• Kapitel 5 •

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Kapitel 5:
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Für den Bruchteil einer Sekunde, herrschte absolute Stille. Es war nicht ein Mucks zu hören.

Und dann - einen kurzen Augenblick später, ertönte ein dumpfer Aufprall, und ein darauffolgender, heller, lauter Schrei. Ich traute mich nicht, mich zu bewegen. Jede Faser meines Körper schien eingefroren zu sein. Meine aufgerissenen Augen waren auf den toten Körper der jungen Frau gerichtet, die nun eine Kugel in der Stirn hatte.

Genau in der Mitte.
Der Polizist hatte gute Arbeit geleistet.

Mir wurde übel von dem bitteren Anblick.
Dunkelrotes Blut lief ihr aus der Wunde, und ihre hellen Augen waren vor Angst weit aufgerissen.

Die andere Frau weinte fürchterlich, doch sie hatte keine Zeit, sich von ihrer toten Freundin zu verabschieden. Sie musste schnell verschwinden, sonst war sie die nächste, die eine Kugel im Kopf hatte. Ihre schmerzerfüllten Schreie, als sie ein letztes Mal zu ihrer Freundin blickte, gingen mir durch Mark und Knochen.

Dann begann die Verfolgungsjagd erneut.

Ich schluckte schwer, und schaffte es endlich, mich aus meiner Starre zu lösen.

Ich musste ihr irgendwie helfen.
Sonst würde sie sterben..

Das konnte ich nicht zulassen.

Ich setzte mich ebenfalls in Bewegung, und rannte der Frau hinterher. Dafür nutzte ich eine etwas abgeschiedene Seitenstraße, von der aus ich sie abfangen konnte, wenn ich nur schnell genug war.

Ohne mich auch nur einmal nach hinten zu drehen, setzte ich einen Fuß vor den anderen. Mein Atem
ging schnell, und mein Herz raste. Ich musste mich beeilen. Der Wind blies mir meine hellroten Haarsträhnen aus dem Gesicht, während ich zur Seite blickte, um sicher zu stellen, dass ich ihr nach wie vor auf den Fersen war.

Ich hatte sie gleich erreicht..

Schnell bog ich in eine Gasse ab, und steigerte mein Tempo. Nun war ich vor ihr.. Keuchend lehnte ich mich hinter eine Hauswand, und sah mich um. Sie kam mir immer näher. Ich atmete tief durch, und streckte schnell meinen Arm nach ihr aus.

Ich hatte nur einen Versuch..

Als ich den Stoff ihrer schwarzen Jacke zu greifen bekam, zog ich sie heftig zu mir, und legte ihr im nächsten Moment meine Hand auf den Mund, damit sie nicht laut aufschreien konnte.

„Psst.. ich will dir helfen." raunte ich ihr leise ins Ohr, während ich ihren Arm fest umklammerte.
Sie riss vor Angst ihre braunen Augen weit auf, und starrte mich eindringlich an. „Keine Sorge. Ich bin von der guten Sorte.." versicherte ich ihr, und nahm langsam meine Hand wieder von ihrem Mund. Ihr Gesicht war nass von all den Tränen, die sie geweint hatte, und ihr Atem ging schnell.

Als ich sie so vor mir sah, stellte ich fest, dass ich recht hatte. Sie war tatsächlich ziemlich jung.
Asch-braunes, gewelltes Haar reichte ihr bis zur Brust, und auf ihrer blassen Haut lächelten mir vereinzelte Sommersprossen entgegen.

Die Stimmen der Polizisten kamen immer näher, und nun bekam auch ich Panik.

„Wir müssen schnell von hier verschwinden." entgegnete ich ihr, als sie nach wie vor schwieg.
Sie nickte eifrig, und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. „Okay.. da lang." flüsterte ich, und zog sie an ihrem Arm hinter mir her. Sie folgte mir ohne sich zu wehren, und ich war froh darüber, dass sie sich helfen lies.

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