Chapter 50

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Raphael

Es war Samstagabend und ich saß gerade mit Matt, Ben und ein paar anderen Kollegen in einer Bar.

Seit ich meine Wochenenden meistens mit Ana verbrachte, hatten wir schon länger keinen Männerabend mehr. Davor haben wir das öfters gemacht. Wir haben getrunken und Frauen aufgerissen.

Doch das interessierte mich momentan nicht.

Wir saßen bereits an unserer dritten Runde, als Ben mit einer Runde Schnaps an den Tisch kam.

Das wird eine wilde Nacht.

„Jungs, das haben wir schon lange nicht mehr gemacht." rief Matt in die Menge, als er sein Schnapsglas auf einmal leerte.

Ich lachte. Mittlerweile war ich auch schon gut drauf.

Wir redeten nicht besonders viel, sondern scherzten herum und lachten über alles und jeden. Es tat gut wieder mal unter uns zu sein und die Sau rauslassen zu können.

Nach einiger Zeit und nach einigen Runden zog Ben seine Zigaretten aus seiner Hosentasche, die er nur dabei hatte, wenn er weg war. Er war kein richtiger Raucher, sondern nur an Abenden wie diesen, an denen gefeiert und viel Alkohol getrunken wurde.

Gleich wie ich.

Denn nun saßen wir beide in unseren Stühlen und zündeten uns unsere Zigaretten an. Ich inhalierte den Rauch in meine Lungen, und blies ihn anschließend voller Genuss wieder aus. Wie Weißbrot - ein guter Ausgleich.

Ich war gerade an meinem Handy, denn Ana schrieb mir in einer kurzen Nachricht, dass sie heute Abend mit ihren Eltern gegrillt hatte. Morgen Mittag ging es für sie wieder zurück nach Wien.

Ich war gerade dabei einen richtigen Satz zu formulieren, um ihr zu erzählen, was wir heute machen, doch unter dem Alkoholeinfluss war das gar nicht so einfach.

Ich tippte langsam Wort für Wort meine Antwort ins Handy, als unsere Kellnerin an unserem Tisch stand.

„Kann ich euch noch was bringen?" fragt sie und legte dabei ihre Hand auf meine Schulter.

Ich drehte mich um, um zu sehen wer mich hier anfasste. Die Kellnerin war Tina. Sie arbeitete schon jahrelang hier und verbrachte auch schon einige Nächte mit mir in meiner Wohnung.

Sie war ein nettes Mädchen, sah gut aus und war leichte Beute.

Doch als ich sie hinter mir stehen sah, mit einem Blick in den Augen, der mich am liebsten ausziehen würde, wollte ich einfach nur, dass sie mich in Ruhe lässt.

„Nein, danke." antwortete ich ihr, drehte mich um und fokussierte mich wieder auf mein Handy.

„Bist du sicher?" hakte sie nach und zwickte mich leicht an meinem Ohr, um meine Aufmerksamkeit zu bekommen.

Sie begann mich zu nerven.

Ich hatte keinen Bock auf sie.

„Ja." gab ich knapp zurück und lehnte mich in meinen Stuhl vor, sodass ihre Hand automatisch von meiner Schulter fiel.

Als sie von mir nicht das bekam, was sie wollte, schnappte sie sich die leeren Gläser an unserem Tisch und ging.

„Alter, du hast gerade Titten-Tina abserviert." sagte Ben fassungslos und sah ihr nach, als sie sich über einen der anderen Tische beugte, um die Gläser einzusammeln.

Sie trug einen kurzen Rock, also hatte man in dieser Pose einen guten Blick auf ihre langen nackten Beine.

„Du kannst sie haben." meinte ich zu ihm so nebenbei, als ich gerade meine Nachricht an Ana fertigschrieb und mein Handy wieder in meine Hosentasche steckte.

„Raf, bist du okay? Seit wann lässt du eine Frau wie Tina stehen?" fragte mich nun Matt und beäugte mich misstrauisch.

„Ich hab' einfach keinen Bock auf sie." antwortete ich ihnen ehrlich. Ich hatte nur Bock auf Ana.

Ben griff sich an seinen Kopf, als ob er meine Einstellung überhaupt nicht verstehen könnte.

Wenn ich mir Tina in meinem Bett in meiner Wohnung vorstellte, passte das überhaupt nicht. Früher vielleicht mal, aber jetzt nicht mehr.

Plötzlich veränderte sich Matt's Gesichtsausdruck. Er wirkte nicht mehr so verwirrt, sondern als wäre ihm ein Licht aufgegangen.

Er grinste mich an.

„Unser Junge hier hat ein Mädchen." sprach Matt laut und legte mir brüderlich seinen Arm um meine Schulter.

Auch für Ben schien das alles Sinn zu machen, denn nun sah er mich neugierig an, seine Stirn nicht mehr runzelnd.

„Raf, du Hund. Erzähl. Wer ist sie?" drängte mich Ben und stieß seine Faust an meinen Oberarm. Er feiert's anscheinend.

Wegen des Alkohols musste ich leicht grinsen, senkte dann aber meinen Blick an den Boden und schüttelte den Kopf. Ein Zeichen dafür, dass ich nicht reden werde.

Matt sprach neugierig weiter. „Komm Raf, sei nicht so. Jasmin hat mir schon erzählt, dass..."

Das ließ mich aufhorchen.

Jasmin?

„Du hast mit Jasmin gesprochen?" unterbrach ich ihn und sah ihn an.

Plötzlich wurde er etwas weiß. Als wäre er auf einmal nüchtern, schüttelte er seinen Kopf.

„Ähm nein, das habt ihr falsch verstanden." gab er von sich und wechselte seinen Blick zwischen Ben und mir hin und her. Er wirkte nervös.

„Matt, du hast gerade gesagt, dass dir Jasmin irgendetwas erzählt hat." ließ Ben seine Ausrede auffliegen.

Ich richtete mich in meinem Stuhl auf und blickte ihn an, interessiert was er zu sagen hatte.

Matt's Blick lag auf mir, als hätte er Angst weiterzusprechen.

„Trefft ihr euch etwa?" hakte ich nach. Das schien mir die einzige logische Erklärung zu sein.

Matt kratzte sich am Hintergrund, sein Blick nervös.

Ben bemerkte sein Verhalten ebenfalls und lachte nun laut auf.

„Mann, das kann jetzt was werden." sprach er, als seine Augen zwischen Matt und mir hin und her huschten. Er erwartete, dass mir das nicht passen würde.

„Matt?" sprach ich ihn erneut an, als er meinen Blick und meiner Frage auswich.

„Ja gut, Jasmin und ich treffen uns gelegentlich." sprach er plötzlich und richtete seinen Blick auf mich, abwartend was ich dazu sagen will.

Ich schaute ihn eine kurze Zeit an, um zu sehen, ob er es ernst meinte. Doch alles an seinem Verhalten und seinem Ausdruck bestätigte, dass er nicht scherzte.

Krass, damit hätte ich nicht gerechnet.

Matt und Jasmin?

Ein guter Freund von mir und meine Schwester?

Als ich nichts darauf sagte, sprach Matt weiter. "Noch nicht lange, erst ein paar Wochen. Also alles locker." versuchte er sich die Sache gut zu reden, als ob er sich nicht vor ein paar Sekunden noch fast in die Hose geschissen hätte.

Es ist nicht so, dass ich ein Problem damit hätte, dass sich Jasmin und Matt treffen. Sie ist alt genug, um zu wissen, was sie tut. Und wenn sie Matt will, dann soll sie's machen.

Aber eigenartig finde ich es schon, da kann ich nicht lügen. Aber wer wäre ich, wenn ich meiner Schwester ihr Glück auf Liebe verweigere?

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als mir Matt auf meine Schulter klopfte.

„Hey Mann, aber alles gut zwischen uns, oder?" wollte er sich vergewissern, als er mich abwartend ansah und sich wieder in seinen Stuhl zurücklehnte.

Ich muss mich wohl oder übel an den Gedanken gewöhnen, dass Matt Jasmin nun näher stehen würde als ich. Es war zwar noch ein komisches Gefühl meine kleine Schwester an einen meiner besten Freunde ‚freizugeben', doch ich will, dass sie glücklich ist.

„Jaja, alles gut." Ich war noch in Gedanken. Ich bemerkte, dass Matt seinen Blick unauffällig  Ben zuwarf, als ob er von ihm wissen wollte, ob auch wirklich alles okay wäre. Ben zuckte nur mit seinen Schultern und sah in die andere Richtung.

Als jemand sein Glas lautstark auf den Tisch abstellte, wurde ich plötzlich wieder in die Realität zurückgeholt. Ich blickte Matt an.

„Macht euer Ding. Aber verarsch sie nicht." sagte ich ihm drohend und nahm meinen letzten Schluck Bier.


Mein verdammtes HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt