffeehaus und machte mich auf den Weg nach Hause.

Bis auf ein paar spielende Kinder war sonst fast niemand unterwegs. So liebte ich Wien.

Als ich um die Ecke bog, die aus der Fußgängerzone rausführte, stachen mir plötzlich strahlend blonde Haare ins Auge.

Die Frau trug Sportbegleitung und stand vor einem großen Gebäude mit ihrem Handy in der Hand.

Ana...

Ich merkte, wie mein Herz schneller zu schlagen begann. Muss wohl der Espresso sein.

Ich ging auf sie zu und fixierte sie mit meinen Augen, aus Angst, sie könnte plötzlich verschwinden, wenn ich sie aus den Augen lasse.

Je näher ich kam, desto besser konnte ich sie erkennen. Sie trug einen hellblauen engen Sport-BH, der ebenfalls einen Teil ihres Bauchs verdeckte. Ihre Hose war kurz und schwarz. Besonders gut gefiel mir ihr Hintern, der in dieser Hose extrem mies aussah.

Ich war nur noch einen Schritt von ihr entfernt.

„Ana." sprach ich sie an, mit meinem Kaffeebecher in der Hand.

Sie war anscheinend total auf ihr Handy fokussiert, dass sie mich weder kommen sah noch hörte.

Mit einem kurzen Aufschrei ließ sie ihr Handy ungewollt zu Boden fallen. In der Bewegung holte sie ihren Arm aus und traf dabei aus Versehen meinen Kaffeebecher, der geräuschlos zu Boden fiel. Nun ein großer Kaffeefleck auf dem Boden.

Erschrocken sie sah mich an. Als sie mich erkannte rief sie laut meinen Namen und griff sich dabei mit ihrer flachen Hand auf ihren Brustkorb, um sich wieder zu beruhigen.

„Oh Mann, hast du mich erschreckt." fügte sie noch hinzu und atmete tief ein und aus.

Ich hob meine beiden Arme ein wenig hoch „Ich habe nichts gemacht." sagte ich nun und konnte mir ein Lachen nicht verkneifen, als ich ihr benommenes Gesicht sah. Sie hat sich echt erschrocken.

„Raphael, dein Kaffee." stieß sie hervor, als sie den Becher und den ausgeronnenen Kaffee daneben liegen sah.

Mein verdammtes HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt