• Kapitel 30 •

36 5 2
                                        

Kapitel 30:
der Auslöser
_____________________________

Keine halbe Stunde später waren wir auch schon auf dem Weg. Allerdings kamen wir nur recht langsam voran, was wir niemand anderen als Tracy zu verdanken hatten. Sie blieb aller zwei Minuten begeistert an einer neuen Blume stehen, und machte dabei große Augen. „Das ist so krass.." murmelte sie vor sich hin. Grinsend verschränkte ich die Arme vor der Brust, und beobachtete sie.

„Du warst genauso begeistert als du das erste mal im Feenreich gewesen bist.." sagte Corey, der lässig neben mir stand. Ich nickte. „Ich weiß.."

„Omg, hier gibt es sogar Erdbeeren!" rief Tracy plötzlich freudig. „Bloß nicht essen!" schoss ich hastig zurück, und stürmte zu ihr rüber. Perplex lies sie die Erdbeere die sich bereits in ihrer Hand befand, wieder fallen. „Wieso?" hakte sie überrascht nach. Doch anstatt dass ich ihr eine Antwort gab, packte ich sie am Arm, und zog sie weiter voran.

„Das könnte übel ausgehen, glaub mir. Und jetzt komm schon, ich möchte heute noch ankommen.." murmelte ich. Sie gab ein widerwilliges seufzen von sich. „Ja ja.." erwiderte sie.

Ich trat wieder neben Corey, der bereits los gelaufen war, als Tracy plötzlich erneut inne hielt. „Omg, schau mal, da, eine- „Nope" fuhr ich hastig dazwischen, und zog sie erneut voran. „Vergiss es" seufzte ich, während ich Coreys amüsiert grinsenden Blick auf mir spürte. „Na, genießt du die Show?" murmelte ich. Er schmunzelte. „Klar, ist ziemlich unterhaltsam" erwiderte er.

Ich öffnete gerade den Mund, um etwas zu erwidern, als Tracy erneut ausrastete. „Omg da ist das Portal!" rief sie voller Energie, und stürmte schnell darauf zu. Seufzend folgte ich ihr. „Lass es uns einfach schnell hinter uns bringen.." flüsterte ich Corey zu.

•••

Eine gute Minute später standen wir im Menschenreich. Zum Glück hatte Corey recht gehabt, und Tracy hatte mit uns beiden gemeinsam durch das Portal treten können.

„Och man.. Hier ist wieder alles so langweilig.." beschwerte sie sich lautstark. Ich seufzte. „Jep. Jetzt heißt es suchen.. Wir müssen die Stelle wieder finden, an der ich das letzte mal verschwunden bin." Corey nickte und strich sich seine braunen Haare aus der Stirn. „Das war aufjedenfall weiter im Wald drinnen.." Ich nickte, und wir liefen los.

„Was hast du eigentlich alles so für Kräfte?" wand sich Tracy neugierig an Corey. „Ne Menge" erwiderte er grinsend. Sie rollte mit den Augen. „Mir ist schon klar, dass du was auf dem Kasten hast. Ich will wissen, was genau.." „Ich habe Feuer und Erdkräfte.." schoss Corey drauf los. „Was, du kannst sogar zwei Elemente bändigen?!" schoss es perplex aus ihr. Er nickte. „Reyna hat nur Wasserkräfte.. Als sie sich eines Tages mit unserer Mom gestritten hat, hat sie unser Haus geflutet.." plapperte sie drauf los. „Ach, hat sie das?" hakte Corey nach und sah mich grinsend an. Tracy nickte schnell.

„Jep, und es hat unheimlich nach Abfluss und Scheiße im Haus gestunken, das war echt ekelhaft.. Diesen Geruch werde ich nie wieder in meinem Leben vergessen.." murmelte Tracy, woraufhin Corey laut los lachte. Schon bald waren die beiden in eine innige Konversation über all meine magischen unkontrollierten Missgeschicke vertieft.

Ich lauschte ihnen und versank dabei immer mehr in meinen Gedanken. Umso weiter wir gingen, umso kälter wurde es, und ich schob meine Hände in meine warmen Jackentaschen. Doch als meine Finger dort das glatte Papier streiften, welches Corey mir vor ein paar Stunden in die Hand gedrückt hatte, hielt ich kurz inne. Kurzerhand fasste ich einen Entschluss, und zog es hervor.

Ich war zu neugierig, um länger zu warten.
Ich musste wissen, was in diesem Brief stand.

Also faltete ich ihn auseinander, und las ihn.

Hey Reyna,
Ich weiß, meine Worte interessieren dich einen Scheiß. Ich weiß, dass ich es mit uns beiden völlig verkackt habe. Es tut mir leid. Es tut mir so unendlich leid.. Ich war das absolut größte Arschloch auf diesem Planeten.

Überrascht blieb ich stehen, und überflog Lukes Handschrift weiter.

Du wirst mir vermutlich nicht vergeben. Das ist okay, denn ich habe das wahrscheinlich nicht verdient. Ich verstehe dich.

Als ich diesen Satz las, flammten mehrere Gefühle gleichzeitig in mir auf. Er wollte mich verstehen? Ich fühlte mich verarscht. Und ich war wütend. Hätte ich ihm im Wald nicht den Arsch vor den Schnappern gerettet, hätte er vermutlich nie wieder einen Gedanken an mich verschwendet. Ich atmete tief durch, und las schließlich weiter. Corey und Tracy waren bereits ein gutes Stück vor mir, und noch immer so sehr in ihre Konversation vertieft, dass sie mein Fehlen noch nicht bemerkt hatten.

Wäre ich du, könnte ich mir auch nicht vergeben. Aber ich vermisse dich Reyna. Sehr sogar. Seit du weg bist, fühlt sich mein Leben so leer an. Ich weiß dass ich der Grund dafür bin, dass du nicht mehr da bist.. und ich hasse mich jeden Tag dafür. Ich habe tief in mir die Hoffnung, dass du eines Tages wieder zurück kommst. Zurück zu uns. Zu deinen Freunden. Zurück zu mir..

Melde dich bei mir.
In liebe, Luke

Wütend stopfte ich den Brief zurück in meine Jackentasche. Hätte ich ihn bloß nicht gelesen..

War das echt sein Ernst? Dachte er wirklich, ich könnte jemals wieder an den Ort zurückkehren, an dem ich verraten, betrogen und belogen wurde?

Hass stieg in mir auf, und ich setzte mich rasend wieder in Bewegung, um zu Corey und Tracy aufzuschließen. Doch weit kam ich nicht.

Von einem Moment zum nächsten spürte ich plötzlich wieder die unsichtbare Wand vor mir, die mich in Sekundenschnelle in sich aufsog. Ehe ich einen mucks von mir geben, oder mich versehen konnte, wurde alles um mich herum schwarz.

Und in der nächsten Sekunde war ich von meterhohen Schnee und eisiger Kälte umgeben.

Ich blinzelte mehrfach, und sah mich um.
Ich war wieder im Niemandsreich gelandet.

Und ich war nicht allein, wie ich feststellte. Vor mir stand eine Frau. Eine Frau, deren Anblick mich völlig sprachlos machte. Hellbraune, mandelförmige Augen starrten mir genauso perplex, wie ich es war, entgegen. Ihre Haut war rein und so verdammt blass. Aus ihren vollen Lippen stieg weißer Rauch hervor, der von der eisigen Kälte verursacht wurde, und in ihren langen, hellroten Haaren sammelten sich weiße Schneeflocken, die in aller Seelenruhe vom Himmel fielen, und sich bis sie schließlich schmolzen, in ihren Haaren verfingen.

Als ich in ihr Gesicht blickte, fühlte es sich an, als würde die Zeit stehen bleiben. Dieser Moment.. er fühlte sich so an, als würde er ewig andauern. Ich war so perplex, dass ich keinen Ton hervor bekam. Egal wie sehr ich es auch wollte, meine Lippen wollten sich einfach nicht öffnen. Mein Atem setzte einen Moment aus, und mein Herz begann wild zu rasen. Mein Körper gehorchte mir nicht mehr.

Ich nahm nicht mal mehr die Kälte um mich herum wahr. Ich blendete alles aus. Ich sah nur noch sie.. Ich sah nur noch die kleine Stupsnase in ihrem Gesicht, die mir nur allzu vertraut war, und den intensiven Rotton ihrer Haare, der meinem absolut gleichte. Plötzlich öffnete sie ihren Mund, doch es kam kein Ton daraus. Doch dafür kam aus meinem einer.. oder besser gesagt, ein Wort.

„Mom..?" stammelte ich leise hervor.

stars in the sky | rise Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt